Die Jugendstilfassaden – wie hier in der Karlstraße – prägen das Bild der Donau­eschinger Innenstadt. Foto: Maier Foto: Schwarzwälder-Bote

100 Jahre ist es her, seit mit dem Bau des Rathauses für Donaueschingen eine neue Zeitrechnung begann

Von Alexandra Alt Donaueschingen. In einer Kutsche fahren Fürst Max-Egon und Kaiser Wilhelm II durch die Geröllwüste, die einst Donaueschingen gewesen war. Da beschließt der deutsche Kaiser ein 1,14 Millionen Mark schweres Hilfspaket zu schnüren...

"Mein Donaueschingen gibt es nicht mehr", schreibt der Fürst am 5. August 1908 in einem Hilfegesuch an seinen Kaiser. Am selben Tag hat eine Feuersbrunst die halbe Stadt in Schutt und Asche gelegt. Rückblickend ein schwarzer Tag – und ein Neuanfang zugleich. Denn heute, 100 Jahre nachdem das blaue Rathaus als eines der letzen markanten Gebäude wieder aufgebaut wurde, ist Donaueschingen für seine prunkvolle Jugendstil-Architektur weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt.

Ein Karlsruher war es, der mit dem Entwurf des Rathauses in der Karlstraße einen prunkvollen Schlusspunkt setzte. Professor Eugen Beck hatte den Architektenwettbewerb gewonnen, war sogar mit einem Preis ausgezeichnet worden. Am 19. Mai 1910 legten die Donaueschinger und das Fürstenhaus den Grundstein, eineinhalb Jahre später war der Bau fertig. Am 4. Dezember wurde das neue Rathaus eingeweiht und alles was Rang und Namen hatte, war dabei – auch der damalige Landesherr Großherzog Friedrich II von Baden.

Eine Touristenfamilie die am Rathaus vorbeiging, fragte einmal, ob es sich bei dem Bau um ein weiteres kleineres Schloss handle. Möglich wäre es: der repräsentative Balkon, der opulente Treppenaufgang – und doch, das Rathaus ist schlichter als der Rest der Donaueschinger Jugendstilfamilie. Vor allem, wenn man sich zum Vergleich das Haus des am Bau beteiligten Bauunternehmers Anton Mall (1910) mit seinen Bögen, Schnörkeln und Ornamenten anschaut.

Mit dem Bau des Rathauses war der innerstädtische Aufbau und damit auch die Innenstadt als Jugendstil-Ensemble vollendet. Der heute durch Bauvorschriften geschützte Innenstadtbereich zieht sich vom Rathausplatz sternförmig in die Karl- und Zeppelinstraße sowie in die Käfer-, Mühlen-, Villinger- und Lehenstraße hinein. Auch die Moltkestraße mit ihren verschiedenen Jugendstil-Varianten gehört dazu – auch wenn manche Gebäude bereits vor dem großen Brand entstanden sind.

Für die Besitzer der villenartigen Häuser und Häuserzeilen ergibt sich daraus natürlich eine gewisse Verantwortung. Richtlinien des Denkmalschutzes müssen eingehalten werden. Ob Biberschwanzziegel oder Sprossenfenster, Fledermausgaube oder Erker – damit das innerstädtische Ensemble so erhalten bleiben kann wie es ist, haben Stadt und Gemeinderat zuletzt 2005 eine Gestaltungssatzung erlassen, die dafür sorgen soll, dass "die kulturell bedeutsame Gesamtheit der prägenden Merkmale des Innenstadtbereichs gesichert wird".

Dass mit ihrem kulturellen Erbe einmal so pfleglich umgegangen wird, daran haben Fürst und Kaiser bei ihrer Kutschfahrt durch das zerstörte Donaueschingen wohl nicht gedacht – freuen würde es die beiden mit Sicherheit.