Was akribisches Arbeiten bei der Produktion ihrer Zeitschrift "Modellbahn Schweiz" angeht, sind sie Brüder im Geiste: Druckereibesitzer Christof Herrmann (links) und Fachredakteur Manfred Merz. Fotos: Faigle Foto: Schwarzwälder Bote

Modellbahnbau: Fachzeitschrift erscheint vierteljährlich / Verblüffende Nachfrage aus Europa und den USA

Mit einer zündenden Geschäftsidee stoßen der Vertriebsingenieur Manfred Merz und der Druckereibesitzer Christof Herrmann fast konkurrenzlos und mit Erfolg in eine ausgefallene Nische des westeuropäischen Zeitschriftenmarktes.

Donaueschingen. Seit August 2018 sind sie zusammen mit dem Weinsberger Architekten und Modellbauer Stephan Kraus Alleingesellschafter der Firma "Modellbahn Schweiz". Sie produziert, druckt und vertreibt die gleichnamige Fachzeitschrift mit dem klaren Untertitel "Für alle Freunde Schweizer Modellbahnthemen". Man mag sich wundern, wie solch ein Unternehmen zustande kommt und von Anfang an auch mit Erfolg rechnet. Dazu ist es gut zu wissen, dass zahllose Modelleisenbahner international eine Szene bilden, deren Insider über lockere soziale Netzwerke in Verbindung stehen und sich über ihre gemeinsamen Interessen und Vorlieben austauschen. Für Außenstehende ist das ziemlich unübersichtlich.

Nicht jedoch für Menschen wie Manfred Merz. Im Hauptberuf mit Großfeuerungsanlagen befasst, widmet er sich in seiner Freizeit seit Jahrzehnten aktiv dem Modellbahnbau. Er besucht Messen, war lange Jahre als Autor insbesondere für eine schweizerische Fachpublikation tätig und kennt eine ganze Riege von Persönlichkeiten, die in der genannten Szene Rang und Namen haben.

Von vergleichbarem Format ist Stephan Kraus, und als die beiden aufgrund von Veränderungen auf dem Schweizer Zeitschriftenmarkt dort eine Lücke ausmachten, suchten sie für ein Produkt nach ihren Vorstellungen einen begeisterungsfähigen und technisch versierten Drucker als Partner und fanden ihn in Christof Herrmann. Damit war die "Modellbahn Schweiz" aufs betriebswirtschaftliche Gleis gestellt.

Testleser lassen sich von Aufmachung begeistern

Nicht mit Werbeflyern legte das Trio los, sondern mit 6000 Probeexemplaren, in denen Artikel nur zur Hälfte abgedruckt waren – das interessierte Publikum unter anderem auf der Spielwarenmesse in Nürnberg sollte sehen, welche Themen von den Zeitschriftenmachern gewählt werden, welch hohe Qualität die Fotos und das Papier aufweisen oder in was für einem Stil die Autoren zu Werke gehen. Schon vor Erscheinen des ersten regulären Heftes ließen sich mehrere Hundert Leser als Abonnenten registrieren.

Inzwischen sind drei Hefte von "Modellbahn Schweiz" veröffentlicht, das nächste erscheint Mitte Juni. Pro Jahr wird es vier reguläre Ausgaben und vor Weihnachten je ein Themenheft geben. Darin geht es dann um spezielle Dinge wie "Laubbaumtuning" – die Frage also, wie man durch Bearbeitung gekaufter Modellbäume näher ans natürliche Vorbild kommen kann. Vom "unheilbaren Modellbahnvirus" Infizierte neigen wohl zum Perfektionismus.

"Wir machen Hefte, die von Profis, aber nicht nur für Profis gemacht sind", sagt Manfred Merz, "es darf nicht stauben." Fachkenntnis gepaart mit einer Prise Humor soll Lesespaß bringen und Langeweile vermeiden.

Der inhaltlich speziell auf die Schweiz gerichtete Fokus hat mehrere Gründe: deren riesige Vielfalt an Lokomotiven und damit an entsprechenden Modellen sowie ein auf die Bahn bezogenes verbreitetes Traditionsbewusstsein. In den Texten gibt es sprachlich keinen Bahnsteig und keinen Gehweg, dafür die in der Schweiz landesüblichen Bezeichnungen Perron und Trottoir.

Ein Drittel der Auflage geht in die Schweiz

"Drucktechnisch ist die Zeitschrift eine besondere Herausforderung", sagt Christof Herrmann, der für Bildreproduktion, Druck und Bindung verantwortlich ist. Er verwendet dickes seidenmattes Bilderdruckpapier, die bemerkenswerte Qualität der Abbildungen beruht auf einer besonders hohen Auflösung. Ausgetüftelt sind das DIN-A- 4-Format und die Rückstichheftung: Manch ein Leser will ein Heft in seine Einzelteile zerlegen und nur Einzelnes ablegen.

Von den aktuell 5200 Heften geht rund ein Drittel in die Schweiz, der Rest in acht europäische Staaten und in die Vereinigten Staaten. Auch dafür sorgt Herrmann. Fast 1000 Abonnenten sind bereits gewonnen, der Rest der Auflage wird weitgehend über den Modellbahnfachhandel vertrieben. Das Projekt von Merz, Herrmann und Partner hat gute Perspektiven.

Wer ein Hobby pflegt, geht einer Freizeitbeschäftigung nach, die im Idealfall Vergnügen und Entspannung bereitet. Was den oftmals sehr filigranen Modellbahnbau angeht, hat der Sankt Galler Psychoanalytiker Andreas Wöhrle in einem Interview dazu interessante Aspekte formuliert. Modellbahnbau sei eine ebenso kreative Tätigkeit wie zum Beispiel Musizieren oder das Gärtnern aus Liebhaberei. Durch das Zusammenfügen einer Vielzahl von Einzelteilen entstehe irgendwann ein Ganzes, das nicht nur die bewiesene Geduld spiegele, sondern auch die Fähigkeit, Schwierigkeiten der verschiedensten Art zu überwinden. Und als Psychotherapeut fügt er hinzu: "Leidenschaft für dieses Hobby ist keine Krankheit."