Eine Fläche von 24 Quadratmetern nimmt die Modelleisenbahn von Justus Kroner ein. In vielen Jahren hat er rund 600 Meter Gleise der Spurweite TT verbaut und lässt seine Züge durch abwechslungsreiche Landschaften rollen. Foto: Wurtshorn

Justus Kroner hat viel Liebe fürs Detail. In 20 Minuten durchs Wohnzimmer.

Eine Modellbauanlage hat so mancher Eisenbahnfreund in seinem Keller stehen. Aber wenige dürften beim Hausbau dem Architekten die Dimensionen der angedachten Miniaturlandschaft als nicht verhandelbare Größe mit in die Pläne diktiert haben. Justus Kroner hat das gemacht und seine Anlage nach dem Umzug von Aasen nach Donaueschingen ums Vierfache vergrößert.

Donaueschingen - Auf 24 Quadratmetern Grundfläche entstanden so mehrere Dörfer und Städte; schroffe Naturlandschaften mit Felsen und Ruinen wechseln sich ab mit modern anmutenden Straßenzügen, allesamt bevölkert, befahren und mit Straßenlaternen ausgestattet.

Jeder Flecken hat seinen Bahnhof und hier kommt die Hauptsache des Modellbaus hinzu: das rollende Material. Von diesem hat der pensionierte Schulleiter reichlich. Mindestens zehn ruhende Züge warten darauf, auf den rund 600 Metern Gleisstrecke bewegt zu werden.

Eine fahrplanmäßige Fahrt mit den vorgesehenen Haltestellen dauert 20 Minuten, die längste gerade Strecke ist sieben Meter lang: Das sind Höhepunkte auf der Anlage, die, wie bei einem richtigen Modellbauer üblich, nie fertig wird.

Mischung aus Bausatz und Eigenbau

Kroner, der mit dem Einverständnis der Schulbehörde auch schon hunderte Dampflokomotiven und Waggons gebaut und verkauft hat, setzt bei seinen Gebäuden auf eine Mischung aus Bausatz und Eigenbau. Bausätze veredelt er, indem er sie möbliert. So stehen in Metzgerei und Bäckerei Kunden an der mit Lebensmitteln bestückten Ladentheke und im Kaufhaus sind Möbel oder Haushaltswaren ausgestellt. Kromer hat sich der Spurweite TT verschrieben, welche die Realität im Maßstab 1:120 abbildet. Vor allem in der früheren DDR gebräuchlich, liegt die Spurweite TT zwischen dem West-Standard HO und der noch kleineren Spur N. Diese "goldene Mitte" biete ihm einfach mehr Platz, sich zu entfalten. Und für maßstabsgerechte Ensembles nimmt der 86-Jährige auch mal Anpassungen an vermeintlich größeren Bausätzen vor.

Im Nebenraum hat er sich eine Werkstatt eingerichtet, sogar eine kleine Uhrmacherwerkbank gehört dazu. Dort nimmt er selbst die filigranen Arbeiten mit erstaunlich ruhigen Fingern vor. "Denn eigentlich bin ich eher ein Zappelphilipp", gesteht er und räumt auch ein, dass ihn seine Ehefrau bei der Suche des Angetrauten auch mal unwirsch knurrend im Gehänge der Drähte unter der Anlage finden kann.

Bahnhöfe nach Orten benannt

Die nächste Aufgabe steht schon auf der Anlage. Neben einem bereits fertiggestellten Discounter liegt eine Plastikschachtel. Aus dem handelsüblichen Behältnis für gefüllte Piemont-Kirschen soll ein Schwimmbad werden. Dem nächsten Ort hat eine weitere frühere Mon-Chérie-Verpackung einen hochmodernen Bahnhof beschert.

Adelsbronn steht an der transparenten Bahnsteigüberdachung: kein Fantasiename, sondern ein Teil von Kroners Biografie. Er hat alle Bahnhöfe nach Orten seiner oberschlesischen Heimat benannt. Dort und mitten im Krieg liegt der traumatische Beginn seines Hobbys. Weihnachten 1942 schenken ihm seine Eltern die erste Modellbahn. Der ovale Rundkurs fand sein Ende, als ein Bombentreffer im nächsten Jahr das ganze Wohnhaus zerstörte. 15 Jahre später, 1958, tauschte Kroner nicht nur seine Briefmarkensammlung gegen eine Einsteigerpackung in Spur TT, sondern auch ein Trauma gegen einen Traum.

LED-gestützte Schaltungen

Und der Traum hält an. Beim Bauen, beim Sammeln – dem ehemaligen Leiter des Wirtschaftsgymnasiums haben es Dampfloks, Oldtimer-E-Loks und Waggons aus vergangenen Zeiten angetan – und beim Modernisieren. Die alten Schaltungen ersetzt Kroner nach und nach durch LED-gestützte Schaltungen. Die wuchernden Drahtgeflechte, die zwischen Trafos und Anlage liegen, will er noch ordentlich bündeln und übertunneln. Und nein, sein rollendes Material auf den Digitalbetrieb umstellen werde er nicht. Da bräuchte jede Lok einen Decoder: für so eine große private Anlage ein zu großer Aufwand. So freut sich der Lokführer einfach, wenn er "ganz analog" im Halbdunkel des Raumes vor den Kontrollleuchten des Stellwerks sitzt und seine Züge bei "Rot" anhalten und bei "Grün" fahrplanmäßig weiterfahren.

Armin Hauer führt an der Villinger Straße sein Fachgeschäft namens "Modellbau und Spiel". Einen verstärkten Trend hin zum Basteln und Modellbau spürt er seit Jahresanfang. Seither findet klassisches Spielzeug verstärktes Interesse: Gesellschaftsspiele, aber auch Bausätze, mit denen Schiffe, Flugzeuge oder Fahrzeuge entstehen. Eine Wiederbelebung erfährt gegenwärtig auch die Modelleisenbahn. Wer seine bestehende Bahn optimieren möchte, kümmert sich um die Digitalisierung seiner Züge. Immer öfter liegt eine Einstiegspackung samt einfachem Gebäudebausatz unter dem Christbaum. "Allerdings sind es häufiger die Väter beziehungsweise Eltern, die da initiativ sind", sagt der 55-Jährige. Dann werde geschaut, was sich aus dem Kindergeschenk entwickelt.