Der Lebensraum des in Südasien heimischen Bankivahuhn (Gallus gallus) erstreckte sich von Thailand bis nach Indien. Foto: Imago/Panthermdia

Wann Hühner domestiziert wurden, ist umstritten. Forscher meinen nun aber zumindest zu wissen, seit wann Haushühner spätestens Dauerlieferant von Eiern sind und wo sie zuerst gezüchtet wurden.

Wann Rinder, Schafe oder Schweine domestiziert wurden, ist weitgehend geklärt. Bei Hühnern sorgt diese Frage unter Fachleuten seit Jahren für Streit. Ein Grund für die Unklarheit ist auch, dass sich deren Knochen nicht lange halten und weil das Haushuhn (Gallus gallus domesticus) für verschiedene Zwecke genutzt wurde – für Rituale, zur Unterhaltung, für Fleisch, Federn und auch zur Versorgung mit Eiern.

 

Hühner als zuverlässige Eier-Lieferanten

Eierschalen-Funde aus Bash Tepa. Foto: Nature Communications (Nat Commun) ISSN 2041-1723

Zumindest die Haltung von Hühnern als zuverlässige Lieferanten von Eiern reicht mindestens 2400 Jahre zurück. Das schließt eine Forschungsgruppe um Carli Peters vom Max-Planck-Institut für Geoanthropologie in Jena aus der Analyse von zwölf archäologischen Fundstätten in Zentralasien.

Diese Nutzung habe sich damals rapide entlang der Seidenstraße zum östlichen Mittelmeerraum und dann nach Europa verbreitet, schreibt die Gruppe im Fachjournal „Nature Communications“.

Südasiatisches Bankivahuhn als Ur-Huhn

Unser Haushuhn . . .  Foto: Imago/Zoonar
. . . stammt wohl vom in Südasien heimischen Bankivahuhn (Gallus gallus) ab. Foto: Imago/Zoonar

Wann und wo das Haushuhn domestiziert wurde, ist heftig umstritten. Das liegt auch daran, dass Vogelknochen und Fragmente von Eierschalen oft irrtümlich Hühnern zugeschrieben wurden, obwohl sie von anderen Tieren stammten, wie die Gruppe schreibt. Auch viele Datierungen erwiesen sich demnach als unzuverlässig oder falsch.

Allgemeine Einigkeit besteht aber darin, dass das Haushuhn wohl vom in Südasien heimischen Bankivahuhn (Gallus gallus) abstammt – dessen Lebensraum sich von Thailand bis Indien erstreckte –, möglicherweise aber auch von einem anderen Vertreter der Kammhühner (Gallus).

Archäologische Fundstücke in Zusammenhang mit Hühnern in Zentralasien. Foto: Nature Communications (Nat Commun) ISSN 2041-1723

Älteste Funde in Usbekistan

Das „Red junglefowl“ist ein Huhn, das in Südostasien – etwa Thailand – vorkommt. Foto: Imago/Westend61

Die Gruppe um Carli Peters untersuchte nun ein Dutzend Fundstätten in Zentralasien entlang der Seidenstraße. Der älteste Nachweis für Hühner als Eierlieferanten stammt aus Bash Tepa nahe der Stadt Bukhara in Usbekistan und geht auf etwa 400 v. Chr. zurück.

Eindeutig als Haushuhn-Eier identifiziert wurden die Schalenfragmente anhand von Rückständen typischer Proteine. Und dass diese Hühner nicht nur saisonal Eier legten, schließt die Studie aus der schieren Anzahl der Schalenfragmente.

Historische Orte Foto: Nature Communications (Nat Commun) ISSN 2041-1723

Eier wilder Vögel dienten als Nahrungsquelle

Der älteste Nachweis für Hühner als Eierlieferanten stammt aus Bash Tepa nahe der Stadt Bukhara in Usbekistan und geht auf etwa 400 v. Chr. zurück. Foto: Imago/Imagebroker
Ursprung und Verbreitung von Haushühnern sind eine der rätselhaftesten Fragen in Bezug auf domestizierte Tiere überhaupt. Foto: Imago/Panthermedia

Schon die Vorfahren der Art Homo sapiens nutzten Eier wilder Vögel als Nahrungsquelle. Besonders gute Proteinlieferanten waren jene großer Vögel, etwa Straußen und Pelikane. Tiere, die als Eierproduzenten genutzt und teilweise domestiziert wurden, waren und sind bis heute neben Hühnern unter anderem auch Wachteln, Gänse, Enten und Tauben.

Es existieren auch sehr frühe künstlerische Darstellungen von Eiern als Mahlzeit oder Opfergabe, etwa auf 3500 Jahre alten Grabplatten aus Theben in Ägypten.

Zwar ist unklar, über welche Zeiträume im Jahr und insgesamt wie viele Eier diese frühen Haushühner lieferten. Aber auf die wilden Vorläufer, die nur einmal im Jahr bis zu sechs Eier legten, können diese Mengen nicht zurückgehen. „Dies ist der früheste Nachweis für den Verlust des saisonalen Eierlegens, der bisher in archäologischen Aufzeichnungen gefunden wurde“, wird Studienleiter Robert Spengler in einer Mitteilung des Instituts zitiert.

Spur der Hühner führt zur Seidenstraße

Minohiki-Chabo, eine südjapanische Zwerghuhnrasse. Foto: Imago/Imagebroker
Hühner mit dem Vorzug, über längere Zeit Eier zu legen, verbreitetet sich zuerst entlang der Seidenstraße. Foto: Imago/Gottfried Czepluch

Ab dem 4. Jahrhundert vor Christus fand das Team Schalen-Bruchstücke von Hühnereiern in großer Menge an allen in der Studie untersuchten archäologischen Orten, nicht aber an älteren archäologischen Stätten. Daraus schließt die Gruppe, dass sich Hühner mit dem Vorzug, über längere Zeit Eier zu legen, entlang der Seidenstraße rapide verbreiteten.

Generell jedoch seien Ursprung und Verbreitung von Haushühnern eine der rätselhaftesten Fragen in Bezug auf domestizierte Tiere überhaupt, stellte die Gruppe fest. Rinder, Ziegen und Schafe wurden vor etwa 10 000 Jahren domestiziert. Einigen Studien zufolge erfolgte dieser Schritt bei Hühnern vor mehr als 9000 Jahren – wahlweise in Burma, Indien, Thailand oder China.

Andere Untersuchungen gehen davon aus, dass die Tiere erst vor grob 3500 Jahren in Thailand domestiziert wurden. Manchen Theorien zufolge seien Hühner zunächst für rituelle Zwecke oder für Wettkämpfe gehalten worden, heißt es. So gibt es auf griechischer Keramik aus der Zeit um 620 vor Christus detaillierte Bilder von Hähnen in Kampfszenen.