Jagdverpachtung: Wer kommt zum Zuge? / Wildschadensausgleichskasse verfehlt in Dietingen ihr Ziel

Die Regeln zur Jagdpacht im Dietinger Jagdrevier stehen fest. Was noch fehlt, ist die Berufung der neuen Jagdpächter. Die bisherigen Pächter fürchten Absagen. Fehlt es unter den Jägern an Solidarität?

Dietingen. Das Interesse an Dietinger Gemeinderatssitzungen ist ungebrochen hoch. In der jüngsten waren es Jagdpächter und Landwirte, die Bürgermeister Frank Scholz begrüßte. Ihr Interesse galt der Neuverpachtung der Jagdbezirke, die zum 1. April in Kraft treten soll. Ihre Bewerbung für einen der zehn Jagdbögen liegt drei Monate zurück. Den Bescheid, ob ihre Bewerbung angenommen oder abgelehnt werde, würden sie Anfang März erhalten, berichten sie und fügen hinzu, dass sie die Entscheidung fürchten.

Neun neue Jahre ab April

Von den Sorgen der Jagdpächter ist beim Gemeinderat nichts zu spüren. Der arbeitete sich Punkt für Punkt und weitestgehend einig an den von der Verwaltung akribisch vorbereiten Regularien ab. Scholz führte in das Thema ein. Erinnerte an die historische Jagden, die der herrschenden Schicht vorbehalten gewesen seien, während in heutiger Zeit jeder im Besitz eines Jagdscheins auf die Pirsch dürfe.

Der Blickwinkel auf die Jagd habe sich grundsätzlich verändert. Nicht mehr die Interessen der Jäger stünden im Vordergrund, sondern die der Jagdgenossenschaft, also die der Verpächterin, die sich aus Grundstückseigentümern zusammensetze. Die Genossenschaft lege aus zwei Gründen Wert auf die Bejagung, sagte Scholz. Die Jagd gewährleiste eine gesunde und notwendige Naturverjüngung und vermeide Schäden im Wald und in der Landwirtschaft. Diese Gründe würden die Jagd legitimeren.

Da die Verpachtung nach neunjähriger Vertragslaufzeit zum 31. März ende, müsse der Vertrag neu aufgesetzt und angepasst werden. Das sei mit Fachanwälten erfolgt. Am Pachtzeitraum von neun Jahren sollte weiter festgehalten werden, empfahl die Verwaltung. Verändern werde sich im Zuge der Neuerstellung die Jagdkataster, also jagdlichen Grenzen der einzelnen Jagdbögen. Künftig sollte der Ausgleich aus der Wildschadenskasse gestrichen werden.

Drei auffällige Jagdbögen

Empörung aus den Zuschauerrängen blieben aus. Nur Gemeinderat Ferdinand von Bissingen gab einige Punkte zu bedenken. Bisher konnten sich Jagdpächter Wildschäden, die sie gegenüber Landwirten ausgleichen mussten, von der Gemeinde anteilig erstatten lassen. Aus acht der zehn Jagdbögen wurden in den Jahren 2011 bis 2018 Erstattungsansprüche geltend gemacht. Als besonders auffällig hätten sich drei Jagdbögen herausgestellt, auf die 63 Prozent der von der Gemeinde erstatteten Gesamtsumme verteilt worden seien. Nehme man den nächstfolgenden Jagdbogen dazu, entfiele auf vier Pächter 75 Prozent der ausbezahlten Leistung, führte Scholz vor Augen.

Insofern werde das ursprüngliche Ziel, mithilfe der Wildschadensausgleichskasse die Solidargemeinschaft zu stärken, nicht erreicht. Vielmehr würden einzelne Jagdpächter die gemeinschaftliche Kasse nach eigenen Interessen nutzen. Damit lasse sich der Solidargedanke nicht aufrecht erhalten. Dabei gäbe es Gegenbeispiele. Zwei Pächter hätten die Kasse zu keinem Zeitpunkt geschröpft, sondern sich einvernehmlich mit den betroffenen Landwirten geeinigt. Andere Pächter hätten hingegen im Laufe des Pachtzeitraums ein gerichtliches Verfahren über zwei Instanzen gegenüber der Wildschadenskasse angestrengt. Die Regelungen zur Ausgleichskasse hätten sich daher als nicht rechtssicher und angreifbar erwiesen.

Informationen am Montag

Die Gemeindeverwaltung positioniere sich daher ebenso wie weitere Kreisgemeinden "klar gegen den Fortbestand der Wildschadenskasse", sagte Scholz und bekam dafür große Zustimmung aus dem Gemeinderat.

Neben dieser klaren Positionierung erteilte Scholz aber auch Lob. Große Schäden würde im Dietinger Wald ausbleiben, da eine permanente Pflege gewährleistet sei.

Am Montag, 10. Februar, wären alle Jagdpachtinteressenten zu einer Informationsveranstaltung geladen, berichte Hauptamtsleiter Matthias Barth. Dort werde noch einmal "sehr detailliert auf das Verfahren und die Ausgestaltung des Jagdpachtvertrags" eingegangen. Am Mittwoch, 12. Februar, finde mit der Versammlung der Jagdgenossenschaft ein weiterer "wichtiger Verfahrensschritt" statt.

Die Entscheidung zur Pachtvergabe werde dann in der Gemeinderatssitzung im März getroffen. Sorgen müsse sich niemand machen, konstatierte Barth. Freilich könne nicht jeder Interessent zum Zuge kommen, da es mehr Jagdpachtbewerber (Einheimische und Auswärtige) als einzelne Jagdbögen zu verteilen gäbe. Kein Gemeinderatsmitglied würde sich die Entscheidung leicht machen. Jeder würde sorgfältig abwägen und nach bestem Gewissen entscheiden, zeigte sich Barth sicher und bat, der Entscheidung im Gemeinderat zu vertrauen.