Rosalie von Bissingen und Rolf Fussnecker vermittelten mit Hilfe eines Tagebuchs und Zeitzeugen einen hervorragenden Einblick in die Geschehnisse in Dietingen während des Zweiten Weltkriegs. Foto: Schmidt Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: Rosalie von Bissingen und Rolf Fussnecker referieren über die Erlebnisse eines Kriegsgefangen

Einen Vortrag über die Gefangenschaft von Nestor Vandeputte in Dietingen ließen sich zahlreiche Bürger nicht entgehen. Und damit lagen sie richtig.

Dietingen. Die Erlebnisse wurden mit großer Empathie vorgetragen und vermittelten ein zeitgenössisches Bild der Vorgänge in Dietingen während des Zweiten Weltkriegs – aus der Sicht eines Franzosen. Die Referenten Rosalie von Bissingen und Rolf Fussnecker hatten erst durch das Tagebuch, dessen Übersetzung und vielfältige Gespräche mit Zeitzeugen zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema gefunden.

Neben einer Karte, die die Wege Nestors von seiner Gefangennahme in Frankreich über Karlsruhe bis nach Dietingen und seine Flucht über Donaueschingen bis in die Schweiz und zuletzt in den unbesetzten Teil Frankreichs anschaulich vor Augen führten, zeigten sie auch Bilder.

Die Fotos und Zeichnungen, die Vandeputte zur Verfügung gestellt hatte, beinhalteten – zur Begeisterung der Gäste – auch Bildmaterial aus dem alten Dietingen und von seinen Bürgern.

Von einer grausamen Gefangenschaft, die man mit Nazi-Deutschland verbindet, ist in den Tagebuchaufzeichnungen nie die Rede. Zwar kam auch er mit einem unmenschlichen Bild von den Deutschen nach Dietingen, doch seine persönlichen Erfahrungen spiegelten das nicht wider. Sein Resümee "Sie kamen als Feinde und gingen als Freunde" zieht sich durch das gesamte Tagebuch.

Nachdem die erste Scheu überwunden war, begegneten ihnen die Dietinger hilfsbereit, freundlich und in zwei Fällen mit einer Offenheit, die diesen unter dem Naziregime hätte gefährlich werden können. Vandeputte selbst war Pazifist. Er wünschte sich Frieden zwischen den Völkern, beklagte den Krieg und wurde nicht müde, die Menschlichkeit der Dietinger und seinen Dank für ihre Unterstützung zu betonen.

Depressiven Phasen entging er dennoch nicht. Als Stadtmensch war er die Mühen der Arbeit auf dem Feld und im Wald nicht gewohnt, und ebenso schmerzlich vermisste er seine geliebte Frau. Der Gedanke an Flucht wurde nach zwei Jahren Gefangenschaft übermächtig.

Laut seinen Erzählungen blieben die Vorbereitungen nicht unbemerkt, weil die Kontrollen im Dietinger Fischerheim, damals Wasser-, Licht- und Elektrozentrale, verstärkt wurden. Allerdings könne, laut Rolf Fussnecker, auch vermutet werden, dass die Dietinger bei der Flucht geholfen haben.

Auf der Odyssee der Flüchtigen von Dietingen ins unbesetzte Frankreichs wurden drei ihrer Kameraden geschnappt. Aber Vandeputte schaffte es. Sein Tagebuch schenkte er später Josef Eiberger. Nach dessen Tod schrieb er an Eibergers Frau. Josef sei ein Freund gewesen, habe gedolmetscht und geholfen. Gegenseitig hätten sie sich versichert: "Niemals mehr Krieg zwischen Deutschland und Frankreich".

Die Erinnerung an die insgesamt 15 Gefangenen wird nun mit einer Gedenktafel am Fischerheim, gestiftet von der Dietinger Erwachsenenbildung, wach gehalten.