Gerhard Hipp ist auch Orthopäde für seine eigenen beiden Pferde. Fotos: Cools Foto: Schwarzwälder Bote

Handwerk: Gerhard Hipp ist Hufschmied

Das Eisen glüht hellrot, als es Gerhard Hipp aus dem Feuer nimmt. Der 51-Jährige ist seit mehr als 30 Jahren Hufschmied und schwärmt: "Bei diesem Beruf verbinden sich Handwerk und die Leidenschaft zum Tier auf wunderbare Weise".

Dietingen. Es gibt nur eins, bei dem die Menschen noch schlimmer sind, als bei ihrem "Heilig’s Blechle": beim eigenen Pferd. Das weiß Gerhard Hipp. Entsprechend sensibel geht er vor, wenn er einen Kunden besucht.

Bevor es an das eigentliche Werk geht, den passenden "Schuh" für das Pferd zu machen, steht die Begutachtung des Tieres an. "Ich schaue mir den Fütterungszustand, die Bedingungen und die Nutzung an. Wenn es da erhebliche Mängel gibt, weise ich den Besitzer auch darauf hin", erklärt Hipp. Nach diesen Faktoren bemisst sich aber auch, welches Hufeisen für das Pferd das richtige ist.

Einige Beispiele hat Hipp an seiner Werkstattwand hängen, darunter auch ein paar Sonderstücke, sein allererstes geschmiedetes Hufeisen etwa. "Mittlerweile gibt es tausende Variationen", sagt er. Oval oder halbmondförmig, aus Stahl oder Kunststoff, mit Zehen- oder Seitenkappen, mit Strahlunterstützung, mit Gummieinlagen oder Federstahlbügel mit Hufeisen-Einlage, damit der Schnee sich nicht am Huf festsaugt – "quasi Winterreifen fürs Pferd" – die Möglichkeiten sind schier grenzenlos. Barfußgänger unter den Pferden gebe es nur etwa fünf Prozent.

Orthopäde für Vierbeiner

Gerhard Hipp hat fast nur Stammkundschaft. Er kennt also auch die vierbeinigen Kunden gut und weiß, welche Hufeisen-Rohlinge er einpacken muss, wenn er losfährt. Früher habe es einen Dorfschmied gegeben, zu dem jeder seine Pferde brachte. Mittlerweile fährt der Hufschmied zu den Pferden. Das erfordert eine mobile Werkstatt – Schweißgerät, Schleifmaschine, Amboss und Mini-Ofen inklusive. Der Dietinger ist in einem Umkreis von 35 Kilometern unterwegs und bestens ausgelastet. "Es gibt zu wenig Schmiede. Die meisten machen den Job nur ein paar Jahre." Bei Hipp sind es schon mehr als 30.

Beim Kunden angekommen, widmet sich Hipp erst einmal der Hufpflege. Dabei wird der Strahl, der v-förmige innere Teil des Hufes, sauber ausgeschnitten. Anschließend geht es an die Stellungskorrektur, erklärt der Pferde-Orthopäde. Oft sieht er schon beim ersten Blick auf das Pferd, spätestens aber beim Blick auf den Huf, was im Argen liegt. Die Hufgeometrie wird hergestellt. Das ist besonders wichtig, damit das Pferd nicht krank wird. "Die Hufe sind fürs Tasten und den Gleitschutz zuständig, fungieren als Stoßdämpfer, tragen das Pferd, pumpen Blut, übertragen Kraft und dienen natürlich auch zur Feindabwehr. Wobei das Pferd die auch mit Fehlstellung schafft", sagt der 51-Jährige lachend. Wenn das Pferd ein Hufeisen trägt, nimmt er dieses erst einmal ab. Dann wird der Huf gepflegt, analysiert und in Form gebracht, ehe das Eisen angepasst und dann aufgebrannt wird. Sechs bis acht Wochen später steht ein erneuter Besuch an. Mit dem Hufeisen werden Fehlstellungen korrigiert, das korrekte Abrollen gewährleistet und der Huf geschützt.

Bei Springpferden werden Stollen für besseren Halt an das Hufeisen angebracht. "Aber da ist es wie bei Frauen mit Stöckelschuhen oder Fußballern mit ihren Kickstiefeln. Wenn man darauf den ganzen Tag gehen muss, macht das keinen Spaß", weiß Hipp.

An seiner Traberstute zeigt er, wie er Hufeisen bearbeitet und anbringt. "Die Anforderungen an das Pferd sind immer größer geworden, die Tiere werden aber auch immer älter, weil man viel mehr über die optimale Haltung weiß", sagt Gerhard Hipp, während er das alte Hufeisen mit der Zange entfernt. Im 1200 Grad heißen Kohlefeuer wird das Eisen dann erhitzt. Am Amboss bringt Hipp es mit Hammerschlägen in die richtige Form. Dann geht es zur Anpassung. Da ist es wie bei den Menschen: Wenn der Schuh nicht passt, merkt man das schnell. Es raucht und dampft ganz schön, als Hipp das Eisen auf den Huf drückt. Weh tut das dem Pferd aber nicht. Abschließend wird das Hufeisen mit möglichst wenig Nägeln befestigt. "Jeder Nagel schwächt den Huf und macht ihn instabil." Seine Berufswahl hat Hipp nie bereut. Seit seinem sechsten Lebensjahr reitet er. Der Großvater war Landwirt, der Urgroßvater sogar Hufschmied. "Das habe ich witzigerweise erst im Nachhinein erfahren. Ich habe es aus der Leidenschaft zum Pferd getan", so der staatlich geprüfte Hufbeschlagschmied mit Meistertitel, während er den Huf der Stute loslässt.

Und die freut sich über das, was auch bei vielen Frauen ein Glücksgefühl auslöst: nagelneue Schuhe.

Mit Muskelkraft, Fingerfertigkeit und einer großen Portion Leidenschaft rücken Handwerker ihren Werkstücken zu Leibe – und das, teilweise auch heute noch, ganz traditionell. Einigen von ihnen haben wir über die Schulter geschaut.