Foto: Schwarzwälder Bote

Jubiläum: Dirigent Peter Nikol gibt morgen Abschiedsvorstellung und blickt auf die Zeit bis 1993 zurück

Beim Weihnachtskonzert am morgigen Sonntagnachmittag dirigiert Peter Nikol letztmals den Musikverein Böhringen. Nach beachtlichen 25 Jahren endet eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

Dietingen-Böhringen. Im Jahre 1993 – die Böhringer Musiker waren gerade auf der Suche nach einem Dirigenten – stellte sich im Wohnzimmer des damaligen und mittlerweile verstorbenen Vorsitzenden, Willibald Häsler, ein musikalischer Jungspund aus Deilingen vor.

"Ich weiß noch gut, wie ich in der Stube saß", erinnert sich Peter Nikol. Auch Gerold Schwarzwälder, der damalige Vizechef, späterer Nachfolger von Häsler und heute noch aktiver Musiker, sei am Tisch gesessen. "Wenn ihr niemand anders findet, dann mache ich es halt", habe er damals in einem Anfall jugendlichen Leichtsinns erklärt. Nun, die Böhringer fanden niemanden. Vielleicht suchte man auch gar nicht mehr intensiv. Die Entscheidung fiel schnell auf den jungen Heuberger.

Dieser leitete dann am 3. Dezember 1993 in Böhringen ("Ich kann mich noch gut erinnern") seine erste Musikprobe – obwohl er bis dato keinerlei Referenzen vorweisen konnte. Mutig waren damals die Verantwortlichen der "Harmonie", sie verließen sich voll auf ihr Bauchgefühl und ihre Menschenkenntnis.

Denn: Der aus Deilingen gebürtige Musikus hatte zuvor weder in einer Blaskapelle gespielt, geschweige denn ein richtiges Blasorchester geleitet. Nikol war zwar in der Blasmusikszene ein unbeschriebenes Blatt, griff allerdings in der Deilinger Guggamusik zur Trompete.

Als Kind hatte er – mit reichlich musikalischem Talent ausgestattet – zudem das Spielen auf dem Klavier, an der Orgel und auf dem Akkordeon erlernt. Sein Vater leitete in dieser Zeit den Deilinger Gesangverein und Kirchenchor. Ihn habe er immer mal wieder am Dirigentenpult vertreten müssen.

Feuerrede vor Horgen

Unbedarft, anfangs ohne große Ziele und Erwartungen, sei er an die Aufgabe herangegangen, erzählt der Deilinger. "Ich wollte in Böhringen eigentlich nur meine ersten Erfahrungen sammeln." Doch daraus wurden dann 25 Jahre.

Wie schaffte es ein 23-Jähriger, sich den Respekt und die nötige Autorität gestandener Musiker zu erarbeiten? Gut in Erinnerung geblieben ist bei Nikol das erste Jahr. "In der Anfangszeit gab es schon ein paar Mal größere Diskussionen, in der Vorbereitung auf das erste Konzert in Horgen habe ich eine Feuerrede gehalten." Das Konzert in Horgen klappte, die Kapelle habe gut gespielt. "Danach war der Bann gebrochen und wir ein Team."

Als Phase der Neuorientierung bezeichnet der scheidende Dirigent in seinem persönlichen Rückblick die nächsten drei bis vier Jahre. "In das Repertoire kamen neue Stücke, die Popmusik fand Einzug in die Blasmusik, das Niveau konnten wir langsam, aber stetig steigern." Das habe weitere Jahre angehalten. Die Situation im Nachwuchsbereich sei sehr gut gewesen, viele junge Musiker hätten zur Kapelle gefunden. Zugute kam dem Böhringer Dirigent später, dass sein Bruder – ein studierter Musiker – die Kapelle in Deilingen übernommen hatte. Nikol: "Mit ihm konnte ich mich immer austauschen."

Das Geheimrezept

Die Erklärung dafür, dass es so lange in Böhringen funktioniert hat, hört sich schlicht und einfach an: Immer zuhören sowie ehrlich und offen miteinander umgehen.

Daraus sei eine aufrichtige Kameradschaft entstanden. "Ich hatte eine Akzeptanz über alle Altersklassen." Die Böhringer Musiker seien immer offen und auch recht belastbar gewesen, lobt Peter Nikol.

Die Situation im Nachwuchsbereich habe die vergangenen Jahre, wie überall, stagniert und sich zu einer großen Herausforderung entwickelt. Musik müsse Freude machen, es dürfe in einer Konzertvorbereitung schon mal hart zugehen, doch dies dürfe kein Dauerzustand sein, so lautet seine Devise.

Nichtsdestotrotz: Nach den vielen Jahren habe es Abnutzungen gegeben, räumt der Vollblutmusiker ein. Das sei ein ganz normaler Vorgang. "Darum ist es objektiv die richtige Entscheidung, jetzt in Böhringen aufzuhören." Es werde immer schwerer, die Musiker zu motivieren. Gewohnheiten hätten sich über die Jahre angesetzt. Deshalb müsse nun ein neuer Wind einkehren.

Doch Nikol ist sich sicher: "Böhringen wird meine zweite Heimat bleiben." Dafür sorgt schon seine Frau, eine Böhringerin, die dort weiter in der Kapelle spielt.