Dekra-Chef Stefan Kölbl Foto: dpa

Der Stuttgarter Dekra-Konzern ist seit vielen Jahren ein Wachstums- und Jobmotor. Die konsequente Erschließung von Märkten sicherte dem Unternehmen immer neue Geschäfte. Nun soll die Digitalisierung der Wirtschaft dem Unternehmen ganz neue Möglichkeiten eröffnen.

Stuttgart - Der Stuttgarter Dienstleistungskonzern Dekra sieht in der Digitalisierung der Wirtschaft große Aufgaben und Wachstumschancen für sich selbst. „Die Manipulationssicherheit von autonom fahrenden Autos wird ein wichtiges Thema“, sagte Dekra-Chef Stefan Kölbl in Stuttgart. Auch der Umgang mit den Daten, die beim autonomen Fahren anfallen, sei eine Herausforderung, so Kölbl. Zwar kontrollierten die Prüfer schon heute „nicht nur Teile, indem sie mit dem Hammer dagegenschlagen“, doch der Umfang der datengestützten Prüfung werde zunehmen. Zunehmend werden Fahrzeuge mit anderen Fahrzeugen oder mit Servern online kommunizieren; und Kölbl hält es für wichtig, dass auch die dafür erforderlichen Komponenten geprüft werden.

Das Thema Manipulationssicherheit sei sowohl beim autonomen Fahren als auch bei der vernetzten Produktion ein wichtiges Thema, sagte Ivo Rauh, bei der Dekra verantwortlich für die Industriesparte. Schließlich würden Anlagen und Fahrzeuge mit Daten aus unterschiedlichen Quellen gefüttert und müssten störungsfrei funktionieren.

Die Digitalisierung bringt für Dekra allerdings nicht nur Wachstumschancen, sondern auch Herausforderungen. So ist es erforderlich, ausreichend Laborkapazität zu bekommen und den internationalen Markt zu erschließen. In Taiwan hat Dekra bereits ein Unternehmen erworben, das auf die Prüfung der elektromagnetischen Verträglichkeit von Geräten spezialisiert ist. Durch diese Prüfungen soll verhindert werden, dass Geräte auf den Markt kommen, die den Funkverkehr – etwa das für Kommunikation, Verkehr und Produktion immer wichtigere WLAN – stören. Bald will die Dekra zwei weitere Unternehmen erwerben.

Im vergangenen Jahr ist der Dekra-Umsatz um 8,6 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro gestiegen. Der um Sondereffekte bereinigte Betriebsgewinn (Ebit) stieg um 7,4 Prozent auf 174,8 Millionen Euro. Fast doppelt so schnell wie das Gesamtunternehmen wuchs die Sparte Personnel, die etwa Zeitarbeiter an Unternehmen ausleiht. Die Verschärfung der rechtlichen Regeln, die die Zeitarbeit verteuern, hat der Dekra offenbar nicht geschadet – ganz im Gegenteil, meint Kölbl: „Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen.“ Von Vorteil sei auch, dass die Regeln, die eine stärkere Angleichung der Vergütung von Zeitarbeitern an die der Stammbelegschaft im jeweiligen Unternehmen vorsehen, das Ansehen der Branche erhöhen. Für Unternehmen bleibe die Zeitarbeit ein wichtiges Instrument der Flexibilisierung.

So gut die Entwicklung auch ist – die Eigenkapitalquote der Dekra schmolz um rund ein Sechstel auf 20,7 Prozent zusammen. Denn weit stärker als die Gewinne wirkte sich der gegenläufige Effekt der niedrigen Zinsen auf den Risikopuffer aus. 123 Millionen Euro musste das Unternehmen unter dem Strich zusätzlich in Form von Pensionsrückstellungen gewissermaßen an die Mitarbeiter verpfänden, weil das für die Altersversorgung zurückgelegte Pensionsvermögen nur rund 30 Prozent der Verpflichtungen für die betriebliche Altersvorsorge deckt. Die für den ungedeckten Teil erforderlichen Rückstellungen steigen stark, wenn die Zinsen sinken – und zehren so selbst bei sehr erfolgreichen Unternehmen am Eigenkapital.