Die Weltmeister 2014 Foto: dpa

Der deutsche Profifußball ist gerüstet für die Zukunft. Ein Nachwuchsleistungszentrum wurde für jeden Bundesligaclub zur Pflichtausstattung, die Talentförderung professionalisiert. Das kostete die Profivereine seitdem zwar viele Millionen Euro, längst weiß man aber: Das Geld ist gut angelegt worden.

Stuttgart - Nein, Spielverderber, das will keiner sein. Aber weil es noch selten ein guter Rat war, im größtmöglichen Erfolgsfall den Sinn für die Realität zu verlieren, sollte doch gesagt sein: Auch diese deutsche Fußball-Nationalmannschaft wird irgendwann wieder eine Partie verlieren. Auch wenn das derzeit niemand hören will. Warum auch übers Scheitern reden, wenn gerade der WM-Titel errungen wurde? Auf den ersten Blick gibt es dafür keinen Grund. Denn selbst ohne das Prädikat „unschlagbar“ muss keiner, dem der Kick am Herzen liegt, mit bangem Blick in die Zukunft schauen. Was vielleicht die größte Leistung ist, für die dieser WM-Titel steht.

Man muss noch nicht mal besonders weit zurückdenken, um zur Rumpelfüßer-Debatte zu gelangen. Vor allem das Scheitern bei der Europameisterschaft im Jahr 2000 ist im Gedächtnis geblieben, da es nicht nur peinliche Züge hatte, sondern auch welche von Hilfslosigkeit. Andererseits markiert die EM in Belgien und den Niederlanden aber auch einen Wendepunkt in der Art und Weise, wie der professionelle Fußball hierzulande betrieben und vor allem fortentwickelt wird. Als Folge des Vorrunden-Ausscheidens wurde im April 2001 ein Nachwuchskonzept angestoßen, das Weltmeister wie Mario Götze oder André Schürrle erst ihren Weg ermöglicht hat. Ein Nachwuchsleistungszentrum wurde für jeden Bundesligaclub zur Pflichtausstattung, die Talentförderung professionalisiert. Das kostete die Profivereine seitdem zwar mehr als 700 Millionen Euro, längst weiß man aber: Das Geld ist gut angelegt worden.

Es war also ein Misserfolg, der Grundlage war für eine positive Entwicklung. Nicht erst seit dem Triumph von Rio gehört Deutschland wieder zur absoluten Fußball-Elite – weltweit. Weil aber vor allem im Erfolgsfall die Gefahr besteht, die größten Fehler zu begehen, lohnt es sich gerade jetzt, auch unbequeme Fragen zu stellen. Ist das Nachwuchskonzept noch auf dem aktuellen Stand? Muss nachjustiert werden? Ist die Nachhaltigkeit garantiert? Bringen die Zentren auch wirklich die Typen hervor, die eine gute zu einer besseren Mannschaft machen? Klappt der Doppelpass von schulischer und fußballerischer Ausbildung?

Vorerst können fast all diese Fragen positiv beantwortet werden. Auch die Lizenzierung der Zweit- und Drittligisten ist mittlerweile an Qualitätsnachweise in der Ausbildung gekoppelt, die Bundesligaclubs vertrauen jungen deutschen Spielern, und das Nachdrängen der Toptalente scheint gesichert. Bereits im vorläufigen WM-Kader standen hoffnungsvolle junge Spieler, Marco Reus und Ilkay Gündogan fehlten verletzt – und das Durchschnittsalter des deutschen Teams in Brasilien betrug gerade einmal 25,8 Jahre. Dazu kommt: Die Kinder werden nach diesem medienwirksamen Erfolg mehr denn je in die Vereine strömen – was allerdings nicht nur für andere Sportarten zu einem Problem werden kann. Bei manchen Fußballvereinen gilt wegen Platz- und Trainermangels bereits ein Aufnahmestopp. Die sportliche und pädagogische Qualifizierung der Basis bleibt also eine Herausforderung. Zudem sollten die Proficlubs die Bedeutung der Turniere der U-Nationalteams anerkennen und ihre besten Talente freistellen. Die Beteiligung der U-21-Europameister von 2009 am WM-Triumph unterstreicht die Wichtigkeit.

Insgesamt aber gilt: Die Perspektiven passen – und weil Joachim Löw trotz des Titels seine Mission als noch nicht beendet ansieht, wird der erfolgreiche Weg fortgeführt. An positiven Signalen für den deutschen Fußball mangelt es also nicht. Nur eines wird das Nationalteam dennoch nicht sein: unbesiegbar.

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