Polizisten sichern das Münster in Freiburg. Gegen Mittag wird der Papst im Breisgau erwartet. Foto: dpa

Der Papst wird auf seiner Deutschlandreise am Samstag in Freiburg eintreffen.

Erfurt - Zum Abschluss des Papstbesuchs in Thüringen hat am Samstagmorgen auf dem Erfurter Domplatz eine Heilige Messe begonnen. Knapp 30.000 Menschen versammelten sich, um mit Benedikt XVI. den Gottesdienst zu feiern, bevor dieser am Mittag nach Freiburg weiterreist. Das Bistum Erfurt war nach Berlin die zweite Station des viertägigen Deutschlandbesuchs.

Papst zeigt sich betroffen beim Treffen mit Missbrauchsopfern

Am Freitagabend hat sich Papst Benedikt XVI. in Erfurt mit Opfern sexuellen Missbrauchs durch Priester und kirchliche Mitarbeiter getroffen. Das teilten der Vatikan und die Deutsche Bischofskonferenz mit. Das Treffen hat im Priesterseminar stattgefunden. Anschließend habe der Papst Menschen getroffen, die sich um Missbrauchsopfer kümmern.

Bewegt und erschüttert von der Not habe der Heilige Vater sein tiefes Mitgefühl und Bedauern bekundet. Er habe die Aufarbeitung versichert und versprochen, wirksame Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zu fördern.

Streitfragen geht der Papst beim Ökumene-Gipfel aus dem Weg

Zuvor hat der Papst beim Ökumene-Gipfel mit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) theologische Streitfragen ausgespart und stattdessen die Gemeinsamkeiten von Protestanten und Katholiken betont.

Während die Vertreter der EKD einige der Differenzen ansprachen, betonte Benedikt am Freitag im Erfurter Augustinerkloster die grundlegende Einheit der Christen und würdigte den Reformator Martin Luther (1483-1546). Auf in der Ökumene strittige Themen wie ein gemeinsames Abendmahl oder den Umgang mit konfessionsverschiedenen Ehepaaren kam Benedikt nicht zu sprechen.

Das Treffen der beiden christlichen Kirchen an der frühen Wirkungsstätte Luthers galt als ein Höhepunkt des viertägigen Papstbesuchs in Deutschland. Nach einem morgendlichen Gespräch mit Muslimen in Berlin war Benedikt am zweiten Tag seiner Reise am Vormittag in Thüringen angekommen.

Nach einem kurzen Besuch des katholischen Doms und dem anschließenden Treffen mit den Protestanten stand für den Abend noch eine Marianische Vesper im katholisch geprägten Eichsfeld im Norden Thüringens auf dem Programm.

Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider mahnte nach dem Ökumenetreffen weitere Fortschritte im Dialog der christlichen Kirchen an. „Unser Herz brennt nach mehr. Und das war heute zu spüren“, sagte er. Wichtige Fragen müssten geklärt werden.

Zollitsch verteidigt den Papst

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, verteidigte das Ausbleiben konkreter Vereinbarungen. Der Papst sei nicht mit fertigen Lösungen gekommen. „Er hat uns gesagt, was unsere Aufgabe ist“, fügte der Erzbischof hinzu. Damit habe er von Anfang an gerechnet.

In der ökumenischen Feier im Augustinerkloster äußerte die Synodenpräses der EKD, Katrin Göring-Eckardt, vor 300 geladenen Gästen ihre Hoffnung auf ein gemeinsames Abendmahl. Zum „richtigen Zeitpunkt“ würden Katholiken und Protestanten „füreinander den Tisch decken“, sagte sie: „Nicht, weil wir es müssen, sondern weil wir es können und weil wir es wollen.“

Bei dem Gottesdienst waren unter anderen Bundespräsident Christian Wulff, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie mehrere Ministerpräsidenten anwesend. Der Papst sagte in dem Gottesdienst, er habe kein „ökumenisches Gastgeschenk“ dabei. „Unser erster ökumenischer Dienst in dieser Zeit muss es sein, gemeinsam die Gegenwart des lebendigen Gottes zu bezeugen und damit der Welt die Antwort zu geben, die sie braucht“, sagte das aus Deutschland stammende Kirchenoberhaupt.

In der ökumenischen Begegnung sollten katholische und evangelische Christen daher nicht nur ihre Trennungen und Spaltungen beklagen, „sondern Gott für alles danken, was er uns an Einheit erhalten hat und immer neu schenkt“. Zuvor hatte er bei dem nichtöffentlichen Treffen mit den Vertretern der EKD davor gewarnt, die großen Gemeinsamkeiten wegen des Säkularisierungsdrucks „fast unbemerkt“ zu verlieren. Diese Gefahr „ist leider nicht irreal“, betonte Benedikt.

Erster Besuch des Papstes in Ostdeutschland nach Mauerfall

Präses Schneider lud die katholische Kirche ein Erinnerungen an wechselseitige Verletzungen aus der Kirchenspaltung vor 500 Jahren zu heilen. Das Reformationsgedenken 2017 könnte die ökumenische Verbundenheit von Katholiken und Protestanten unterstreichen und Wege zur Aussöhnung eröffnen.

Papst Benedikt XVI. war am Vormittag von Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) am Flughafen Erfurt begrüßt worden. Sie überreichte ihm als Gastgeschenk ein modernes Gemälde des Erfurter Doms, bevor der Papst mit einer Polizeikolonne in die Erfurter Innenstadt fuhr. Dort empfingen ihn mit 15-minütiger Verspätung im minuziös geplanten Besuchsprogramm der Erfurter Bischof Joachim Wanke und Weihbischof Reinhard Hauke im Dom St. Marien.

Das Bistum Erfurt ist die zweite Station der viertägigen Papstreise durch Deutschland. Dort leben rund 156.000 Katholiken - ihr Anteil an der Bevölkerung liegt unter zehn Prozent. Es ist der erste Besuch des katholischen Kirchenoberhaupts in Ostdeutschland nach dem Fall der Mauer. Die letzte Station der viertägigen Reise wird nach Berlin und dem Bistum Erfurt am Wochenende das Bistum Freiburg sein.