Für immer mehr Mittelständler ist Singapur die Drehscheibe nach Asien. Mittlerweile sind dort 1400 deutsche Unternehmen vertreten, darunter auch viele aus Baden-Württemberg. Die Tendenz ist steigend.
Für immer mehr Mittelständler ist Singapur die Drehscheibe nach Asien. Mittlerweile sind dort 1400 deutsche Unternehmen vertreten, darunter auch viele aus Baden-Württemberg. Die Tendenz ist steigend.
Ludwigsburg - Es gibt vieles, da kann man hierzulande nur staunen. „In Singapur geht alles ruck, zuck“, beschreibt es Ulrich Winter und schwärmt von der „Effektivität der Verwaltung“. Der Manager hat dort gut vier Jahre gelebt und für das Ludwigsburger Familienunternehmen Mann+Hummel, das den Großteil seines Umsatzes von knapp 2,8 Milliarden Euro mit Kraftstoff- und Luftfiltern für die Autoindustrie macht, das Geschäft mit Wasserfiltration aufgebaut. Mittlerweile ist er wieder an den Schreibtisch nach Ludwigsburg gewechselt.
Zwar sind die Lohnkosten in Singapur höher als in anderen asiatischen Ländern, dafür überwiegen andere Vorteile. Alan Yeo vom Economic Development Board (EDB) – der Wirtschaftsförderung Singapurs – zählt sie gerne auf: viele gut ausgebildete Fachkräfte, politische und rechtliche Sicherheit, auch was Know-how und den Schutz des geistigen Eigentums angehe, kaum Korruption und niedrige Steuern. „Wir glauben, für die Unternehmen die bessere Hälfte in Asien zu sein“, sagt Yeo.
Die Behörden rollen ausländischen Firmen den roten Teppich aus. Das bestätigt auch Hanna Böhme, Geschäftsführerin des von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) betriebenen German Centre Singapur. Es unterstützt Mittelständler beim Sprung nach Südostasien und bietet rund 140 Firmen Büros, Services und den Zugang zu Business-Netzwerken. Die Regierung in Singapur sorge mit einer enormen Effizienz für die Grundlagen, die für erfolgreichen Handel und Investitionen entscheidend seien, sagt sie und nennt etwa Rechtssicherheit, Transparenz und eine gute Infrastruktur.
Das schätzen viele. Mittlerweile sind mehr als 1400 deutsche Unternehmen in Singapur präsent. In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl verdreifacht. Nicht nur Konzerne wie Daimler, Bosch, Conti, BASF oder Siemens, auch etliche Mittelständler aus Baden-Württemberg sind darunter – etwa der Maschinenbauer Trumpf, der Pneumatikspezialist Festo, der Ventilatorenhersteller ebm_Papst, die Sensorenspezialisten Sick sowie Pepperl+Fuchs oder R.Stahl als Experte für Explosionsschutz. „Mittelständler, die in vielen Nischen Weltmarktführer sind“, freut sich Yeo.
Die sind ganz nach seinem Geschmack. Als Innovationstreiber mit nachhaltigem Geschäftsmodell genießen deutsche Mittelständler hohes Ansehen in Asien und verhelfen dem Stadtstaat zu weiterem Wachstum.
Singapur hat 5,3 Millionen Einwohner, ist mit 715 Quadratkilometern Fläche etwa so groß wie Hamburg und für viele die Drehscheibe nach Asien. Gerade im Wassergeschäft sieht Mann+Hummel Singapur als idealen Standort, wie Manager Winter sagt. Der weltweite Wasseraufbereitungsmarkt hat ein Volumen von rund zehn Milliarden Euro; besonderes Potenzial bietet Südostasien mit China und Indien. Vier Milliarden Menschen leben in Asien, das sind rund 60 Prozent der Weltbevölkerung. Die Entwicklung in Asien ist rasant – die Bevölkerung explodiert, Landwirtschaft und Industrialisierung wachsen und damit auch die Wasserverschmutzung und die zunehmende Verknappung von sauberem Wasser.
Als Autozulieferer ist Mann+Hummel schon seit Jahren in Asien präsent. 2009 ist das Ludwigsburger Unternehmen ins Wasserfiltrationsgeschäft eingestiegen. Seither hat der Mittelständler in Singapur mehr als 50 Millionen Singapur Dollar (knapp 30 Millionen Euro) dafür investiert – in den Aufbau eines Forschungs- und Entwicklungszentrums für Membranfiltration und eine eigene Filterproduktion durch den Kauf des lokalen Herstellers Ultra-Flo. Mann+Hummel beschäftigt im Wasserfiltrationsgeschäft in Singapur rund 100 Mitarbeiter, mehr als die Hälfte davon in der Produktion, wo die mannshohen Membranmodule hergestellt werden, die auf den ersten Blick wie überdimensionale Heizkörper aussehen.
Dabei geht es vor allem um die Aufbereitung von Prozess- und Abwasser für die Industrie, künftig soll auch die Trinkwasseraufbereitung aus Flüssen und Seen eine wichtige Rolle spielen – und damit auch Kommunen als Auftraggeber. Aufträge verspricht man sich vor allem von Singapur, denn der Stadtstaat will unabhängiger von Trinkwasserimporten werden. „Singapur ist von Wasser umgeben, hat aber kein eigenes Trinkwasser“, sagt Yeo. Bis zum Jahr 2060 will man dieses selbstständig erzeugen.
Yeo freut sich über Mittelständler wie Mann+Hummel. Singapur ticke ähnlich wie der deutsche Mittelstand, sagt er – langfristiger wirtschaftlicher Erfolg ist wichtiger als das schnelle Geld. Man denke nicht in Quartalsergebnissen oder Legislaturperioden, sondern in Generationen. Mittelständler hätten Angst vor Risiken, sagt Yeo. Die sind in Singapur überschaubarer angesichts politischer und rechtlicher Sicherheit. Singapur sei der unkomplizierteste Ort der Welt für die Abwicklung von Geschäften – das hat sogar die Weltbank bestätigt. Um für ausländische Firmen attraktiv zu bleiben, hat Singapur mit vielen Ländern Freihandelsabkommen geschlossen – auch mit den USA, mit der EU wird es bald so weit sein. Zudem entsteht in Fernost eine riesige Freihandelszone – von Korea bis Australien –, Produkte lassen sich relativ schnell ein- und auszollen. In sechs bis sieben Flugstunden seien alle asiatischen Städte zu erreichen, sagt Yeo.
Dass Singapur für viele deutsche Firmen attraktiv ist, sagt auch Hanna Böhme. „Wir bekommen sehr viele Anfragen von Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen“, sagt die Leiterin des German Centre, also dem Deutschen Haus in Singapur. Festo etwa hat dort ein Trainingscenter, Trumpf einen Showroom mit Maschinen für asiatische Kunden. Die meisten Firmen haben zunächst ein kleines Vertriebsbüro, ziehen um, wenn sie mit Produktion und Entwicklung nachziehen. Mit durchschnittlich sechs Prozent Wachstum sei Südostasien eine interessante Region, sagt Böhme.