Eine Station war der Badbrunnen. Alt-Bürgermeister Ernst Spadinger führt in die Historie ein. Foto: Reinhardt Foto: Schwarzwälder Bote

Freizeit: "Brunne-Sunntig": Ex-Bürgermeister Ernst Spadinger führt von Brunnen zu Brunnen

Das Wochenende in Deißlingen drehte sich um das Thema Wasser. Die Gruppe Kunst und Kultur hatte den "Brunne-Sunntig" ausgerufen. Am Samstag führte der frühere Bürgermeister Ernst Spadinger von Brunnen zu Brunnen.

Deißlingen (shr). Am Samstag führte Alt-Bürgermeister Ernst Spadinger zu den Deißlinger Brunnen. Spadinger kennt sich aus in der Geschichte seines Heimat-Orts. Deshalb übernahm er es, die Historie der Brunnen nachzuzeichnen. Er hat viel Interessantes zusammengetragen und in Geschichten verpackt.

Diese Geschichten wollten am Samstag viele hören. An die 100 Interessierte waren gekommen und machten sich mit Spadinger auf die zweistündige Runde. Los ging es am Kehlhof beim Rathaus, wo schon um 1730 der damalige Schlossherr von und zu Schleiß Wasserleitungen vom Bittelbrunnen nach Deißlingen hatte legen lassen. Zahlreiche weitere Brunnen bekommen ihr Wasser von dort. Auch die ergiebige Quelle im Pfarrgarten und der Brunnen beim evangelischen Gemeindehaus speisen etliche andere Brunnen.

Immer wieder entzündet sich Streit

Streit gab es allerdings auch immer wieder. So erzählte Spadinger von Kindern, die in einem Brunnen spielten und dabei die Wand des Nachbarn nass spritzten. Der muss sich wohl so sehr darüber echauffiert haben, dass er zunächst den Stöpsel aus dem Brunnen zog und dann die Sache ins Rathaus trug. Am Ende musste der Bürgermeister schlichten. Gestritten wurde außerdem, so Spadinger, um die Wassermenge und die Sauberkeit der Brunnen, die vor dem Bau von Wasserleitungen lebensnotwendig waren. Es wurde das Vieh getränkt, aber auch das Koch-, Putz- und Waschwasser geholt. Der Alt-Bürgermeister erzählte von den Brunnen auf dem Bauplan.

Dort standen viele Bauernhäuser, die alle einen Misthaufen vor dem Haus hatten. "Und die waren nicht alle dicht." Worauf ein alter, bis heute nicht aufgehobener Gemeinderatsbeschluss, hinweist: Wer bereit ist, seinen Misthaufen hinters Haus zu verlegen, bekommt einen Zuschuss vom Rathaus. Auch heute noch beschäftigen die Brunnen die Rathausmitarbeiter. Spadinger erzählte vom Brunnenwacher, der jeden Tag nachschaute, ob mit den Brunnen alles in Ordnung sei.

Deißlingen bekam sehr früh eine zentrale Wasserversorgung. Dass es Deißlingen überhaupt gebe, sei auch den vielen Quellen geschuldet. Denn wo es kein Wasser gebe, gebe es auch kein Leben.

Gegen den Willen des Volkes abgebaut

Wie viel Wasser Deißlingen hat, wird am Gupfen deutlich: Rund um Deißlingens Ortsmitte sprudeln fünf Brunnen. Um einen davon gab es viel Ärger: Hier stand einst ein mächtiger Brunnentrog aus Eisen, der der Obrigkeit allerdings wohl ein Dorn im Auge war. Und darum beschlossen Gemeinderat und Bürgermeister eines Tages, dass der Brunnen wegmüsse, ein kleines Brünnlein und Rosenrabatten sollten stattdessen hin.

Er könne sich bis heute nicht erklären, wie es sein Vorgänger fertig brachte, dies gegen den Willen der Bevölkerung durchzusetzen. Jedenfalls erzählt man sich, dass bei Abbau und Abtransport des Gupfenbrunnens viele Zuschauer den Hut vom Kopf nahmen und so ihre Trauer bezeugten. Der Brunnen wird wohl beim Schuler gelandet sein, so Spadinger.

Sein kleinerer Nachfolger steht heute gegenüber der Mittleren Mühle in der Friedrichstraße, ihm nachgefolgt sind im Jahr 2000 der Brunnen, der heute vor der ehemaligen Apotheke steht und das bei Kindern beliebte Wasserbecken an der Bushaltestelle.

Etwas weiter oben, Richtung Kirche, steht ein Waschbeton-Werk, der Nachfolger des einstigen "Ziginer-Brunnens", der wohl so breit war, dass hier auch das fahrende Volk Platz einnehmen durfte.

Der Hageverwürgerbrunnen, derzeit im Bauhof zwischengelagert, stammt aus Spadingers Amtszeit. Der damalige Zunftmeister, Hubert Lissy, und seine Vorgänger hätten ihn lange geplagt mit dem Wunsch nach einem Narrenbrunnen.

Am Ende des spannenden Rundgangs bekam Ernst Spadinger großen Applaus. Er dankte seinerseits den "KuKus", die mit dem "Brunne-Sunntig" die feuchte Geschichte des Orts ins Rampenlicht gerückt haben. Über die Veranstaltung am Sonntag berichten wir noch.