Gut in Form zeigten sich die Abstauber. Viel zu lachen gab es auch bei den Verhandlungen vor dem "Hohen Narrengericht". Foto: Reinhardt

Deißlinger Narrengericht urteilt über delikate Vorkommnisse. Schultes muss unbedingt den Kreisel verschönern.

Deißlingen - Es war ein langer Tag für die Deißlinger Abstauber. Den Tag über wurden in den Häusern die Kleidle abgestaubt. Beim Beisammensein am Abend im Hotel Hirt führte Beitragskassierer Joachim Wein für den wegen eines Trauerfalls verhinderten Zunftmeister Rolf Back mit viel Witz und Charme Regie.

Nachdem die Termine der Zunft bekannt gegeben und die Abstauber die vier Kleidle (Hage, Hoarn, Hannes und Res) abgestaubt hatten, wurde es ernst. Stehend wurde das "Hohe Narrengericht" im Saal empfangen. Dieses war vor sechs Jahren ins Leben gerufen worden, um Verfehlungen gegen das Deißlinger Brauchtum zu ahnden. Kassierer Martin Amann wurde von "Staatsanwalt" Elmar Schmeh als erster an den Pranger gestellt. Verschiedene Preise bei den Ausfahrten waren der Hauptanklagepunkt. So seien im Februar bei der Ausfahrt nach Nusplingen zehn Euro verlangt worden, wenig später bei der Fahrt zum Ringtreffen aber 13 Euro. Nach einigem Hin- und Her zwischen Kassierer, Staatsanwalt und Richter (Rainer Schmeh) wurde das Urteil vertagt und Amann wurde von den Politessen (Sybille Schmeh und Kerstin Podnar) in Gewahrsam genommen. Zeitungs-Schreiberling Siegfried Reinhardt wurde ebenfalls vorgeführt. Reinhardt habe grob fahrlässig gegen das Deißlinger Brauchtum gehandelt.

Die Anklage: Im letztjährigen Bericht über das Narrengericht habe Reinhardt die Zusammensetzung des unabhängigen und frei gewählten Narrengerichts de-spektierlich hinterfragt. Zusammen mit Martin Amann wurde Reinhardt dazu verurteilt, eine Broschüre zu gestalten zu sechs Jahre Narrengericht. Auflage 90 Stück. Dieses Werk sollen die beiden Autoren bei der Schlüsselübergabe am 1. März im Gemeindezentrum mit Bauchladen zum Preis von 0,51 Euro zu Gunsten der Narrenzunft verkaufen. Dadurch könnten die Ausfahrten in Zukunft vielleicht doch wieder etwas günstiger werden.

Nach diesem Prozess waren zwei "Großkopfete" an der Reihe. Zunächst die Lauffener Ortsvorsteherin Cordula Warmbrunn. Ihr wurde zur Last gelegt, beim letztjährigen Schwarzen Ball die Deißlinger als "Viren" bezeichnet zu haben. Grund für diese Aussage: Die Lauffener Mädchen verfallen den Deißlinger Burschen und ziehen von Lauffen weg. Deshalb sei das Ziel, die 2000 Einwohnergrenze zu überschreiten sehr schwer zu erreichen. Cordula Warmbrunn musste vor dem Gericht mit Desinfektionsanzug und Mundschutz erscheinen. Beim Umziehen halfen die Politessen. Man wollte damit verhindern dass der Virus auch auf die Ortsvorsteherin übergreift. Auch dieses Urteil ist nicht von schlechten Eltern: Am Fasnetmendig muss die Lauffener Ortsvorsteherin mit einem Gedicht über den "Virus" durch die Deißlinger Wirtschaften ziehen.

Zum Schluss wurde auch noch Anklage gegen den Schultes Ralf Ulbrich erhoben. Er habe durch das Aufstellen und Abbauen des Kunstwerks auf dem Kreisel in Richtung Lauffen Steuergelder verschwendet. Die Verteidigung des Angeklagten wurde auf 30 Sekunden begrenzt. Das war jedoch kein Problem für den scheinbar unerschrockenen Rathauschef. In wahrer Dieter-Thomas-Heck-Manier sprudelte es nur so aus Ulbrich heraus. Dafür gab es zwar Szenenapplaus, doch das Narrengericht orientiert sich an Fakten und urteilt gnadenlos: So hat der Schultes demnächst den "Kreisel" zu schmücken mit Bezug zur Deißlinger Fasnet.

Welche hohe Wertschätzung das Gericht mit seinen tollen Inszenierungen genießt, zeigte der große Schlussapplaus für die Mitwirkenden Gabriele Schmeh, Rainer Schmeh, Elmar Schmeh, Sybille Schmeh und Kerstin Podnar.