Darsha Hewitt stammt aus Kanada und residiert derzeit in St. Georgen. Foto: Rebekka Bösinger

Darsha Hewitt blickt aus künstlerischer Sicht auf die Geschichte der Schallplatten.

Darsha Hewitt, die derzeit bei Global Forest residiert, wandert auf den Spuren der Phonoindustrie. Was genau sie dabei tut und wofür sie alte Schallplatten, Hammer und Schellack braucht, verrät sie im Gespräch mit unserer Zeitung.

St. Georgen - Egal ob alte Fernseher, defekte Telefone, Funksender oder Schallplatten: Kaputte Geräte sind für Darsha Hewitt wahre Schätze. Für die Medienkünstlerin ist keine Herausforderung zu groß. Ihr Motto: "Egal wie unbrauchbar ein Gerät scheint, man kann immer etwas Neues daraus machen."

Im Rahmen des Förderprogramms "Kunst trotz Abstand" des gemeinnützigen Vereins Global Forest recherchiert die experimentelle Künstlerin die Geschichte der Schallplattenindustrie in St. Georgen. Aus beschädigten Platten will sie während ihres einmonatigen Aufenthalts bei Global Forest neue Platten recyceln und darauf Geräusche der Herstellung als neue Musik spielen.

Die seit 2015 in Deutschland lebende Kanadierin zerschlägt dafür zunächst die Platten, bis sie zu feinem Pulver zerfallen und mischt dieses mit Spiritus zusammen, sodass eine Flüssigkeit entsteht, aus der eine neue Platten-Form gemacht werden kann. Wie das Endergebnis aussehen wird, weiß sie bis jetzt selbst noch nicht genau. Für ihr Experiment plant sie, Muster in die Platten zu kratzen.

Hewitt wurde schon in ihrer Kindheit von ihrer Mutter und ihrem Vater inspiriert, die als Künstler und Antiquitätenhändler arbeiten. Dort prägte sich bereits der Gedanke ein, dass hinter jedem Gegenstand mehr steckt und es immer eine Geschichte zu erforschen gibt. Zunächst hatte sie sich nur wenig für technische Geräte interessiert, doch dies änderte sich, als sie anfing, an einer Universität zu arbeiten und dort ins kalte Wasser geworfen wurde. "Ich musste Dinge reparieren, obwohl ich bisher keine Erfahrungen mit technischen Geräten gehabt habe", erzählt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. "Ich musste deshalb einfach an mich selbst glauben und mit viel Zeit und Geduld konnte ich mir diese Dinge selbst beibringen." Im Zuge dessen lernte sie, dass man aus allem etwas Interessantes schaffen kann.

Dieses Verständnis will sie nun auch an andere Menschen weitergeben. Aus diesem Grund gibt sie Workshops und lehrt als Dozenten in verschiedenen Universitäten in Deutschland. Ihr Ziel ist es, die Tüftler-Kultur zu fördern.

Indem sie aus Alltagsgegenständen audio-kinetische Skulpturen erschafft und Apparate und deren elektrische Schaltkreise raffiniert manipuliert, um ein neues Gerät zu bauen, möchte sie außerdem dem hohen Plastikverbrauch entgegenwirken. Deshalb verwendet sie aktuell Schallplatten, die aus Schellack bestehen – einem biologischen Stoff, der aus Käfern gewonnen wird und Plastik sehr ähnlich ist.

Hewitt liebt es, ihr Umfeld zu erforschen und lässt sich gerne von anderen Personen in ihrer Umgebung inspirieren. Sie erzählt davon, wie defekte Geräte früher immer repariert wurden, wenn sie kaputt waren. "Heutzutage geht das gar nicht mehr, weil sich viele Apparaturen gar nicht mehr öffnen lassen", sagt sie. Davon will sie sich aber nicht aufhalten lassen. So findet sie selbst viele ihrer Materialien zufällig im Müll oder zum Beispiel in Kleinanzeigen.

Hier in St. Georgen fühlt sich die ehemalige Kanadierin bisher sehr wohl – auch dank des vielen Schnees. "Die Zeit ist hier wie ein Traum", schwärmt sie. "Ich habe schnell gemerkt, dass ich hier viel machen kann." Der Ort sei perfekt für sie, da sie hier viel Neues über die Geschichte der Schallplatten lernen könne.

Wie zum Beispiel der Ablauf der Aufnahme. Von Jörg Weißer, dem Leiter des Phonomuseums, konnte sie bereits einiges erfahren. "Man lernt viel mehr von einer Person, als man jemals aus dem Internet bekommen könnte", findet Hewitt. In den kommenden zwei Wochen will sie ihr aktuelles Projekt noch verbessern und in St. Georgen weiter daran arbeiten.