Auf den sozialen Plattformen kursieren Formulare zum Verzicht auf eine Behandlung im Fall einer Corona-Infektion. Was als harmloser Scherz gedacht ist, nehmen einige Nutzer den Kommentaren zufolge ernst. Foto: Facebook

Verzichtserklärungen kursieren auf Facebook - mit rechtlicher Wirkung?

Region - Per schriftlicher Erklärung auf eine Behandlung im Fall einer Corona-Infektion verzichten - geht das? Es klingt nach einem schlechten Scherz und als solcher sind die Formulare, die seit einigen Wochen auf Facebook und anderen sozialen Plattformen kursieren, wohl auch gedacht. 

Das Wort "Verzichtserklärung" prangt ganz oben, darunter können Name und Geburtsdatum eingetragen werden. Wie bei einem echten Formular. Dann kommt: "Ich bin der Meinung, bei Covid-19 handelt es sich um ...(Mehrfachnennung möglich)". Der Nutzer kann nun auswählen zwischen "eine harmlose Erkältung", "reine Panikmache" oder auch "eine Verschwörung". Weiter unten wird dann der Verzicht auf sämtliche intensivmedizinische Krankenversorgung im Fall einer Infektion erklärt. Es folgen Felder für Datum und Unterschrift. So oder so ähnlich sehen die Erklärungen aus.

Wann sind Erklärungen gültig?

Während einige Leser den Gag als solchen kommentieren, finden sich auch entrüstete Kommentare unter den Beiträgen, die die rechtliche Wirkung eines derartigen Formulars diskutieren. Angenommen, der ein oder andere druckt sich das Papier tatsächlich aus und läuft in der Tasche damit herum. Könnte der harmlose Scherz dann rechtliche Konsequenzen haben?

Um das herauszufinden, meint Robin Schray vom Justizministerium Baden-Württemberg, müsse man sich überlegen, um was es sich hier eigentlich handelt. "Der Verzicht ist erst einmal eine Erklärung. Dabei geht es weniger darum, in welcher Form die Erklärung abgegeben wird, ob schriftlich, mündlich oder sonst wie. Es geht darum, was sie beinhaltet. Hier wird auf eine medizinische Versorgung verzichtet. Und da müsste nun im Einzelfall geprüft werden, ob diese Erklärung überhaupt Gültigkeit haben kann." Das hänge von vielen Faktoren ab, zum Beispiel ob eine Person im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte sei oder ob sie schon erwachsen sei.

Wer im Übrigen denke, ein solches Formular entbinde ihn vom aktuell geltenden Kontaktverbot, hat weit gefehlt. "Das Kontaktverbot ist Gesetz, darauf kann man auch per Formular nicht verzichten", nennt Schray noch einmal, was klar sein sollte. "Es drohen Bußgelder, wenn man dagegen verstößt." Damit wissen wir aber noch nicht genau, ob ein selbst erstelltes oder aus Facebook heruntergeladenes Formular eine rechtliche Wirkung haben kann. Zu allem Weiteren, meint Schray, können Gesundheits- und Sozialministerium jedoch besser Auskunft geben.

Der Arzt verzichtet nicht auf eine Behandlung

Das Landesgesundheitsamt, so Sprecherin Lisa Schlager, könne zu rechtlichen Fragen natürlich nichts sagen, aber zur medizinischen Sichtweise gibt sie einen wichtigen Hinweis: Wenn eine Person ein solches Formular ausgefüllt habe und dann das Kontaktverbot missachte, sich anstecke und früher oder später beim Arzt lande, werde sie natürlich nicht vor der Tür stehen gelassen. "Aus medizinischer Sicht hat das keine Auswirkungen auf die Behandlung des Patienten." Das klingt zumindest wie erwartet danach, dass nicht jeder ein beliebiges Formular aufsetzen, es unterschreiben und damit etwas an seinen Rechten und Pflichten verändern kann. Abschließend geklärt ist jedoch nicht, welche Bedingungen gegeben sein müssen, damit ein Formular rechtskräftig wird.

Das Sozialministerium steht dieser Frage ratlos gegenüber. Da sei das Justizministerium zuständig. Da dieses jedoch auf das Sozialministerium verwiesen hat, hakt Pressesprecher Pascal Murmann persönlich noch einmal nach. Selbst er wartet jedoch eine geschlagene Woche vergebens auf die Antwort der Rechtsabteilung. Alles, was zurück kommt, ist eine weitere Stellungnahme - nicht von der Rechtsabteilung, sondern wieder vom Gesundheitsamt. Jedoch leider ohne neuen Inhalt.

Wir wissen also nicht abschließend, wann ein solches Formular gültig ist. Beunruhigend ist allerdings, dass es auf Landesebene auch niemand genau zu wissen scheint. Was wir wissen ist, dass der Arzt nicht auf die Behandlung des Patienten verzichtet, selbst wenn dieser das mithilfe eines aus Facebook heruntergeladenen Formulars gerne würde. Daher gilt natürlich nach wie vor die Devise: Zu Hause bleiben, immer gut die Hände waschen, und im akuten Krankheitsfall per Telefon den Hausarzt kontaktieren.