Auch Jugendliche können nun geimpft werden. Foto: imago images/MiS/via www.imago-images.de

Ab Montag fällt die Impf-Priorisierung in Deutschland. In Baden-Württemberg bitten Ärzteschaft und Sozialministerium um Geduld.

Stuttgart - Gut fünf Monate nach dem Beginn des Impfens gegen das Corona-Virus in Deutschland wird am Montag bundesweit die sogenannte Priorisierung gestrichen, die feste Reihenfolge für Impfberechtigte je nach Risiko. Impfen wird für alle möglich – auch für Junge und Gesunde.

Es tritt eine geänderte Impfordnung in Kraft. Im Entwurf dazu heißt es: „Ein Anspruch auf eine Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 besteht für alle Personen, unabhängig von ihrem Alter, ihres Gesundheitszustandes sowie ihrer beruflichen Tätigkeit und eines damit zusammenhängenden signifikant erhöhten Risikos für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf.“

Vorreiter bei den Hausärzten

Die Länder können die Priorisierung für ihre regionalen Impfzentren zwar noch beibehalten, wenn sie das wollen, Baden-Württemberg wird das aber nicht tun und auch in seinen Impfzentren die Priorisierung abschaffen. In den Hausarzt- und Facharztpraxen war das Land bundesweit Vorreiter gewesen und hatte die Priorisierung bereits Mitte Mai abgeschafft.

Gleichwohl wird es eine „versteckte“ Priorisierung zumindest in den Arztpraxen geben, denn da der Impfstoff bisher begrenzt ist, müssen die Ärzte entscheiden, wem sie ihn „im Rahmen der Verfügbarkeit der vorhandenen Impfstoffe“ zur Verfügung stellen. Norbert Metke, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg sagt: „Für Menschen mit einer Vorerkrankung oder einer Behinderung ist die Impfung beim Hausarzt weiterhin ein niedrigschwelliges Angebot.“ Die Hausärzte könnten am besten entscheiden, „wer zuerst eine Impfung braucht und sie impfen innerhalb ihres Patientenstammes die besonders gefährdeten Menschen zuerst“. Allerdings müsse man die Bürger um Geduld bitten, so Metke, der Impfstoff sei „begrenzt“ und die Arztpraxen könnten vorerst nur wenige Erstimpfungen anbieten.

Andrang auch schon vorher

Frank-Dieter Braun vom Vorstand des im Hausärzteverbands Baden-Württemberg sagt, das frühe Ende der Priorisierung in den Praxen sei richtig gewesen: „Wir hatten doch schon Probleme, wo kriegen wir einen Priorisierten her?“ Den Montag sieht Braun gelassen, der Andrang ist ja ohnehin schon da. Bei der Impfung von 13-Jährigen, so Braun, wäre er „erst einmal vorsichtig und abwartend“, es gebe ja noch viele über 16-Jährige, die keine Impfung haben.

Trotz der neuen Freiheit dürfte es für die allermeisten noch Wochen bis zur Impfung dauern. Tatsächlich können sich nun aber alle um Termine bemühen, auch für Kinder und Jugendliche über zwölf Jahren. Nachdem die Europäische Arzneimittelagentur EMA den Impfstoff von Biontech für über Zwölfjährige zugelassen habe, so teilt das Sozialministerium in Stuttgart mit, können sie damit in den Impfzentren und Arztpraxen geimpft werden. Eine offizielle Empfehlung der Ständigen Impfkommission stehe aber noch aus, bisher habe die Stiko angedeutet, dass sie die Impfung von Jugendlichen mit Vorerkrankungen empfiehlt, nicht aber generell für alle dieser Altersgruppe.

Geduld gefragt

Auch Uwe Lahl, Amtschef im Landessozialministerium, bittet um Geduld: „Das Ende der Priorisierung bedeutet nicht, dass jede und jeder direkt einen Termin buchen kann. Unser Ziel ist es, im Verlauf des Sommers jedem Erwachsenen, der das möchte, und denjenigen Jugendlichen ab zwölf Jahren, die selbst und deren Eltern das möchten, ein Impfangebot machen zu können.“

Wer sich am Freitag über den Impfterminservice durch ein Dutzend Impfzentren im Land klickte, der erhielt die immer gleiche Antwort: „Es wurden keine freien Termine in Ihrer Region gefunden. Bitte probieren Sie es später erneut.“ Das private Vermittlungsportal Impfterminradar meldete ebenfalls lediglich ausgebuchte Impfzentren mittels roter Kreuzchen. Laut dem Bundesgesundheitsministerium gibt es für Baden-Württemberg Lieferzusagen der drei Hersteller Biontech, Astrazeneca und Moderna in Höhe von rund 330 000 Impfdosen in jeder Woche für den Juni, in der letzten Juniwoche soll diese Ration auf 410 000 Impfdosen gesteigert werden.

Laut Zahlen des Sozialministeriums hatten am 1. Juni über 4,7 Millionen Menschen in Baden-Württemberg mindestens die erste Impfung erhalten, das sind 42,4 Prozent der Bevölkerung. Von den über 60-Jährigen waren 76,8 Prozent erstgeimpft und 38,4 Prozent zweitgeimpft.