Für die Impfung von Kinder plädiert die Hechinger Medizinerin Rita Ziebach, sie sieht aber auch die Erwachsenen in der Pflicht, die Folgen der Pandemie für die junge Generation abzumildern. Foto: dpa

Welche Auswirkungen hat Corona für Kinder und Jugendliche? Darum ging es am Montag beim Bürgerdialog des Landkreises. Zu Gast war Rita Ziebach, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin in Hechingen. Sie sieht vor allem die Eltern und alle Erwachsenen dabei in der Verantwortung.

Aktuelle Informationen zur Corona-Lage in unserem Newsblog

Zollernalbkreis - Rund eine Stunde lang ging Ziebach gemeinsam mit Landrat Günther-Martin Pauli auf Fragen im Zusammenhang mit Corona und Kindern ein. Welche Auswirkungen hat die Pandemie auf die junge Generation? Wie schwer sind die Folgen einer Corona-Infektion für Kinder? Und, klar: Soll man, wie es nun laut Empfehlung der Ständigen Impfkommission möglich ist, schon Fünfjährige impfen lassen?

Viele psychische Corona-Probleme

Ziebach beantworte all diese Fragen anhand ihrer mittlerweile 15-jährigen Erfahrung als Kinder- und Jugendärztin in Hechingen. So sei in ihrer Praxis während der Lockdown-Phasen die Zahl Infekte zunächst drastisch zurückgegangen – logisch, schließlich hatten Kinder und Jugendliche kaum noch soziale Kontakte, und jedermann hielt sich an Hygieneregeln. Deutlich angestiegen sei derweil die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit psychischen Problemen – ebenfalls Folgen des Beschränkungen, insbesondere der sozialen Kontakte und der Unsicherheit angesichts des allgegenwärtigen Virus. Ziebach berichtete von Essstörungen, Angstattacken, von Übersteigerungen, etwa Waschzwängen. Aktuell, da Kindergärten und Schulen offen sind, nehme die Zahl der Infekte wieder zu.

Kontakt zu Gleichaltrigen ermöglichen

Wie kann man Kinder vor einer Corona-Infektion schützen, sie gut durch die coronabedingt schwierige Zeit begleiten? Dabei sieht die Medizinerin vor allem die Erwachsenen in der Pflicht. Diese müssten "vernünftig" sein, die Masken richtig tragen, sich impfen lassen, die AHA-Regeln beachten. "Hygiene schadet nie", so Ziebach. Wichtig sei, dass Kinder die – durchaus verständlichen – Ängste ihrer Eltern nicht zu spüren bekommen. Wichtig sei, Kindern nicht das Gefühl zu geben, sie seien – weil etwa noch nicht geimpft – eine mögliche Gefahr für andere. Ziebach plädiert dafür, Kindern weiterhin Kontakt zu Gleichaltrigen zu ermöglichen. Das sei von elementarer Bedeutung für deren Entwicklung.

Impfstoff für Kinder kommt diese Woche

Viele Fragen beantworte Ziebach zum Thema Corona-Impfung für Jugendliche und Kinder. Die für die ab Zwölfjährigen ist ja bereits eine ganze Zeit möglich, die für Kinder ab fünf Jahren seit vergangener Woche – in dieser Woche soll der Impfstoff von Biontech in Baden-Württemberg ausgeliefert werden, zunächst rund 300 000 Dosen bis Jahresende. Kinder ab fünf Jahren erhalten ein Drittel der Erwachsenen-Dosis.

Viele Eltern warten nach Angaben der Mediziner "sehnlichst" darauf, ihre Kinder gegen das Virus immunisieren lassen zu können. Viele seien derweil auch skeptisch, etwa, weil hinter dem Impfstoff von Biontech die mRNA-Technologie stecke. Diese sei zwar nicht neu, deren Einsatz für andere Krankheiten wie Krebs oder Multipler Sklerose sei Gegenstand von Studien. Viele hätten dennoch Zweifel daran.

Nicht nur vorerkrankte Kinder

Klar, so Ziebach: Die Empfehlung der Stiko beziehe sich vor allem auf vorerkrankte Kinder ab fünf Jahren, grundsätzlich können aber auch gesunde Kinder geimpft werden. Dagegen spreche nichts, so Ziebach. Auch nicht, dass die überwiegende Zahl der Infektionen bei Kindern einen leichten Verlauf mit sich bringen und deutschlandweit nur wenige Corona-Todesfälle bekannt sind. Vor allem spreche dann nichts gegen eine Impfung, wenn dadurch möglicherweise Ängsten vorgebeugt werden könne, die durch die gegenwärtige Situation ausgelöst sind. Vereinfacht ausgedrückt: Besser eine gut verträgliche und wirkungsvolle Impfung als weitere psychische Schäden.

Nebenwirkungen? Sie habe inzwischen viele Jugendliche geimpft, so Ziebach, und außer den üblichen Beschwerden – Schmerzen und Rötung an der Einstichstelle, in wenigen Fällen grippale Symptome – seien ihr keine bei ihren Patienten bekannt. Mitunter löst die Impfung kurzzeitige Kreislaufprobleme aus, das sei aber bei anderen Impfungen ebenso der Fall. Das lege sich meist schnell wieder.

Angebot: Aktionen in Kreisimpfzentren

Erfolgen sollten die Impfungen von Kindern am besten bei deren Ärzten, diese seien dem Nachwuchs bekannt. Pauli bot derweil an, etwa in den drei Impfzentren des Landkreises am Hechinger Fürstengarten, in der früheren Meßstetter Kaserne und im Balinger Citycenter Impfaktionen speziell für Kinder ab fünf Jahren anzubieten. Vor allem für jene Kinder, deren Ärzte keine Impfungen verabreichen wollen. Solche der Impfung ablehnend gegenüber stehende Mediziner gebe es durchaus im Zollernalbkreis, so Ziebach – es handele sich aber um die Minderheit. Die meisten Kinder- und Jugendärzte befürworteten die Immunisierung.