Die Stuttgarter Comedian Harmonists mit Amelie Sturm in „Halleluja!“ Foto: Tobias Metz

In der Weihnachtsrevue „Halleluja!“ kehrt das Erfolgsensemble von 2019 zurück: Die Stuttgarter Comedian Harmonists und Amelie Sturm füllen das Alte Schauspielhaus Stuttgart mit Schöngesang und ganz viel guter Laune.

Stuttgart - Guck mal, wer da singt! In einer US-amerikanischen Shoppingmall, an dreckigen Tischen voller leerer Fast-Food-Verpackungen, erhebt sich ein Mann und singt. Halleluja! Eine Frau steht auf und singt mit, und dann sind es plötzlich ganz viele. Zu erleben ist ein musikalischer Flashmob: der „Halleluja“-Chor aus Händels Oratorium „Der Messias“. Den Zuschauern vor Ort stehen vor Staunen die Münder offen, und vielen Zuschauern dieses danach millionenfach angeklickten Videoclips dürfte ein Tränchen aus dem Auge gequollen sein.

 

Ein Halleluja geht immer

Ein Halleluja geht immer, auch wenn am Freitagabend andere zu hören sind. „Halleluja, sing ein Lied, halleluja, wir singen es mit“, heißt es im Lied von Kobi Oshrat Ventoora, und so fühlt sich jetzt auch das Publikum im Alten Schauspielhaus, das es schon vor diesem Finale kaum auf den Sitzen hält. Ironie der Geschichte: Als Gali Atari und Milk & Honey 1979 mit dem Titel den Eurovision Song Contest für Israel gewannen, gab es von Deutschland null Punkte. Jetzt aber hat der Song dem Comeback der vor zwei Jahren gecasteten Stuttgarter Comedian Harmonists seinen Titel gegeben. Und Leonard Cohens gleichnamiges Lied verleiht der „Halleluja“-Revue Farbe und Hintergrund. „Auch wenn alles schiefgegangen ist,“ heißt es da in deutscher Übersetzung, „werde ich vor dem Gott des Gesangs stehen mit nichts auf meiner Zunge als einem Halleluja.“

Gute Laune und Sentimentalität

Das passt, denn zu erleben ist ein Abend zwischen guter Laune und Sentimentalität. Für Letztere sorgt das bevorstehende Weihnachtsfest. Ihm zollen die fünf Sänger mit Arrangements von Weihnachtsliedern Tribut, die der kompetente Mann am Klavier, Florian Fries, in ebenso raffinierter wie bewährter Comedian-Harmonists-Manier erstellt hat, also im Stil der so genannten Close Harmony, gespickt mit vielen parallel geführten Zwei-Ton-Abständen (Terzen), die für eine optimale Verschmelzung der Stimmen sorgen. Dass diese harmonische Dichte außerdem den Vorteil hat, dass Intonationsprobleme weniger auffallen, hört man bei einigen Liedern, in denen einzelne Sänger solistisch auftreten. Dort wird dann schon mal der eine oder andere Ton nicht optimal getroffen – aber das sind Kleinigkeiten, die den tollen Gesamteindruck nicht trüben.

„Help“ von den Beatles und Reinhard Meys „Sauwetterlied“

Neben „O Tannenbaum“, „Stille Nacht“, „Herbei, o ihr Gläubigen“ (hier auf Latein: „Adeste fideles“) und US-amerikanischer Christmas-Heiterkeit im Stil von „Rudolph, the Red Nosed Reindeer“ gibt es zudem Hits, mit denen sich bestimmt auch die originalen Comedian Harmonists gerne geschmückt hätten. Etwa „Help“ von den Beatles. Reinhard Meys „Sauwetterlied“; als Gegenmodell Udo Jürgens’ „Und immer, immer wieder geht die Sonne auf“. Und dann ist da noch das große Thema des ersten Programmteils. Es ergibt sich auch dadurch, dass die Sängerin und Schauspielerin Amelie Sturm als Moderatorin durch den Abend führt.

Das tut sie charmant, wenngleich nicht immer vollends kitsch- und peinlichkeitsbefreit. „Wenn die Nächte lang sind, sehnt man sich nach jemandem zum Kuscheln“, seufzt Sturm. Aber auch wenig später: „Der Mann stammt vom Gockel ab.“

Neues aus der alten Abteilung Männer versus Frauen

Und schon sind wir mittendrin in der Abteilung Männer versus Frauen. Ein unerschöpfliches Thema. Die fünf Sänger steuern, na klar, „Männer“ von Herbert Grönemeyer bei, außerdem Farin Urlaubs „Männer sind Schweine“. Tom Jones’ „Sex Bomb“ garnieren sie mit laszivem Hüftschwung – schließlich hat die Veranstaltung den Untertitel „inszeniertes Konzert“, und Klaus Seiffert, der auch die Moderationstexte geschrieben hat, sorgt auf der mit Glitzerglimmer, blinkenden Glühlämpchen, Mini-Tannenbäumchen und Knusperhäuschen ausgestatteten Bühne (Barbara Krott) für oft sehr witzige Momente – die Choreografien dazu hat Mario Mariano erdacht.

Geschmacksampel auf Dunkelgelb

Zwischen den markanten Glatzköpfen des ersten Tenors Tobias Rusnak und des Basses Tobias Hagge spannt sich höchst Lebendiges auf: Die fünf Männer singen nicht nur wundervoll sahnig, sondern geben auch „Mister Sandman“ im Babylook, tänzeln bei „Das ist die Liebe der Matrosen“ im Marinedress über die Bühne und geben Norbert Daums „Oh, du fette Weihnachtsgans“ mit Federflügeln auf dem Rücken. Auch hier steht die Geschmacksampel manchmal auf Dunkelgelb, aber das passt zur Jahreszeit, und Mann zieht ja auch gerne mal einen mit Elchen reichlich bestückten Norwegerpulli an oder zuckelt mit Rentiergeweih über die Bühne. Macht nicht nur nix, sondern ist ein Vergnügen. „Ein Hoch auf uns“, zitiert das Quintett Andreas Bourani, „Feliz Navidad“ gibt es auch noch, und am Ende geht aus einer Publikumsabstimmung ein eindeutiger Sieger hervor. „Schöne Isabella aus Kastilien, nimm deine ganzen Utensilien und komm zurück zu mir nach Spanien“: Da sind aus den Stuttgarter Comedian Harmonists weiß gewandete Toreros geworden, olé!, und Amelie Sturm hofft, „dass das ganze Jahr so weitergeht wie heute Abend“. Na, das kann ja heiter werden.