Robert Tolo blickt optimistisch in die Zukunft. Der einstige Intensivtäter hat durch Schwitzen im Ring den Weg ins Arbeitsleben gefunden. Foto: Peter Petsch

Die Cannstatter Work and Box Company in der Mercedesstraße betreut derzeit 14 kriminelle Jugendliche. Seit ihrer Gründung vor einem Jahr hat sie zwei ihrer Klienten in die Berufsausbildung gebracht, sieben absolvieren Praktika.

Stuttgart - Der 18-jährige Robert Tolo ist ein jugendlicher Intensivtäter. Mit 14 Jahren hat ihn ein Gericht wegen schwerer räuberischer Erpressung zu 140 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. „Ich habe mit anderen zwei junge Männer geschlagen und getreten“, sagt der 18-Jährige. Auf die Frage nach dem Grund sagt er: „Ich weiß es nicht, wir hatten halt unsere Anfälle.“ Seinen Werkrealschulabschluss hat der Sohn kroatischer Eltern aus Untertürkheim geschafft, obwohl er sich schon ab elf Jahren mit einer Clique bis spät in die Nacht herumgetrieben hat: „Ich war halt in den falschen Kreisen.“

Vor dem Abrutschen in die Drogenszene haben Robert Tolo die Eltern bewahren können: „Ich habe eine kurze Zeit lang Haschisch konsumiert, aber wegen der Drohung meiner Eltern, mich darauf testen zu lassen, aufgehört.“ Stattdessen haben Tolo und seine Spezis Geld an Automaten verzockt: „Es hat locker angefangen, dann haben wir wegen Geldmangels Leute überfallen und einem Opfer das Butterfly-Messer an den Hals gesetzt.“ Wegen schweren Bandendiebstahls und besonders schweren Diebstahls in drei Fällen verbrachte er die Zeit zwischen 30. Januar und 4. März in Untersuchungshaft. Tolo wirkt locker und blickt optimistisch in die Zukunft. Vor zweieinhalb Monaten kam er in die Work and Box Company. Jetzt haben seine Betreuer für ihn eine regelmäßige Arbeit bei einer Fast-Food-Kette gefunden.

„Wenn ich ihnen vorschlage, dass wir die Boxhandschuhe anziehen und in den Ring steigen, dann löst dies bei ihnen Stress aus, ich sehe, wie sie damit umgehen“, sagt Jürgen Zenkel von der Work and Box Company in Taufkirchen bei München. Sie existiert seit zehn Jahren, betreut derzeit rund 200 Jugendliche und hat ihren Erfahrungsschatz seit einem Jahr in den Aufbau der Stuttgarter Work and Box Company einfließen lassen. Mit dem Boxen, sagt der Sozialpädagoge, wolle man weder Champions heranziehen noch jugendlichen Kriminellen Know-how für weitere Straftaten bieten: „Die jungen Leute dürfen erst in den Ring, wenn sie nicht mehr aggressiv sind. Das Training dient dem Aufbau von Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit, denn Körperverletzungen begeht man erfahrungsgemäß immer aus Unsicherheit heraus.“

Am Anfang steht Verhaltens- und Sozialtraining

Roland Klapper ist Verhaltenstherapeut. Der ehemalige Boxer ist jetzt Boxtrainer und benutzt den Sport als Medium der Therapie. In diversen Vollzugsanstalten hat er auf diese Weise mit Häftlingen gearbeitet, heute betreut er mit Jens Letzig, Udo Fuchs und Jugoslav Jukic die jungen Leute in der Work and Box Company. Alle vier sind ausgebildete Handwerker. In der Werkstatt der Company testen die Pädagogen bei Holz- und Metallverarbeitung oder am Computer, wo die Stärken ihrer Zöglinge liegen. Dann suchen sie bei Unternehmen in der Region nach Praktikums- und Ausbildungsplätzen.

Wer in die Company kommt, beginnt mit Verhaltens- und Sozialtraining. Viel Sport und Rollenspiele stehen auf dem Programm. „Ich lasse die Jugendlichen über sich schreiben, um ihnen ihr Verhalten bewusst zu machen. Sie schreiben gerne über sich. Viele können gut mit Menschen umgehen und wollen Verkäufer werden“, sagt Roland Klapper. In der handwerklichen Orientierungsphase nehme man echte Aufträge an, darunter Umzüge, Aufstellen von Spielzeug oder Reparaturen. In der Bewährungsphase komme das Boxtraining dazu, und die Suche nach Praktika und Ausbildungsplätzen beginne. Klapper: „Einige werden die Ausbildung niemals schaffen. Wir gehen mit ihnen auf Baustellen und sprechen mit Hilfsarbeitern. So sehen sie, dass es nicht nur auf Meister, sondern auch auf Ungelernte ankommt. Das gibt Selbstvertrauen.“