Michael Nortmann (links) und der Wahl-Calwer Markus Kleinschmidt fahren mit dem historischen Gefährt nach Neapel. Foto: Kleinschmidt

Der Wahl-Calwer Markus Kleinschmidt und sein Freund Michael Nortmann starten gemeinsam zu einer Reise nach Neapel – in einem DDR-Trabant mit gerade mal 26 PS.

Calw - Was nach einer Schnapsidee klingt, könnte zur Reise ihres Lebens werden. Am 26. März starten Markus Kleinschmidt aus Calw und Michael Nortmann aus Erfurt nach Neapel. Das wäre an sich nichts besonderes, wäre das Gefährt nicht ein DDR-Trabant mit nur 26 PS und lägen nicht die Alpen und das Apennin zwischen Start und Ziel. Zudem hat der Motor des Trabi schon 96 000 Kilometer runter, wo doch die Firma Sachsenring auf den Zweitakter mit Duroplast-Karosse lediglich eine Gewährleistung für 60 000 Kilometer verspricht. Auf dem Weg dorthin folgen die beiden Freunde fast detailgetreu den Spuren der Familie Struutz, die sich im Film "Go Trabi Go" im Sommer nach der Wende auf den Weg nach Italien machte.

Die beiden Männer, die sich seit Kindertagen kennen und jetzt in Erfurt und Calw ihren Lebensmittelpunkt haben, hatten sich 2021 mal wieder sowohl den Kultfilm "Go Trabi Go" als auch das Roadmovie "25 Km/h" angeschaut, in dem Lars Eidinger und Bjarne Mädel mit Mofas auf einem Trip durch Deutschland zu sehen sind. Zwei Sätze aus diesen Filmen und ein paar Bierchen sollten genügen, eine verrückte Idee in die Realität umzusetzen. "Neapel sehen und sterben" und "Wenn wir es jetzt nicht tun, tun wir es niemals". Der erste Satz prangt wie im Film auch schon am Kofferraum der "Pappe", wie der Trabi schon immer liebevoll genannt wurde.

Mitglied in Facebook-Gruppe

Jetzt fehlte nur noch die konkrete Umsetzung, um die sich hauptsächlich Kleinschmidt kümmerte. Also kaufte er vor einem Jahr einen Trabi und ließ ihn von einem Experten aus Calw auf Vordermann bringen, denn weder Kleinschmidt noch Nortmann haben die leiseste Ahnung von Autos, wie sie selbst einräumen. Um auf Nummer sicher zu gehen wurde auch gleich ein Ersatzmotor beschafft, der bei einem Trabi locker und leicht in eine Sporttasche passt und lediglich 45 Kilogramm wiegt. Sollte dann unterwegs etwas schiefgehen, erhoffen sich die beiden Freunde Hilfe in Italien, wo seit der Wende in den westlichen Ländern die meisten der DDR-Gefährte zugelassen sind. Kleinschmidt und Nortmann sind bereits Mitglied einer italienischen Trabi-Facebookgruppe, in der die ersten Mitglieder bereits angeboten haben, das deutsche Team auch mal ein paar Kilometer im Konvoi zu begleiten.

Da lediglich der Start nicht wie im Film aus organisatorischen Gründen in Bitterfeld stattfinden kann, werden sich die beiden ab den Alpen auf die Spuren von Wolfgang Stumph begeben, der im Film den leicht naiven Familienvater spielt. Im weiteren Verlauf wollen sie aber möglichst auf originalgetreuer Strecke vorankommen, immer schön auf Landstraßen und mit dem Filmsoundtrack auf Kassette aus dem Autoradio. Dafür geht es erst einmal über den Brenner an den Gardasee. Dort hat Kleinschmidt sogar den Campingplatz ausgemacht, auf dem der Film eine wichtige Wende nahm. Da aber dieser Campingplatz im März noch geschlossen ist, ist das erste Etappenziel Brescia, wo viele Filmszenen, die eigentlich in Rom spielen sollen, gedreht wurden. Vielleicht ein gutes Omen, wurden der Familie im Film am Gardasee ja auch die Räder geklaut.

Pfefferminzlikör dabei

Mitnehmen können die beiden nur das Notwendigste, damit das Vorhaben nicht aus Gewichtsgründen zu scheitern droht. "Im Prinzip reden wir von einer Zahnbürste, einem Ersatzschlüpfer und ein paar Flaschen Bier", so Nortmann. Dazu kommt noch ein Werkzeugkasten und ein Mischkanister, denn das DDR-Fahrzeug fährt mit einem Gemisch 1:50, also ein Teil Zweitaktöl auf 50 Teile Super. Auf jeden Fall dabei ist aber wie im Film Goethes "Italienische Reise", anhand dessen Wegbeschreibung sich die zwei den Weg nach Neapel zu finden erhoffen. Nach aller Planung und abzüglich des Eigengewichts der Passagiere hoffen Kleinschmidt und Nortmann, noch genau eine Palette Sterni-Bier und die ein oder andere Flasche typischen DDR-Pfefferminzlikörs einpacken zu können. Planung ist alles.

"Für uns ist der Weg das Ziel", erklärt Kleinschmidt. Sie werden sich auf der Reise auch ein wenig treiben lassen. "Wenn es uns irgendwo gefällt, machen wir Rast und schauen uns die Gegend an." So soll es abseits der Originalroute noch ein paar kleine Abstecher nach Venedig oder Pisa geben – wenn es die Zeit und der Zustand der Rennpappe erlaubt.

Lustigerweise hat der im Kulturamt der Stadt Calw tätige Kleinschmidt bei der Routenplanung festgestellt, dass sie an zwei Partnergemeinden Calws, Latsch in Südtirol auf der Hinreise und Collina d’Oro im Tessin auf der Heimreise, vorbeikommen, wo sie der Verwaltung einen Besuch abstatten möchten. Am 1. April wollen dann beide in Neapel ankommen und nach zwei Tagen wieder die Heimreise antreten. Sollte alles wie geplant funktionieren, werden Kleinschmidt, Nortmann und Horst – der Trabi hat nach guter DDR-Tradition auch einen Namen bekommen – pünktlich zur Feier des 40. Geburtstags des Wahlcalwers am 8. April zur Zieleinfahrt in Calw erwartet.