Kommunales: Gemeinderat entscheidet einstimmig / Noch gibt es große Rücklagen und Reserven

Der Althengstetter Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung den Haushalt für das laufende Jahr einstimmig abgesegnet. Bei den Räten überwiegt der Optimismus – trotz der gegenwärtigen Lage und wachsenden Schulden.

Althengstett. Irgendwie schien Althengstetts Bürgermeister Clemens Götz an diesem Abend den Entscheid seines Gemeinderats über den Haushalt 2020 gar nicht abwarten zu können – übersah er doch glatt in der Sitzungsleitung zwei Tagesordnungspunkte, die es zuvor noch abzuarbeiten galt. Aber das war schnell erledigt während der "Corona"-Sitzung des Gremiums im weiten Rund der Festhalle. Dann bekam Gemeinde-Kämmerin Ingrid Schmidt das Wort, das druckfrisch vorgelegte, akkurat gebundene und 356-Seiten starke Zahlenwerk noch einmal vorzustellen. Doch so schick das Werk mit seinem "gestrichenen", wertigen Papier auch daherkommt – es wird in diesem Jahr begleitet durch eine Vielzahl von Unsicherheiten. Nicht nur wegen der aktuellen Corona-Krise.

Der Haushalt fürs laufende Jahr – am Ende einstimmig verabschiedet vom Gemeinderat – ist der erste der Gemeinde Althengstett nach dem neuen Haushaltsrecht (Doppik). Weshalb alle enthaltenen Zahlen "unter Vorbehalt" stünden, so Schmidt – weil erst zum Ende des Jahres beispielsweise die für eine ordentliche Bilanzierung der Gemeindefinanzen notwendige Bewertung des vorhandenen Anlagevermögens (etwa der Wert der gemeindeeigenen Liegenschaften) vorliegen werde, an deren Ermittlung aktuell ein beauftragter Gutachter arbeite. Aber erst, wenn man den Wert dieses Anlagevermögens von Althengstett exakt beziffern könne, seien zum Beispiel verlässliche Aussagen zu deren Abschreibungen (Wertverlust durch Nutzung) auch verlässlich möglich. Trotzdem taucht ein Wert dieser Abschreibungen im Haushaltsplan 2020 auf: mit rund einer Million Euro hat Kämmerin Schmidt diese taxiert. Genauer gesagt: geschätzt.

Weitere große Unsicherheit: der Einbruch zum Beispiel bei der Gewerbesteuer durch Corona. Noch 2019, so erinnerte später etwa Rainer Kömpf (UWV) in seiner Haushaltsrede, habe man hier rund 1,3 Millionen Euro (insgesamt fast 5,5 Millionen Euro) mehr eingenommen als ursprünglich geplant. Einen weiteren "nicht unerheblichen Betrag" konnte man da zudem aus der Grundsteuer verbuchen. "Als Gemeinde waren wir noch nie so gut aufgestellt", so Kömpf. Entsprechend hoch jetzt die Fallhöhe: schon mal um 1,2 Millionen Euro habe man die veranschlagten Einnahmen aus der Gewerbesteuer durch Corona im Haushalt 2020 reduziert, so Schmidt – auf im Moment 3,8 Millionen Euro. Ob das am Ende reichen werde – da zeigte sich nicht nur Bürgermeister Götz eher kritisch.

Weitere – zusätzliche – Unsicherheiten gibt es bei der Entwicklung der Schlüsselzuweisungen von Bund und Land, die den größten Einnahmeposten für die Gemeinde darstellen. Weshalb sich durch alle Haushaltsreden des Abends wie ein roter Faden die Einschätzung zog, dass man in diesem "als angespannt zu betrachtenden" (Zitat Kämmerin Schmidt) Haushaltsjahr würde "auf Sicht" fahren müssen. Soll heißen: Ausgaben und Investitionen nur dort wo unbedingt sinnvoll; und Einsparungen realisieren wo nur irgendwie möglich. Wobei es bei der Auslegung dieser Einschätzung je nach Fraktion im Gemeinderat durchaus auch Unterschiede gab.

Trotz positiver Kassenlage: Schuldenstand macht großen Sprung nach oben

Während etwa Hartmut Weber (Freie Wähler) auch trotz der angespannten Haushaltsituation nicht bei Planstellen in Rathaus und den kommunalen Einrichtungen sparen möchte, sieht Rüdiger Klahm (CDU) genau hier an erster Stelle das Potential, mit spitzer Feder zu kalkulieren. Wobei es ihm ebenfalls nicht um eine Reduzierung der Planstellen oder Nichtbesetzung freier Stellen gehe, sondern um einen Verzicht auf das Schaffen neuer Posten.

Einigkeit bei den Räten über alle Fraktionen herrschte darüber, dass man aber auf keinen Fall bei den laufenden großen Investitions-Projekten wie dem Neubau der Kindertagesstätte in der Poststraße oder der Erschließung des Neubaugebiets Brunnenstraße jetzt in Panik den Rotstift ansetzen sollte. Aber neue Großprojekte wie die Entwicklung von weiteren Bauflächen etwa in der Stuttgarter Straße oder im Quartier am Bahnhof solle man für die nächsten zwei, drei Jahre eher nicht angehen. Übrigens: Sämtliche Haushaltsreden der im Althengstetter Gemeinderat vertretenen Fraktionen gab es in diesem Jahr während der Präsenz-Sitzung nur "in Kurzform" – werden aber im vollen Wortlauf auf der Homepage der Gemeinde zum Nachlesen veröffentlicht werden.

Was auch in den verkürzten Reden der Fraktionsführer im Althengstetter Gemeinderat sehr deutlich wurde: Auch wenn die Haushaltsituation aktuell sehr schwierig sei, überwiegt bei allen Räten der Optimismus, auch für diese Zeit in Althengstett optimal gerüstet zu sein – dank solider Haushaltsentwicklung und Disziplin in den Vorjahren. Und noch einiger vorhandenen Rücklagen: die beliefen sich zum Ende des Haushaltsjahrs 2019 voraussichtlich (der endgültige Jahresabschluss liegt noch nicht vor) auf rund 7,2 Millionen Euro (Ende 2018: rund 8,8 Millionen Euro), von denen im laufenden Jahr nach der aktuellen Planung – neben einer Netto-Kreditaufnahme von 3,1 Millionen Euro – knapp 1,5 Millionen Euro entnommen werden müssten. Bei den liquiden Mitteln (Barvermögen) ist die Gemeinde Althengstett mit einem Bestand von knapp 5,2 Millionen Euro ins Jahr 2020 gestartet, die sich laut Plan auf 3,7 Millionen Euro bis zum Ende des Jahren reduzieren dürften.

Trotz dieser positiven "Kassenlage" wird der Schuldenstand der Gemeinde gemäß Plan einen großen Sprung nach oben machen: allein im Kernhaushalt wird das Saldo von zu Beginn des Haushaltsjahres knapp 2,8 Millionen Euro auf rund 5,5 Millionen Euro zum Jahresende ansteigen – bei gleichzeitiger Tilgungen von rund 420 000 Euro. Weitere Schulden kommen aus den Eigenbetrieben Wasserversorgung (bis Ende des Jahres: 937 000 Euro) oder Abwasser (7,6 Millionen Euro), wobei in den Schulden der Eigenbetriebe Abwasser ein "Trägerkredit" (über ursprünglich 7,6 Millionen Euro) der Gemeinde an sein Eigenbetrieb enthalten ist – die Kommune hier also Kreditgeber und -nehmer ist. Unter dem Strich belaufen sich Althengstetts "konsolidierte Gesamtschulden" damit zum Ende 2020 auf rund 7,2 Millionen Euro.

Aber "Schulden sind ja auch nichts Unmoralisches", so Bürgermeister Götz im weiteren Verlauf der Sitzung. Zumal Kommunen aktuell extrem günstig an geliehenes Geld herankämen und sich so Spielräume in immer schwierigeren Zeiten sichern könnten.