Im September wird das 30-jährige Bestehen des Altburger Bauernhausmuseums gefeiert. Foto: Fritsch

Ehemaliger Betrieb Paulus soll im einstigen Hühnerstall untergebracht werden. Noch Formalien zu klären.

Calw-Altburg - Wer wissen will, wie das Leben eines Bauern im Calwer Wald in der Vergangenheit ausgesehen hat, ist im Altburger Bauernhausmuseum an der richtigen Adresse. Stall, Scheuer und Wohnung zeigen die Atmosphäre eines Bauernhauses anno dazumal. Jetzt soll die Einrichtung erweitert werden.

Ein Ort zum Erleben, Entdecken, Staunen, Verweilen, zum Nachdenken, aber auch zum Schmunzeln – das ist die Einrichtung seit drei Jahrzehnten. Das Museum wirkt auf Einheimische und Besucher so authentisch, als wären seine Bewohner gerade auf dem Feld und kämen in Kürze zurück. Der größte Teil der Einrichtungsgegenstände stammt aus Altburger Häusern und aus der näheren Umgebung – auch einer der Gründe, warum sich die Bevölkerung in und um Altburg sehr zu dem Haus hingezogen fühlt und es deshalb auch immer wieder mal besucht.

Professor lobt das Gesamtkonzept

"Diese Einrichtung stiftet Identität mit der Ortsgeschichte und dem Wohnumfeld sowohl für die seit Generationen ortsansässigen Bewohner als auch die aus anderen Regionen zugezogenen", hat beispielsweise schon Roland Hahn die Einrichtung gelobt. Der Professor ist Mitglied im Vorstand des Fördervereins des Linden-Museums in Stuttgart und war bei seinem Besuch sehr angetan vom Altburger Museumskonzept.

Gehegt und gepflegt wird das Gebäude von der Arbeitsgemeinschaft Bauernhausmuseum mit dem ehemaligen Altburger Ortsvorsteher Willi Hanselmann an der Spitze, die damit ein wichtiges Stück Ortsgeschichte bewahrt. Der jüngste Plan: das Bauernhausmuseum um die ehemalige Schmiede Paulus, hinter dem Schulhaus gelegen, zu erweitern. Als Standort schlagen die ehrenamtlichen Historiker den ehemaligen Hühnerstall nahe des Backhauses vor.

"Einer unserer Helfer hat einst seine Ausbildung in der Schmiede gemacht und das Projekt angestoßen", sagt Hanselmann im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Man habe sich mit den Erben in Verbindung gesetzt und mit dem Vorhaben, Zeugnisse des alten Handwerksbetriebs retten zu wollen, offene Türen eingerannt. Im früheren Hühnerhaus sollen künftig einige Mal im Jahr Vorführungen angeboten werden, an einen dauerhaften Betrieb der Schmiede sei freilich nicht gedacht.

Abstand zur Bebauung wird unterschritten

Kreis- und Stadtbrandmeister haben keine Bedenken, was diesen Standort betrifft. Nach Rücksprache mit dem zuständigen Schornsteinfeger ist für eine Inbetriebnahme der Schmiede, da ein Kamin und dessen Bau erforderlich ist, allerdings eine Befreiung von den gültigen Vorschriften notwendig, so Hanselmann. Der Mindestabstand von 15 Metern rund um die Schmiede von jeglicher Bebauung ist nämlich nicht gegeben.

Gütliche Einigung mit den Nachbarn

Eine Befreiung von diesem Mindestabstand kann durch das Bauordnungsamt der Stadt erteilt werden. "Die Baurechtsbehörde ist gerade dran und klärt das ab", äußerte sich Ortsvorsteher Davide Licht auf Anfrage. Generell seien er und Oberbürgermeister Ralf Eggert von den Plänen für die alte Schmiede sehr angetan. Das Museum werde generell gut angenommen und man unterstütze das Vorhaben gerne.

Um die Schmiede in Betrieb nehmen zu können, muss zudem ein Stromanschluss hergestellt werden. Die Arbeitsgemeinschaft will diese unabhängig von einer Befreiung zur Nutzung im Museum ausstellen. "Dann eben nicht in Betrieb, was natürlich aber viel schöner wäre", sagt der ehemalige Ortsvorsteher. Auf alle Fälle lege man Wert auf eine gütliche Einigung mit den Nachbarn zum ehemaligen Hühnerhaus.

Um einen Rück- und Ausblick wird es nach Angaben Hanselmanns am 1. September gehen, wenn an das 30-jährige Bestehen der Einrichtung und dessen Entstehungsgeschichte (siehe "Info") erinnert wird. Im August sei zudem eine historische Feuerwehrübung geplant. "Ich bin froh, dass die Arbeitsgemeinschaft zuverlässige Helfer hat. Ohne diese wäre das alles nicht möglich", lobt Hanselmann seine Mitstreiter.

Seite 2: 4000 Arbeitsstunden in eineinhalb Jahren

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Bauernhausmuseum bieten regelmäßig ein Programm mit verschiedenen Aktionen und Themen an. In der Küche erfährt man Altes und Neues übers Kochen und Backen mit einfachen Mitteln sowie Waren von früher und heute. Daneben kann man das mehr als 200 Jahre alte Bauernhaus, das im Stil des Oberen Calwer Waldes gebaut und eingerichtet ist, im Rahmen von Führungen kennen lernen. Unter anderem können das Himmelbett im Schlafzimmer und der gusseiserne Ofen in der Wohnstube bewundert werden. Viehstall, Webstuhl und Geräte der Haus- und Feldarbeit bieten einen Einblick in die Arbeitswelt eines Bauern in dieser Zeit.

1813 wurde das Haus von Benjamin und Katharine Lercher aus Altburg als Bauernhof erbaut. Bis zur Jahrhundertwende erlebte es einige Eigentümerwechsel. Dann übernahm die Familie Rentschler den Hof, führte und bewirtschaftete ihn, bis sie 1967 in ihren neu erbauten Aussiedlerhof umzog. Das alte Haus in der Theodor-Dierlamm-Straße erwarb die damalige Gemeinde Altburg und vermietete es 20 Jahre lang an eine kinderreiche Familie.

Schon Anfang der 1980erJahre hatte der damalige Vorsitzende des Altburger Schwarzwaldvereins, Georg Bohnet, die Idee, ein Bauernhausmuseum im Ort einzurichten. 1988/89 wurde diese in eineinhalb Jahren Umbauzeit in dem heutigen Haus verwirklicht. 85 Helfer leisteten mehr als 4000 ehrenamtliche Arbeitsstunden. Sie renovierten das Haus so, wie es heute zu sehen ist: als Einblick in die Lebens- und Arbeitswelt in einem Bauernhaus des Calwer Waldes im 19. Jahrhundert.