Bei der ENCW ist man über den Vergleichsvorschlag des OLG Stuttgart in Sachen Wasserpreis nicht glücklich, spricht aber trotzdem von einem Erfolg. Foto: Fritsch

Oberlandesgericht schlägt zerstrittenen Parteien Vergleich vor. Verfahren läuft schon seit 2009. Mit Kommentar.

Calw - Manchmal geht es auch in einem Gerichtsgebäude zu wie auf einem türkischen Basar. Wie gestern bei der mündlichen Verhandlung im Wasserkartellverfahren gegen die ENCW vor dem Kartellsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart.

Darf’s bei der Wasserpreissenkung ein bisschen mehr oder weniger sein? Herausgekommen ist ein Vergleichsvorschlag zur Beendigung des Rechtsstreits zwischen der Energie Calw (ENCW) und der Energiekartellbehörde (EKartB), mit dem das OLG das Verfahren beenden will. Für die Jahre 2008 und 2009 soll der Wasserpreis rückwirkend von 2,79 Euro auf 2,40 Euro gesenkt werden.

Darüber können die Beteiligten bis Anfang August beraten. Am 5. September will das OLG seine Entscheidung verkünden. Wobei dem Vorsitzenden Richter Gerhard Ruf bei dieser Ankündigung bewusst war, dass dies noch nicht das Ende vom Lied sein muss.

Bevor es zu dem Preisgeschachere kam, hatten beide Parteien nochmals Gelegenheit, ihre Standpunkte darzulegen, wie sie es seit Beginn des Verfahrens im Jahr 2009 schon mehrfach taten. Das OLG Stuttgart hat dabei deutlich gemacht, dass es die Missbrauchsverfügung der EKartB nach wie vor für rechtswidrig hält und diese aufheben wird. Und das Gericht hat der Behörde Fehler bei der Sachverhaltsermittlung vorgeworfen.

Aber auch die ENCW kam nicht ganz ungeschoren davon. Bei einigen wenigen Kalkulationsposten haben die Richter Zweifel angedeutet. Dies betrifft vor allem die Frage der richtigen Schlüsselung von Gemeinkosten zwischen den einzelnen Sparten.

Den ersten Schritt tat dann Horst Graef, der Geschäftsführer der ENCW. Er bot eine rückwirkende Preissenkung zum 1. Januar 2013 um zehn Cent auf 2,69 Euro pro Kubikmeter an. Das war den Vertretern der Kartellbehörde viel zu wenig. Man müsse auf jeden Fall den Wasserpreis in den Jahren 2008 sowie 2009 und damit den eigentlichen Grund des Verfahrens beachten. Ein "Arbeitspreis" von 2,25 Euro pro Kubikmeter (statt der ursprünglich ins Auge gefassten 1,77 Euro) sei vorstellbar. Schließlich wisse man um die Probleme in Calw. Gegebenenfalls müsste die ENCW ja auch bereits ausbezahlte Fördergelder zurückerstatten. "Wir denken da an einen Betrag von 2,40 Euro", warf schließlich der Vorsitzende Richter ein.

Auch wenn damit die ENCW etwa 400 000 Euro pro Jahr an ihre Kunden zurückzahlen müsste, wertet Horst Graef den Verlauf der Verhandlung als einen Erfolg für sein Unternehmen. Und auch Oberbürgermeister Ralf Eggert, der Kraft Amtes Aufsichtsratsvorsitzender des Calwer Energieversorgungsunternehmens ist, spricht davon, dass der Ball damit deutlich im Feld des Gegners liegen bleiben würde.

Gleichwohl halten sie einen Wasserpreis von 2,40 Euro für die Jahre nach 2009 und in der Zukunft für nicht haltbar. "Wenn es wirklich so weit kommen sollte, müssen wir bei der ENCW den Schlüssel endgültig rumdrehen", meinte OB Ralf Eggert gestern im Gespräch mit unserer Zeitung. Geschäftsführer Graef deutete an, dass eventuell doch der seitherige Wasserpreis verteidigt werden soll.

Kommentar: Kompromiss

Von Hans-Jürgen Hölle

Ein Kompromiss ist die Lösung eines Konfliktes durch gegenseitige freiwillige Übereinkunft unter beiderseitigem Verzicht. So wie es aussieht, kommt beim Streit um den Wasserpreis der ENCW genau so etwas heraus. Egal, ob der Kubikmeter weiterhin 2,79 Euro, 2,40 Euro, etwas mehr oder vielleicht auch weniger kosten wird.

Was juristisch für 2008 und 2009 geregelt werden soll, gilt auf jeden Fall auch für die Folgejahre. Unterm Strich kann damit niemand zufrieden sein. Die ENCW nicht, weil sie Geld an ihre Kunden zurückzahlen muss und ihr jetzt weitere Verluste drohen. Die Kartellbehörde nicht, weil sie von ihrer Maximalforderung – 1,77 Euro – sehr weit abrücken muss. Und natürlich der Verbraucher nicht. Was der Einzelne zurückbezahlt bekommt, ist nicht eben viel. Und der Wasserpreis bleibt im Vergleich mit anderen Kommunen immer noch hoch.