Die Matratze im Einsatz: Feuerwehr und Pflegekraft bei einer Evakuierungsübung in der Klinik. Foto: Schenk

Innovatives Evakuierungskonzept auf Beine gestellt. Spezielle Rettungsmatratze entwickelt.

Kreis Calw - Ein Brandfall in einem Krankenhaus bringt aufgrund der vielen immobilen Patienten ein große Herausforderung mit sich. Beim Klinikverbund Südwest sieht das Rettungskonzept den Einsatz spezieller Evakuierungsmatraten vor.

In Kliniken ist oftmals ein Großteil der Patienten nicht gehfähig und im Falle einer Evakuierung zwingend auf fremde Hilfe angewiesen. Wenn die Aufzüge im Brandfall außer Betrieb sind, bleiben nur noch die Treppenhäuser als Fluchtwege – für kranke, immobile und geschwächte Menschen ein unüberwindbares Hindernis.

Das bedeutet, dass für den Liegend-Transport eines Patienten zwei Einsatzkräfte bei einer Krankentrage oder vier beim Einsatz eines Rettungstuches notwendig sind. Bei Kliniken mit 600 oder 700 Betten kann man sich leicht ausmalen, wie hoch der Personal- und Zeiteinsatz wäre.

Gründe genug für die Geschäftsführung des Klinikverbundes Südwest und dessen Sicherheitsmanagement mit Nachdruck nach innovativen Lösungsansätzen zu suchen. "Mit sechs Klinikstandorten in den Landkreisen Böblingen und Calw, rund 300 000 ambulanten sowie annähernd 80 000 stationären Patienten jährlich gehören wir mit zu den größten kommunalen Gesundheitsdienstleistern in Baden-Württemberg und sehen uns deshalb trotz oder auch gerade wegen der fehlenden gesetzlichen Vorgaben im Hinblick auf vorgeschriebene Evakuierungssysteme in der Verantwortung der Menschen, die sich in unsere medizinische und pflegerische Obhut begeben", erläutert der kaufmännische Geschäftsführer Martin Loydl die Triebfeder für das neue Evakuierungskonzept des Verbundes.

"Klinikgebäude mit drei bis acht Stockwerken sowie teils verwinkelte Gebäudestrukturen in unseren Altbauten im Alter zwischen 40 und 100 Jahren – das lässt einen angesichts der Bilder, wie wir sie alle im vergangenen Jahr beim Hochhausbrand in London erleben mussten, nicht wirklich ruhig schlafen."

Die Lösung: Eine Evakuierungsmatratze, welche die Funktionen eines Evakuierungstuches bereits beinhaltet plus den Liegekomfort und den zusätzlichen Schutz und Halt einer normalen Matratze für den Patienten bietet. Halte- und Fixiergurte geschützt vom abwaschbaren Matratzenbezug und verborgen hinter Reisverschlüssen, griffbereit im Ernstfall, einfach und verständlich in der Anwendung und im täglichen Betrieb verschleißfrei sowie hygienisch einwandfrei zu desinfizieren.

Im Notfall muss der Patient nicht umgebettet werden, wird liegend auf seiner eigenen Matratze mitsamt Bettdecke fixiert, vom Bett gehoben, und aus dem Zimmer gezogen. "Im Idealfall erfolgt die Evakuierung zu zweit, beispielsweise mittels eines Feuerwehrmannes und einer Pflegekraft, im Notfall kann aber auch eine einzelne Person die Matratze kontrolliert die Treppen hinab gleiten lassen und den Patienten auf dem stabilen, reibungsarmen Matratzenunterboden über den in Kliniken leichtgängigen, glatten Boden ins Freie ziehen", so Bernd Waiblinger, Leiter des Sicherheitsmanagements im Verbund und federführend in der Entwicklung der neuen Evakuierungsmatratze. Zusammen mit dem Matratzenhersteller Hapeka und mit beratender Unterstützung der Hauswirtschaftsleitung sowie der Fachabteilung für Hygiene und Infektionsprävention wurden die ersten Prototypen 2017 in Auftrag gegeben und sukzessive verbessert. "2018 ging die Matratze in die Serienproduktion, bis Ende des Jahres wollen wir alle unsere Krankenhausbetten mit den neuen Evakuierungsmodellen ausgestattet haben", so Waiblinger.