Historikerin Cornelia Matz spürt im Stuttgarter Stadtarchiv festgehaltene Gedanken aus Zellers Studententagen auf

Nagold - Gerade in seinem Jubiläumsjahr ist Gottlieb Heinrich Zeller besonders präsent. Und doch ist über das Leben des bekannten Nagolders nach wie vor wenig bekannt – bis jetzt: Ein Fund könnte neues Licht in Zellers verborgene Gedanken- und Lebenswelt bringen. Wer war der Mensch, auf den so viele Wohltätigkeiten in Nagold zurückgehen? Was trieb ihn an? Um Antworten auf diese Fragen zu bekommen, blieb in Nagold nichts unversucht.

Hermann Schnabel vom Verein für Heimatgeschichte wühlte sich durch das Stadtarchiv, durch das Landeskirchenarchiv, aber die so sehnlichst erhofften Tagebücher und Briefe des vor 150 Jahren verstorbenen Wissenschaftlers und Pietisten wollten einfach nicht an die Oberfläche kommen. "Wir hatten wirklich schon resigniert", erzählt Historiker Eckhart Kern, der ebenfalls versuchte dem Nagolder Bürger nachzuspüren.

Und so sagte man sich, dass man mit dem leben müsse, was man eben habe, sagt er. Bis vor wenige Wochen war das noch eine einzige Biografie, die Pfarrer Gottlob Kemmler drei Jahre nach dem Tod Zellers schrieb. Und auf dieses Schriftstück stützten sich bisher nahezu alle Ausführungen zu Zellers Leben.

Doch Heimatmuseumsleiterin Herma Klar wollte noch nicht aufgeben. Bei der Organisation des diesjährigen Zellerjahres vereinbarte sie mit dem Arbeitskreis, einen Forschungsauftrag zu vergeben. Mit der Stuttgarter Historikerin Cornelia Matz machte sich ein echter Recherche-Profi von Familien-und Firmengeschichten auf Spurensuche. Diese Suche war mühsam, aber erfolgreich. Auch wenn es zuerst gar nicht danach aussah. "Ich recherchierte in den Nachlassakten, im Zubringsinventar und im Bestand des Familienverbandes Zellers – aber da war nichts", sagt sie. Doch dann entdeckte sie den Schlüssel zur Türe von Zellers Gedankenwelt – und der liegt in der Familie seiner Frau verborgen.

Der Weg führte über seine Frau Emilie Conradi, die den persönlichen Nachlass und den monetären Besitz ihres Mannes verwaltete. Für Cornelia Matz ist die Ehefrau Zeller die "Schlüsselperson". Das Geld ging in das Zellerstift. Und da die Eheleute kinderlos blieben, landeten die persönlichen Hinterlassenschaften der Zellers bei Emilies Mutter, Luise Feuerlein. Das zumindest vermutet Cornelia Matz, die ein Tagebuch Zellers nun in dem Bestand des Familienverbandes Feuerlein im Stuttgarter Stadtarchiv aufspürte.

Das Tagebuch von Nagolds berühmten Sohn stammt aus der Zeit seines Pharmaziestudiums in Tübingen und offenbart viele seiner Gedanken von Januar des Jahres 1821 bis September 1823. "Es ist erstaunlich, wie sehr er mit sich selber kämpfte und hart an sich arbeitete", berichtet die Historikerin von ihren ersten Eindrücken. Außerdem seien Reisestationen, seine Kontakte und die botanischen Fachbegriffe, die ihn bereits damals faszinierten, in dem Tagebuch festgehalten. Schulheftähnlich sähe es aus und mit dünner, enger Feder geschrieben, beschreibt die Historikern das Fundstück.

Um über neue Erkenntnisse zu sprechen, sei es aber noch zu früh, mahnt sie, denn ausgewertet sei der Fund bisher noch nicht. Klar ist, dass nun die Kemmler’sche Biografie durch das Tagebuch überprüft werden kann.

Als ein "Geschenk des Zellerjahres" beschreibt Oberbürgermeister Jürgen Großmann den Fund und hofft, das Tagebuch für die Öffentlichkeit transkribieren zu können. "Der Nagolder Forschergeist ist jedenfalls geweckt", so der Rathauschef.