Die Kulturbahn soll durch einen Halbstundentakt attraktiver gemacht werden.Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder Bote

Kulturbahn: Kreis Calw will Schienenverkehr attraktiver machen / Fahrgastzahlen liegen unter Zielkonzept des Landes

Halbstundentakt von 5 bis 20 Uhr, keine Wartezeit mehr in Horb: Der Landkreis Calw will die Kulturbahn attraktiver machen und in Verhandlungen mit dem Land treten. Der Zeitpunkt dafür ist laut Landrat Helmut Riegger günstig.

Kreis Calw. Momentan verkehrt die Kulturbahn zwischen Nagold und Pforzheim nur im 60-Minuten-Takt. Lediglich in den Stoßzeiten ist die Frequenz höher. Das ist aus Sicht der Grünen im Kreistag unbefriedigend, die daher nun im Verwaltungs- und Wirtschaftsausschuss den Antrag für einen durchgehenden 30-Minuten-Takt auf der Kulturbahn zwischen Nagold und Pforzheim von 5 bis 20 Uhr stellten. Zudem sollen die Züge zwischen Pforzheim und Tübingen zwischen 5 und 24 Uhr im 60-Minuten-Takt und ohne langen Aufenthalt in Horb verkehren. Die übrigen Fraktionen im Kreistag stimmten für diesen Antrag der Grünen, wobei Dietmar Fischer (CDU) sogar fand: "20 Uhr ist fast ein bisschen knapp."

Das Problem: Von den Fahrgastzahlen her ist die Kulturbahn weit davon entfernt, im Zielkonzept 2025 des Landes Baden-Württemberg mit einem 30-Minuten-Takt berücksichtigt zu werden. Dafür sind 5000 bis 10 000 Fahrgäste pro Tag notwendig. Auch die notwendige Grenze für das aktuelle Angebot mit einem 60-Minuten-Takt und Verstärkern in den Stoßzeiten erreicht die Kulturbahn nicht. Notwendig wären dafür bis zu 5000 Fahrgäste pro Tag, dabei mindestens 2500 auf kurzen Distanzen. Laut Zählungen der Nahrverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW), deren Daten das Land verwendet, werden auf den einzelnen Abschnitten nicht einmal 2000 Fahrgäste pro Tag erreicht.

Die mit Abstand meisten Reisenden sind mit der Kulturbahn nur innerhalb des Pforzheimer Stadtgebiets unterwegs. Den Spitzenwert bildet der Abschnitt zwischen Brötzingen-Mitte und Weißenstein mit 1947 Fahrgästen pro Tag. Die niedrigste Auslastung innerhalb Pforzheims wurde zwischen dem Hauptbahnhof und Maihälden mit 1872 Fahrgästen gezählt.

Im Kreis Calw wird die maximale Auslastung zwischen den Bahnhöfen Bad Liebenzell und Hirsau mit 1777 sowie Hirsau und Calw mit 1776 Fahrgästen erreicht. Zwischen Nagold und Horb sind die Zahlen sogar nur durchweg dreistellig. Zwischen Iselshausen und Hochdorf nutzen nur 481 Fahrgäste pro Tag die Kulturbahn – nur ein Viertel von den Werten, die in Pforzheim erreicht werden.

Ebenso überschaubar sind die Zahlen bei den Fahrgästen, die mit der Kulturbahn vom Kreis Calw bis nach Tübingen fahren. Ein echter Umstieg muss dafür zwar nicht in Horb erfolgen, denn der gleiche Zug setzt nach einem Aufenthalt seine Fahrt fort, dieser dauert aber gut zehn Minuten. Der soll nach dem Antrag der Grünen deutlich kürzer ausfallen und die Bahnanbindung an Tübingen damit attraktiver werden. Doch die NVBW zählte in den 13 von und nach Tübingen durchfahrenden Zügen in Horb nur 130 Fahrgäste, die sitzengeblieben waren.

Gezählt wurde von der NVBW an verschiedenen Tagen im zweiten Halbjahr 2019 und ein Mittelwert berechnet, also vor der Corona-Epidemie und den damit verbundenen gesunken Fahrgastzahlen.

Wie schon bei der Enztalbahn müssten der Landkreis und die Anrainerkommunen Geld in die Hand nehmen und den 30-Minuten-Takt aufgrund der zu niedrigen Fahrgastzahlen selbst gegenfinanzieren. Bei der Enztalbahn wird dafür ein Betrag von 640 000 Euro pro Jahr fällig, den sich der Kreis Calw, die Stadt Pforzheim und der Enzkreis sowie die Anrainerkommunen teilen. Auf den Landkreis Calw, die Stadt Bad Wildbad und die Gemeinde Höfen entfallen davon zusammen 250 000 Euro.

Bevor der Landkreis in Verhandlungen mit dem Land tritt, soll nun geprüft werden, ob sich einerseits die Anrainerkommunen Nagold, Wildberg, Neubulach, Bad Teinach-Zavelstein, Calw, Bad Liebenzell und Unterreichenbach sowie andererseits die Stadt Pforzheim an den Kosten beteiligen, um den 30-Minuten-Takt auch bei der Kulturbahn einzurichten.

Aus Sicht von Landrat Helmut Riegger (CDU) ist der Zeitpunkt dafür momentan sehr günstig, da der Bund aufgrund der Corona-Epidemie das Budget für die Fördermittel des Regionalisierungsgesetzes erhöht hat. Dieses Gesetz war Teil der Bahnreform von 1993 und stellt Geld zur Verfügung, um die ÖPNV-Nachfrage zu erhöhen. Mit den Regionalisierungsmitteln könnte ein Teil der Gegenfinanzierung für die Einführung des 30-Minuten-Takts somit gedeckt werden.

Für Riegger ist klar: "Wo es geht, müssen wir die Chancen nutzen, den ÖPNV zu verbessern. Über allem steht ja die Frage: Wie können wir den ländlichen Raum attraktiver machen? Wenn der ÖPNV in unserem Landkreis funktioniert, dann ist mir ehrlich gesagt nicht bange."

Der Landkreis Calw beteiligt sich mit 37 500 Euro an den Kosten für den barrierefreien Umbau des Bahnhofs in Bad Herrenalb. Geplant war dieses Projekt schon vor einigen Jahren, wie Landrat Helmut Riegger mitteilte. Da nicht klar war, ob der Landkreis-Wechsel von Bad Herrenalb kommen wird, habe sich der Kreis Calw mit der Kostenbeteiligung am Bahnhofsumbau zunächst zurückgehalten. Für SPD-Kreisrat Rainer Prewo stellte ganz grundsätzlich die Frage, warum sich der Landkreis finanziell an dem Umbau beteiligt, schließlich sei doch die Herstellung der Barrierefreiheit Aufgabe der Bahn. Michael Stierle, im Landratsamt Calw zuständig für den ÖPNV, entgegnete: "Das ist ein Mechanismus, der sich einfach so entwickelt hat. Das ist gelebte Praxis."