StadtLandKultur: Lothar Hudy gestaltet mit syrischen Flüchtlingen eine Skulptur aus Metall
Calw. Es raucht, kreischt und blitzt im Gässchen zwischen Lederstraße und Stadtmauer in Calw. Doch kaum öffnet man die Tür zu Lothar Hudys Werkstatt, merkt man sofort: Hier wird vor allem gelacht.
Bestens gelaunt arbeiten einige junge Männer in Schutzkleidung unter Anleitung des auf Skulpturen aus Altmetall spezialisierten Calwer Künstlers an einem "Friedensspiegelbaum", der am Samstag, 2. Dezember, ab 16 Uhr auf dem Calwer Weihnachtsmarkt, Bühne Oberer Marktplatz, vorgestellt werden soll.
Ganz hinten in der Ecke, zwischen Unmengen an Kabeln, Metallteilen und Werkzeugen, zeigt ein Drahtmodell, wie dieser Friedensspiegelbaum einmal aussehen wird. Das mit Spiegelelementen behangene Metallgestänge wird vom Landkreis Calw mitfinanziert und soll in den nächsten Wochen zu verschiedenen Anlässen präsentiert werden.
"Der Friedensspiegelbaum steht für die Idee eines groß angelegten soziokulturellen Theatervorhabens unseres Vereins, das den Arbeitstitel ›Wir im Spiegel der anderen‹ trägt und im Februar 2018 starten soll", erklärt Rolf Johnen, stellvertretender Vorsitzender des Vereins StadtLandKultur.
Im Moment stehen Ahmed, Said, Omar und Murhaf jedoch erst einmal vor der Herausforderung, die unhandlichen Einzelteile des aus Baustahl gefertigten Grundgerüsts durch die schmale Tür nach draußen zu bringen, ohne die Bausubstanz des vermutlich denkmalgeschützten Fachwerkhäuschens zu beschädigen. Alle deutsche Skepsis ist rasch entkräftet: In selbstverständlicher Teamarbeit – und fast ohne anzuecken – bugsieren die drei aus Syrien geflüchteten Männer das Metallgeäst hinaus.
Bevor nun weitergearbeitet wird, spendiert Lothar Hudy allen Anwesenden erst mal einen Tee. "Wenn ich eins bei der Arbeit mit meinen Jungs aus Afghanistan und Syrien gelernt habe, dann das: Erst mal wird Tee getrunken und gequatscht", erzählt Hudy, der ebenfalls im Vorstand von StadtLandKultur aktiv ist. "Danach wird gemeinsam angepackt und gearbeitet." Kaum zu übersehen, dass diese Arbeit "seinen Jungs" Spaß macht. "Lothar haben wir vor ein paar Wochen im Kaffeehaus kennengelernt", erzählt Ahmed, 28-jähriger Elektriker aus Damaskus. "Es macht viel Spaß, mit ihm in der Werkstatt zu arbeiten!"
Wertvolles Signal
Seit Ahmed und Said aus Damaskus, Omar aus Deirezor und Murhaf aus Homs flüchten mussten, konnten sie nicht mehr in ihren erlernten Berufen arbeiten. Seit zwei Jahren lernen sie stattdessen an fünf Tagen in der Woche Deutsch. Mit hervorragendem Erfolg, wie die fließende Unterhaltung beweist. Mit seiner offenen Werkstatt hofft Lothar Hudy, den jungen Männern neben einem produktiven Zeitvertreib auch einen Vorteil beim Einstieg in eine Berufsausbildung zu verschaffen. "Ein Zertifikat über Werkstatterfahrung kann ein wertvolles Signal für einen künftigen Arbeitgeber sein."