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Kreisseniorenratschef Eberhard Fiedler über Möglichkeiten und Probleme der Digitalisierung für Senioren

Viele Senioren sind komplett analog aufgewachsen und auch bei der Arbeit wenig mit Digitalem in Kontakt gekommen. Doch in Zeiten wie diesen wird das Digitale immer wichtiger. Was das für Probleme für die ältere Generation gibt und welche Lösungen es geben kann, darüber haben wir mit Eberhard Fiedler, Chef des Calwer Kreisseniorenrats, gesprochen.

Gerade in Corona-Zeiten läuft vieles nur noch online. Wie sieht es denn mit den digitalen Kompetenzen bei den Senioren aus?

Man muss hier etwas differenzieren. Wenn man davon ausgeht, dass ein Senior jemand ist, dessen Berufs- und Arbeitszeit vorbei ist, dann ist es noch einmal ein Unterschied ob man um die 60 bis 65 Jahre alt ist oder zu den 70 plus-Jahrgängen gehört. Warum? Je älter, desto weniger war am Arbeitsplatz die Digitalisierung eingeführt. Und ich rede nicht von Hard- und Software für Kalkulation, Buchhaltung oder Logistik, um nur einige Felder zu nennen. Wenn wir heute von Digitalisierung reden, dann meinen wir vor allem, die damit verbundene und unterstützte Kommunikation. Um auf die Frage zurück zu kommen: Wie überall gibt es Senioren, die sich dafür interessieren und dann auch eine gewisse Kompetenz haben. Aber es gibt auch – vermutlich die Mehrheit – Menschen, die sich bisher nicht dafür erwärmen konnten und wollten. Man brauchte das nicht. Mag damit zusammen hängen, weil diese Generationen noch eine Nachbarschaft pflegte und Familie überwiegend räumlich zusammen gelebt wurde. Will sagen: Man redet miteinander über den Zaun, beim Einkaufen, bei Begegnungen und allenfalls über das Telefon – ob fest oder mobil.

Immer mehr soll online erledigt werden. Was bedeutet das für Senioren?

In diesen schwierigen Zeiten von Corona ist das eine Möglichkeit des Gesundheitsschutzes. Aber viele Senioren sind mit der Technik nicht oder noch nicht vertraut oder haben die technischen Möglichkeiten nicht. Und seien wir ehrlich: Erst die Zwänge der Corona-Pandemie haben Deutschland digital "aufgeweckt". Nach und nach schließen sich die Versorgungslücken des Internet. Neben der Möglichkeit, online zu kommunizieren, muss auch eine herkömmliche Kontaktaufnahme möglich sein. Beispiel: Bei der zurückliegenden Freibadsaison gab es Kommunen, die Eintrittskarten ausschließlich online ausgaben. Als Grund wurden organisatorische Kontrollmöglichkeiten vorgeschoben. Ich denke, man war einfach zu bequem, weiter zu denken und zu organisieren. Es gab genug Beispiele, wo das sehr gut nebeneinander funktioniert hat. Klare Aussage: Für die älteren Generationen ist neben der zunehmenden online-Kommunikation, bestimmt noch viele Jahre parallel die Form des persönlichen Kontaktes zu gewährleisten. Corona kann nicht für fehlendes Organisationstalent und -willen vorgeschoben werden. Wenn man will, geht beides.

Könnte man diese Kompetenzen mit Weiterbildungsangeboten verbessern?

Es gibt eine Vielzahl von Meeting-Anbietern. Hier die richtige Software zu finden, ist eine Frage für sich. Meine Empfehlung: umhören bei Schulen, Kommunen, Vereinen oder auch bei sonstigen Organisationen und herausfinden, welche Lösung dort praktiziert wird. Aus eigener Erfahrung kann ich feststellen: Für die gewählte Lösung gibt es heute schon eine Vielzahl von Schulungsangeboten – sehr oft ohne Kosten. Dachverbände wie unser Landesseniorenrat haben das ebenso erkannt, wie beispielsweise die Volkshochschulen im Landkreis. Und noch etwas ist wichtig: Wer auf diesem Gebiet mit der Zeit gehen möchte, der nimmt seine Klientel "an die Hand". Der Kreisseniorenrat Calw praktiziert das zum Beispiel mit seinen Vorstandsmitgliedern und dem Redaktionsteam von "Alter aktiv". Es gilt: "Übung(Test) macht den Meister"

Und welche digitalen Angebote sind denn für Senioren sinnvoll?

Ein Gerontologin aus Tübingen sagte einmal bei einem unserer Fachtage: Auch als Senior sollte man kleine E-Mails versenden können und mittels Whatsapp auch im Bild telefonieren oder was verschicken können. Gerade weil die Familie oftmals verstreut wohnt, Großeltern kaum die Enkel sehen, ist eine einfach gehaltene Kommunikation wichtig. Am Beispiel von Whatsapp kann das Telefonat mit Kamera sichtbar gestaltet werden. Opa/Oma sehen und reden mit dem Enkel. Viel schöner als nur von Ohr zu Ohr. Ausgelöst durch die Corona-Pandemie hat man die Vorteile des "Meetings" am PC entdeckt. Dies ist eine deutliche Stufe besser, als das eben beschriebene. Aber alles zusammen ist gelebte Kommunikation. Alle Möglichkeiten verhindern das Abhängen und Vereinsamen der Älteren. Die Jungen müssen die Älteren mitnehmen und die Senioren müssen mitgehen. Auch wenn wir keine "digital natives" sind, so sind die Alten bestimmt nicht dümmer als die Jungen.

Wie viele Senioren nutzen denn digitalen Möglichkeiten?

Zahlen kann ich dazu nicht nennen. Aber die Teilnahme an den digitalen Möglichkeiten heißt auch "Soziale Teilhabe". Die Senioren wollen dabei sein – im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Im 8. Altersbericht der Bundesregierung heißt es dazu: "Mit Internetzugang und digitalen Kenntnissen können ältere Menschen von den Chancen der Digitalisierung besonders profitieren." (Franziska Giffey, Bundesseniorenministerin) Die Fragen stellte Sebastian Bernklau