Die Fotojournalistin Andrea Diefenbach (links) im Gespräch mit der pädagogischen Leiterin der Volkshochschule, Tanja Marquardt (Mitte), und Elmar Schubert vom Caritasverband. Caritas, VHS und Stadtverwaltung zusammen haben die Ausstellung in der Rathausgalerie organisiert. Foto: Fotos: Rapthel-Kieser

Ausstellung: In der Rathausgalerie werden ernste Werke der Fotoreporterin Andrea Diefenbach gezeigt

"Ich musste fast weinen", sagt eine 60-jährige Burladinger Mutter und Großmutter bei der Vernissage in der Burladinger Rathausgalerie. Dort sind jetzt unter dem Titel "Land ohne Eltern" Werke der vielfach ausgezeichneten Fotografin und Autorin Andrea Diefenbach zu sehen.

Burladingen. Eine kleine Sensation, dass die großartige Fotografin, die sonst im Münchner Stadtmuseum, im Museum Folkwang in Essen, im Reiss-Engelhorn-Museum in Mannheim oder auch schon bei der Open Society Foundation in New York ausstellte, die für Magazine wie Geo, Brigitte, Stern oder die Zeit arbeitet, überhaupt nach Burladingen geholt werden konnte. Und ein mutiger Schritt der Organisatoren, der Volkshochschule und der Caritas, die Rathausgalerie für dieses ernste Thema zu öffnen. Denn mit leichter Muse oder kunterbunter Fröhlichkeit haben diese Werke nichts zu tun.

Die Bilder, so Elmar Schubert, Geschäftsführer der Caritasverbandes Hechingen in seinem Grußwort, zeigen die "unschönen Seiten des EU-Wirtschaftsraumes". In dem sei Deutschland wegen seines Wohlstandes zwar "ein Mythos". Aber die EU sei vor allem auch ein "Wirtschaftsraum der Ungleichheit". Diefenbachs Bilder befassen sich mit der Abwanderung der Arbeitskräfte im kleinen Land Moldawien, vor allem in Nachbarländer, die von den "billigen Arbeitskräften" profitieren. Und die Arbeiter? Sie stechen Spargel, ernten Erdbeeren oder sind als Pflegekräfte für Senioren tätig - und ihre Kinder sehen sie oft jahrelang nicht.

Diefenbach hat diese bittere Realität in ihren Bildern eingefangen. Sie zeigt die Armut, die harte Arbeit der Eltern in ihren Gastländern auf der einen, und das Alleinsein der Kinder auf der anderen Seite.

Was die psychischen Folgen für die Kinder und Kleinkinder sind, die im günstigsten Fall bei den Großeltern, im weniger günstigen in Heimen aufwachsen, das, so Schubert, lasse sich "kaum ermessen". Trotzdem forderte er die Besucher der Ausstellungseröffnung auf: "Lassen Sie die Bilder auf sich wirken." Auch Bürgermeister Davide Licht legte den handverlesenen, aber interessierten Besuchern das Buch der Fotoreporterin Andrea Diefenbach ans Herz. Es gelte, nicht weg zu sehen, sondern zu erkennen: "Hier sind essenzielle Probleme."

Diefenbach selber erzählte schließlich sehr offen über ihre Eindrücke aus jenen moldawischen Familien, die sie jahrelang begleitet hat und immer noch begleitet. Sie berichtete von Häusern, in denen es keine Toiletten und kein fließendes Wasser gibt, von einem politischen System, dessen Spitzen wegen Korruption verurteilt wurden, während im Land chaotische Zustände herrschen. All das hat sie selber erlebt, sie reiste jahrelang zwischen Italien und Moldawien hin und her und hält auch heute noch immer Kontakt zu Eltern, Großeltern und Kindern.

Einen Hoffnungsschimmer hinterließ Andrea Diefenbach ihren Zuhörern und Besuchern der Ausstellung dann aber doch. Zwei der Kinder, die sie seit vielen Jahren kennt, sind mittlerweile erwachsen und haben außerhalb ihres Heimatlandes einen akademischen Abschluss gemacht. Auch, weil mittlerweile Freizügigkeit zwischen Moldawien und der EU herrsche.