Freie Improvisation in einer "anarchistischen Formation" war beim Klangwelten-Konzert mit Scott Roller angesagt. Foto: Bender Foto: Schwarzwälder Bote

Klangwelten: Junge Musiker improvisieren in der Stadthalle / Auf Notenblätter verzichtet

Ein wildes Pfeifen, Hupen und Brummen entzückte am Sonntagnachmittag die Konzertbesucher in der Burladinger Stadthalle.

Burladingen. "Das wird das wahrscheinlich verrückteste Konzert, welches man in den vergangenen 20 Jahren hier gespielt hat", grinste Jugendmusikschulleiter Thomas Wunder und freute sich, dass so viele Besucher in die Stadthalle gekommen waren. Hinter dem "Klangwelten"-Konzert stehe ein pädagogischer Gedanke, denn als Jugendmusikschule habe man die Aufgabe, den Schülern die gesamte Bandbreite der Musik näher zu bringen.

Schon ertönten auf der Empore hinter dem Publikum die zehn Hörner. Ulrike Eberle war mit diesen Musikern aus Tübingen angereist. Mit diesen Fanfaren wähnte man sich in einem klassischen Historienfilm. Dann übernahmen die Burladinger Jungmusiker, welche sich treppenförmig auf und vor der Bühne positioniert hatten. Dramatik war zu spüren, als Solisten und dann wieder einzelne Register verschiedene Töne spielten. Das war keine Melodie, keine Musik zum Träumen und Dahinschmelzen, sondern zum neugierig Zuhören.

Währenddessen saß der gebürtige Texaner, Wahlstuttgarter, Cellist und Komponist Scott Roller völlig entspannt auf dem Stuhl vor dem Orchester und zeigte nur hin und wieder mit den Fingern. Die Instrumentalisten hatten ihn dabei stets im Blick, denn auf Notenblätter konnte und musste man bei diesem ausgefallenen Konzert verzichten. Da entwickelte sich vielmehr während der Aufführung das einzelne Stück.

Zum Schluss verteilen sich die Musiker im Saal

Interessant war, wie immer wieder Akzente gesetzt wurden, wie die Lautstärke an- und abschwoll und wie die Musiker miteinander über Töne zu kommunizieren schienen. Scott Roller erläuterte dem Publikum in seiner verschmitzten Art, was es mit dem Ganzen auf sich hat. Schon vor 25 Jahren habe er sich gewundert, dass Musik wie eine "tote Sprache" unterrichtet werde. Man liest vom Blatt ab und spielt. Mit seinen Celloschülern probierte er dann eine neue Art von Musik aus, die Improvisation.

Bei größeren Ensembles sei es oft schwer, frei zu spielen. Deshalb verständige man sich mit Handzeichen wie bei "Taschengeld drei", und schon formte Roller mit seinen Händen zunächst ein "T", um danach drei Finger zu zeigen. Dies bedeute, dass der Musiker drei Töne spielen solle, aber die Dynamik und Tonart dabei selbst bestimmen könne.

So sei Improvisation auch in einer größeren Gruppe möglich. Gesagt, getan, die Hörner setzten wieder ein. Und schon vernahm man ein Jaulen und Heulen, später ein Hupen und Quietschen.

Zum Schluss wollte Roller keinerlei Einfluss nehmen. Die Musiker verteilten sich im Saal und sollten Teil einer mechanischen Maschine sein, Zeichen im Wald geben, eine anarchistische Zusammenarbeit anstreben, Signale widergeben und als Schwarm arbeiten, so Scott Roller. Und schon hörte man wild durcheinander ein Rauschen, Knacken, Pochen, Pfeifen, Rascheln, Brummen, Klappern, Tirilieren, Treten und Zwitschern.

Wie die Zuhörer das fanden? "Einfach superschön", folgte der spontane Ausruf einer Besucherin. Und den Jungmusikern, die dank der finanziellen Unterstützung des Fördervereins der Jugendmusikschule Burladingen diesen Workshop besuchen konnten, hat es riesigen Spaß gemacht.