Schulsozialarbeit: Die AfD-Fraktion wurde zum begehrten Partner / Sitzungsunterbrechung nach Anträgen und Abstimmung
Ja, was denn nun? Im Gemeinderat wusste nach zwei verschiedenen Anträgen von Freien Wählern und CDU minutenlang keiner, was wirklich Sache ist. Selbst auf der Verwaltungsbank musste erst im Kommunalrecht geblättert werden, um die Lage zu entwirren.
Burladingen. Denn angesichts der Verhältnisses von Ja- zu Nein-Stimmen und Enthaltungen bei den verschiedenen Anträgen zur Schulsozialarbeit und dem Abstimmungsverhalten der AfD, schienen sich wegen des scheinbaren Gleichstandes die Meinungen aufzuheben. Burladingens Erster Beigeordneter Berthold Wiesner winkte mit dem Zaunpfahl und stellte knapp fest: "Dann bleibt eben alles so wie es war, und wir reden erst im nächsten Schuljahr wieder".
Es war dann CDU-Fraktionschef Michael Eisele, der nach dem Auszählen der Abstimmung und Wiesners Kommentar eine Sitzungsunterbrechung beantragte, weil er, ebenso wie die Freien Wähler und die Grünen, alle Felle davon schwimmen sah.
Und in dieser Sitzungsunterbrechung – laut Kommunalordnung in solchen Situationen immer möglich – wurde dann eiligst versucht, einen Kompromiss zu finden oder neue Mehrheiten zu schmieden für das, was eine Mehrheit im Gemeinderat eigentlich wirklich wollte: Die personelle Aufstockung der Schulsozialarbeit am Burladinger Schulzentrum. Nur über das "Wie", gab es verschiedene Meinungen.
Die Freien Wähler wollten zusammen mit den Grünen eine Aufstockung um 100 Prozent und dann die sofortige Arbeit der Verwaltung am Gesamtkonzept Jugendarbeit mit Ganztagesbetreuung, Verlässlicher Grundschule, Schulsozialarbeit und weiteren Betreuungsmodellen in und außerhalb der Schulen. Die CDU hatte eine Aufstockung von 50 Prozent vorgeschlagen und wollte dann zum Ende des nächsten Schuljahres Bilanz ziehen.
Die AfD wollte gar nichts ausgeben. Sparen. Überall. So hatte es der Fraktionsvorsitzende und Landtagskandidat Joachim Steyer mit Verve stehend am Mikrofon in der großen Stadthalle gefordert. Denn die Finanzen seien wegen der Corona-Krise so schlecht, dass man nicht immer nur Geld ausgeben könne ohne zu wissen, wo es herkommt. Und deshalb wollten die Blauen bei der Schulsozialarbeit komplett den Rotstift ansetzen.
Dabei sei an ihren Schulen, so hatte es die geschäftsführende Rektorin Monika Rudolf in einem Antrag schriftlich ausgeführt, für 1000 Schüler nur ein Sozialarbeiter viel zu wenig. Denn gerade in der Coronakrise reiche das als Betreuung und Begleitung von Kindern und Eltern vorne und hinten nicht. Während der Debatten und dem Meinungsaustausch zu Rudolfs Antrag wurde klar, es könnte eine knappe Kiste werden bei der Abstimmung. Deshalb wandte sich CDU-Rat Mathias Fritz ganz direkt an die vier Vertreter der AfD. Sie mögen doch mit der CDU stimmen, denn die habe, man werde das noch im nichtöffentlichen Teil erläutern, noch ein Ass im Ärmel was die Finanzierung angehe. Dieses aber könne er in öffentlicher Sitzung nicht zücken.
Die Lösung kam nach einigem Bücherwälzen von der Verwaltung
Bei anderen Räten führte das zu Kopfschütteln. Ob wegen des Hinweises auf die nichtöffentliche Sitzung oder dem Buhlen um Stimmen bei einem Partner, mit dem man in der Sache nun doch gar nicht übereinstimmt, blieb offen. Ebenso wie der Versuch in der Pause, neue Mehrheiten herzustellen. Denn: die wurden nicht mehr benötigt. Weil die Verwaltungsbank dann doch mit einer Lösung aufwartete, nachdem man noch einmal im dicken Kommunalrecht samt der dazugehörigen Kommentare nachgelesen und gerechnet hatte.
Es sei bei Zehn Ja- und 12 Gegenstimmen zum einen und bei Neun Ja- und vier Gegenstimmen und mehreren Enthaltungen zum anderen Antrag letztlich so, dass der Antrag der CDU, die Sozialarbeit mit 50 Prozent aufzustocken, angenommen sei. Die Kuh war also vom Eis, die Schulvertreter zufrieden. und der erste Schritt in Richtung Investitionen in die Jugendarbeit getan. Und die und wie sie digital an den Schulen dann aussehen muss, blieb Thema an diesem Abend.
Dass Newcomer frischen Wind in einen ihrer Meinung nach etablierten Politikbetrieb bringen wollen, sei ihnen mehr als gestattet. Die Burladinger AfD-Fraktion, das wurde in der jüngsten Sitzung deutlich, muss sich, wenn es um die Feinheiten des Sitzungsbetriebes geht, dann doch noch Manches aneignen. Rederechte, die Kommunalordnung und die Unterfütterung von Anträgen mit Finanzierungsvorschlägen können Hürden sein. Vor allem, wenn man noch nie in einem Gremium saß und nun auch nicht mehr die "Bürgermeisterfraktion" ist, die vielleicht auf Hilfe von höchster Verwaltungsstelle hoffte. Als es um das Durchsetzen eigener politischer Ziele ging, fehlte der AfD zudem beim Abstimmungsverhalten jede Logik. Beim Thema "Aufstockung der Schulsozialarbeit", waren die vier Rechtskonservativen das Zünglein an der Waage – und sorgten letztlich mit ihren Stimmen dafür, dass die Entscheidung genauso ausfiel, wie sie es nicht wollten. Wenig nachvollziehbar auch, dass der mit Verve vorgetragene Appell des Fraktionsvorsitzenden und Landtagskandidaten Joachim Steyer ausgerechnet dann bröckelt, wenn es um die Grundschule im eigenen Ort geht. Klare Kante und konstruktive Politik sehen anders aus.