Das, was vom einst vom bekannten Gasthof "Höfle" heute noch übrig ist. Wie viele Landgasthöfe wurde auch er geschlossen. Das Wirtshausschild ist verschwunden, das Gebäude wird einer neuen Nutzung zugeführt. Auch das ein Wandel im Ort. Foto: Eule Foto: Schwarzwälder Bote

Serie: Burladingen im Wandel, Teil 25: Der sogenannte "Klärestag" in Starzeln

Burladingen-Starzeln . Blättert man in den Annalen, findet man dort so manches, heute skurril Anmutende. Zum Beispiel die Kommunalpolitik in früheren Zeiten, etwas honoriger und gemütlicher – aber auch nicht ohne Streit und Händel, zum Beispiel in Starzeln.

Starzeln war immer eine kleine Gemeinde und wird daher nicht allzu oft in den heimatlichen Geschichtsquellen erwähnt. Das Dorf gehörte ursprünglich zum Burichinga-Gau, der einstmals bis über Gammertingen hinaus ostwärts reichte und wird erstmals 1090 bei einer Güterschenkung an das Kloster St. Georgen genannt.

Möglicherweise existierte auf Gemarkung Starzeln schon eine vorgeschichtliche Siedlung – eine vom Himberg vorspringende Felsnase mit Spuren eines Walles und Grabens – weisen jedenfalls darauf hin.

In geschützter und uneinnehmbarer Lage eignete sich diese Stelle als eine "Volks- und Fliehburg" wie sie auch andernorts zu finden ist. Der Ortsname Starzeln ist dem Bach entlehnt, der ursprünglich "Starzlach" geheißen haben dürfte.

An die Grafschaft Zollern kam Starzeln im 13. Jahrhundert, als sich diese durch das Killertal auf die Alb hinauf ausdehnte. Als um 1400 die Grafschaft zersplittert wurde, kam Starzeln vorübergehend zu Württemberg, war aber 1473 wieder ganz zollerisch und blieb es bis zum Übergang des Fürstentums Hohenzollern-Hechingen an Preußen im Jahre 1850.

Um die Wende des Mittelalters zur neueren Zeit bestand in der Grafschaft Zollern die Ämterverfassung. Die größeren Gemeinden bildeten jeweils ein eigenes Amt, die Kleineren waren zusammengefasst, so im Jahre 1544 Starzeln mit Hausen und Killer zum Amt Killer. So etwas wie die heutige Gemeindereform – nur eben mini, aus der sich die Gemeinden später wieder befreiten.

An der Spitze der Gemeindeverwaltung stand der vom Grafen ernannte Vogt. Mit ihm verwaltete das Ortsgericht die Gemeinde und übte die niedere Gerichtsbarkeit aus, so bei Feld- und Waldfrevel. Die "Gemeinde" hatten die Kontrolle über die finanziellen Angelegenheiten und alljährlich im Januar am Hilaritag, dem "Klärlestag", traten die Bürger zum Jahresgericht zusammen.

Dort hörten und kritisierten sie den Bericht der Gemeindeverwaltung, brachten Klagen über Missstände vor und wählten die Gemeindeorgane neu. Der "Klärestag" war eine Art bürgerlicher Feiertag.

Der Lehrer Stoll hat in seinen Niederschriften aufgezeichnet, wie es an solchen Tagen in Starzeln zuging. Nach vorausgegangener Bekanntmachung durch Schellenruf versammelten sich im Schul- und Rathaus die verheirateten Männer, die das Bürgerrecht besaßen.

Die Gemeinderechnung wurde in Einnahmen und Ausgaben zur Kenntnisgabe der Versammlung vorgelesen und zum besseren Verständnis in Hauptzusammenstellungen an die Schulwandtafel geschrieben. Die Ausgaben riefen meist großen Lärm hervor. Insbesondere hatten es die Oppositionsmacher vom Fach auf die Bezüge des Vogts, des Obmanns und der anderen Bediensteten abgesehen.

Die Kritik artete nicht selten in tumultartiges Durcheinanderschreien aus. War dann die Aufregung auf dem Höhepunkt, verstand es der Vogt, sie abzukühlen, indem er im Einverständnis mit den Gemeindekollegien erklärte, jedem Anwesenden sei es gestattet, auf Rechnung der Gemeindekasse in einer Wirtschaft zwölf, oft auch mehr Kreuzer zu verzehren. Heute würde es heißen mit Speck fängt man Mäuse, denn alle wollten ja wiedergewählt werden. Im Bericht des Lehrers Stoll heißt es dann weiter: "Augenblicklich trat Ruhe ein und Zufriedenheit zeichnete jedes Gesicht. Zwölf Kreuzer stellten damals noch einen Wert dar. Waren die Formalitäten abgewickelt, feierten Vogt und Ortsgericht nach alter Sitte den Tag durch ein gemeinschaftliches Essen in der "Höfle"-Wirtschaft, wozu auch der Pfarrer und der Lehrer eingeladen waren. Im Jahr 1847 fand eine solche Feier zum letzten Mal statt. Das Revolutionsjahr 1848 machte dem gemütlichen Brauch ein Ende."

Das ist lange her, aber dieses Jahr steht auch in Burladingen eine entscheidende Wahl an. Ein Vogt wird nicht mehr gewählt, aber ein neuer Bürgermeister. Ein Essen für die Wähler wird es wohl nicht geben, aber auf ein Wahl Bier des neuen Bürgermeisters darf gehofft werden.