In Baden-Württemberg wurde im Energiekrisenjahr 2022 kaum weniger geheizt als im Vorjahr. Und das, obwohl die Kosten höher sind als anderswo. Woran liegt das?
Nirgendwo in Deutschland wurde vergangenes Jahr beim Heizen weniger gespart als in Baden-Württemberg. Das ergibt eine Auswertung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Der Befund passt so gar nicht zum Image der sparsamen Schwaben. Er beruht aber auf den Energierechnungen von 300 000 übers Bundesgebiet verteilten Zwei- und Mehrparteienhäusern mit mehr als zwei Millionen Wohnungen. Die Bewohner von Einfamilienhäusern sind ausdrücklich ausgenommen.
Die Daten stammen vom Immobiliendienstleister Ista und wurden gemeinsam mit dem DIW im „Wärmemonitor“ veröffentlicht. Er zeigt, dass sich die Tarife im Südwesten ähnlich stark verteuert haben wie anderswo. Während aber in Baden-Württemberg nur gut ein Prozent weniger Energie verheizt wurde, waren es in Norddeutschland gut sieben Prozent. Die Werte sind bereits temperaturbereinigt, sie berücksichtigen also etwa den milden Herbst 2022.
Wo die warme Wohnung teuer ist
Der Energiebedarf und die Heizkosten pro Quadratmeter Wohnfläche gehen im Südwesten stark auseinander. Am niedrigsten sind sie in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg, am höchsten zwischen Karlsruhe und Mannheim sowie in der Region Stuttgart. Beim Energiebedarf haben die DIW-Forscher neben dem Heizverhalten den Sanierungsstand der Gebäude als wichtigsten Faktor identifiziert. Die Kosten hängen zudem vom Energieträger ab.
Über dem Schnitt der westdeutschen Länder (9,60 Euro je Quadratmeter) lagen die Heizkosten 2022 nur im nordwestlichen Baden-Württemberg. Das erklärt zum Teil, warum hierzulande der Spardruck offenbar nicht so stark ist wie etwa in Nordrhein-Westfalen oder dem Saarland, wo die mittleren Heizkosten 10 bis 12 Euro je Quadratmeter Wohnfläche betragen.
Geringerer Preisdruck
Ungeachtet regionaler Unterschiede sinkt der Heizenergiebedarf in Deutschland seit 2018, 2022 fiel er deutlich. Allerdings werde sich das 2023 „voraussichtlich nicht wiederholen“, schreibt Sophie Behr vom DIW. Der Preisdruck sei geringer, „zum anderen wurden Einsparpotenziale durch Verhaltensanpassungen weitestgehend ausgeschöpft“. Für einen weiteren Rückgang müsse in Energieeffizienz investiert werden.
Vor allem Erdgas, Heizöl und Brennholz waren laut Statistischem Bundesamts im September günstiger als vor einem Jahr. Die Preise liegen aber weiterhin erheblich über denen vor der Pandemie. Öl ist mehr als doppelt so teuer, Gas knapp doppelt so teuer wie 2020. Bei Brennholz zogen die Preise um 66 Prozent an, bei Fernwärme um 40 Prozent. „Über die letzten drei Jahre betrachtet war Haushaltsenergie ein wesentlicher Treiber für die Inflationsrate“, so die Statistiker.