Günter Hirt, Landwirt aus Brigachtal, setzt sich mit dem Volksbegehren und Eckpunktepapier auseinander. Der idyllisch gelegene Betrieb direkt an der Brigach muss sich auf Neuerungen einstellen. Foto: Käfer Foto: Schwarzwälder Bote

Agrar: Das Volksbegehren "Rettet die Bienen" wirkt auch in der Region / Landwirt Günter Hirt berichtet

Die Landwirtschaft muss sich immer höheren Anforderungen stellen. Welche Auswirkung hat das Volksbegehren auf die Landwirtschaft in Brigachtal und auf der Baar?

Brigachtal. Die Gesellschaft fordert Veränderungen in der Landwirtschaft – und wird erhört. Die Landesregierung, die Initiatoren des Volksbegehrens "Rettet die Bienen", Natur- und Landwirtschaftsverbände haben sich am "runden Tisch" auf einen Kompromiss geeinigt. Mit einem Eckpunktepapier, das nun ins parlamentarische Gesetzgebungsverfahren eingehen soll, sollen Artenschutz und eine nachhaltige Landwirtschaft gelingen.

50 Prozent weniger Pflanzenschutzmittel

Wie beeinflussen die Entscheidungen in der Landeshauptstadt die Landwirte in Brigachtal? Antworten gibt Günter Hirt, Landwirt aus Brigachtal und ehemaliger Vorsitzender des Ortsvereins des Badischen Landwirtschaftlicher Hauptverbands (BLHV).

Auf eine Reduktion von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln um 40 bis 50 Prozent in der Menge landesweit bis zum Jahr 2030 hat sich der runde Tisch geeinigt. Günter Hirt weiß auf die Frage, ob das auf seinem Betrieb umsetzbar sei, nur bedächtig mit dem Kopf zu schütteln: "Das ist hier kaum zu schaffen."

Hirt erweckt nicht den Eindruck eines Landwirts, der unter allen Umständen auf seine Pflanzenschutzmittel pocht und zeigt ein differenziertes Bild auf: Beim Mais sei eine Reduktion um rund die Hälfte durchaus denkbar. Mittels Bandspritzung – Herbizide werden dabei nicht ganzflächig sondern nur in Bändern ausgebracht – ließen sich Pflanzenschutzmittel einsparen. Bei der Schädlingsbekämpfung im Maisfeld setze man ohnehin schon auf biologische Verfahren in Form von Schlupfwespen, so Hirt.

Was im Maisfeld vielleicht noch klappt, sei bei intensiven Kulturen wie Raps kaum möglich. Bei der Schädlingsbekämpfung sei man auf Insektizide angewiesen. Zwar arbeite man schon "integriert" – eine weitere Forderung des Eckpunktepapiers – aber Raps wäre nach dem ursprünglichen Volksbegehren fast vollständig von der Baar verschwunden. "Die schönen gelben Rapsfelder über die sich viele Leute so freuen", schmunzelt Hirt, wissend, dass diese Kultur hohe Anforderung an den Pflanzenschutz stellt.

Wie wurde der Raps-Anbau auf der Baar gerade noch einmal gerettet? Nahezu 100 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Brigachtal und auch auf der Baar sind Schutzgebiete. Dazu zählen unter anderem Vogelschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete oder auch Überschwemmungsschutzgebiete. Die ursprüngliche Forderung des Volksbegehrens sah vor, jeglichen Pflanzenschutz in weiten Teilen dieser Schutzgebiete zu verbieten. In der aktuellen Fassung des Eckpunktepapiers hat man sich auf einen integrierten Pflanzenschutz in diesen Schutzgebieten geeinigt. Ein Aufatmen, denn Günter Hirt gibt zu verstehen, was ein Verzicht von Pflanzenschutzmitteln bedeutet hätte: Günter Hirt hat Ende der 1970er Jahre Landwirtschaft gelernt. Um diese Zeit kam die Intensivierung der Landwirtschaft in Schwung. In guten Jahren erzielte sein Vater noch fünf Tonnen Getreide pro Hektar, heutzutage sind es acht bis neun Tonnen. Günter Hirt spricht von der "Vollgas-Landwirtschaft", die damals gelehrt wurde. Mit dem Einsatz von Düngemitteln, aber auch dem Pflanzenschutz, seien höhere Erträge möglich. Den Pflanzenschutz auf der Baar, einer Landschaft bestehend aus Schutzgebieten, zu verbieten, würde die Erntemengen deutlich reduzieren.

Kann sich die Gesellschaft das leisten? Ein Verlust von Nahrungsmitteln? Wer würde das bezahlen? Es fällt schwer, bei einem Thema wie der Landwirtschaft, die für viele Landwirte Herzensangelegenheit ist, nicht ins Fachsimpeln zu verfallen. Dies wiederum birgt die Gefahr, dass sich Landwirte einerseits und Verbraucher andererseits noch weiter thematisch voneinander entfernen. Der Dialog zwischen den Beteiligten aber ist wichtig, weiß auch Günter Hirt.

Schon immer auch auf Umweltschutz bedacht

Gegen Ende des Gesprächs erzählt Günter Hirt noch eine passende Geschichte, die beweist, dass Landwirtschaft schon immer auch auf Umweltschutz bedacht ist: Schon vor 30 Jahren, beim Bau der Güllegrube, hätte für den Bau der Grube kein Streuobstbaum weichen dürfen. Die Landwirtschaftsbehörde hätte dem damals entgegen gestanden. Auch nach dem Eckpunktepapier sollen Streuobstflächen geschützt und erhalten bleiben. Für die Familie Hirt ändert sich in diesem Zusammenhang nichts, auch ohne Volksbegehren werden abgehende alte Bäume auf den Flächen schon seit Jahren ersetzt.