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Gemeinderat: Ausgleich sorgt für hitzige Diskussion im Gremium / "Verwaltung wirbt um das Okay"

Es habe sich herausgestellt, dass es sich um ein sehr anspruchsvolles Projekt handle, erklärte Christoph Sprenger den Stadträten. Er arbeitet als Planer für das Regierungspräsidium (RP).

Bräunlingen (guy). Dort ist er mit dem Ausgleich für Tier- und Pflanzenwelt beschäftigt, der durch den Bau der zweiten Brücke über das Gauchachtal notwendig wird. Die führte zu einigen Diskussionen im Gemeinderat.

Die Räte stimmten schließlich den Ausgleichsmaßnahmen zu. Allerdings mit einigen Ergänzungen: Festgehalten wurde auch, dass die Entschädigung seitens des RP geklärt werden müsse, und zwar in vielerlei Hinsicht. So etwa den Holzeinschlag betreffend, die Ökopunkte, Pflegemaßnahmen, Folgeschäden und Haftung.

Um die neue Brücke zu bauen, müsse eigens für die großen Kräne eine 26 Meter breite Baustraße entstehen, erläuterte Andreas Langenbacher vom RP: "Es gibt dann eine zeitweilige Umwandlung von etwa einem Hektar". 3,5 Meter Boden müssen abgetragen werden, 20 000 Kubikmeter dienen als Unterbau. "Ein Rückbau ist bei diesen Mengen nicht vorgesehen. Das wäre immens teuer, und ein Teil der Straße wird zukünftig noch gebraucht", so Langenbacher. Der Wald soll auch in Zukunft nicht an die Pfeiler der neuen Brücke heranreichen. "Warum wir das alles jetzt schon sagen? Wir brauchen eine Zustimmung für die Waldumwandlung, um die Arbeiten ausschreiben zu können", sagte der Planer.

Erste Planung präsentiert

Eine erste Planung hatte das RP bereits dem Dögginger Ortschaftsrat präsentiert, woraus einige Hausaufgaben resultierten. Drei Schneisen durch den Wald und die Größe der Fläche waren dem Rat zu viel. Das sollte noch mal überarbeitet werden. "Wir konnten nicht alle Vorschläge aufnehmen", so Sprenger. Für die neuerliche Planung gab es heftige Kritik von CDU-Stadtrat Rolf Schütz, der sich im Anschluss auch der Abstimmung enthalten hat.

"Der Bau der zweiten Gauchachtalbrücke ist ein wichtiges Anliegen, und wir stehen dahinter. Am Zeitdruck sind allerdings weder der Ortschaftsrat Döggingen oder die Stadt Bräunlingen Schuld", so Schütz. "Ich bin dankbar, dass die Schneisen aus der Planung draußen sind. Eine Flächenreduzierung ist allerdings nicht erfolgt. Aber was mich am meisten ärgert: Die Fläche oberhalb der Maßnahme gehört dem RP und wird nicht als Ausgleich belastet."

Es sei nur legitim, wenn so wenig Bräunlinger Stadtwald wie möglich abgeholzt werde: "Nichts anderes ist ein Lichtwald." Schütz zog in Zweifel, dass der Neuntöter den Magerrasen brauche und auch solch eine Fläche. "Ich habe das im Ortschaftsrat so verstanden, dass es sich hier um eine temporäre Sache handelt. Wenn alles vorbei ist, wird doch wieder viel Lebensraum unter der Brücke vorhanden sein."

Schütz sei erschrocken zu erfahren, dass es sich um eine dauerhafte Maßnahme handele: "Das ist neu für mich. Dadurch können wir dort keine Nutzung mehr für uns stattfinden lassen." Er ergänzte: "Und was die Entschädigung betrifft: Ich habe dazu noch keine Zahlen gehört." Man müsse wissen, was es dafür gibt, was die Entschädigung alles enthält, etwa auch potenzielle Ökopunkte, und dass das RP sich um die Pflege der Flächen kümmert. "Es sind viele Punkte, die geklärt werden müssen", so Schütz.

Die Verschattung durch die neue Brücke schließe jedoch dort einen Lebensraum aus. Was die Flächen für die Maßnahme betrifft, habe man "fast alles ausgereizt", so Planer Langenbacher. Zudem handle es sich um eine kombinierte Maßnahme, die mit geringeren Kosten verbunden sei und einen sehr hohen Wert für die Natur besitze. Die Fläche des RP könne nicht genutzt werden, da sie als Naturschutz-Fläche ausgezeichnet sei und daher nicht als Ausgleich infrage komme.

In der neuerlichen Planung sind die Schneisen verschwunden, die Flächen aber ähnlich groß. "Wir müssen für einen neuen Lebensraum für die Tiere sorgen. Die Fläche ist dabei festgelegt durch die Arten", so Sprenger. Man plane eine multifunktionale Maßnahme. Sie gelte Vögel, Reptilien und Insekten, in erster Linie dem sogenannten Neuntöter-Vogel. Betroffen ist ein Gebiet von etwa 4,5 Hektar. Dort soll dann eine Waldumwandlung stattfinden. Es soll Lichtwald entstehen, außerdem soll Fichtenwald in Magerrasen umgewandelt werden. Er diene dem Neuntöter als Lebensraum. Und wann soll das umgesetzt werden? "Möglichst im Winter 2019/2020", so der Planer.

Die Maßnahmen bedeuten Veränderungen im Wald: "Wir brauchen durch den Bau der Baustraße einen neuen Maschinenweg, um oben arbeiten zu können", so Revierleiter Tom Eckert. Das sowie die Ausgleichsmaßnahmen müsse das RP finanzieren. Allerdings habe man vom zuständigen Gutachter bis heute keine Zahl genannt bekommen. "Es irritiert uns auch, dass der Gutachter derzeit nicht auffindbar ist", so Langenbacher.

"Es kommt Wald weg für den Ausgleich. Aber diese Umwandlung ist die Ausnahme der Ausnahme. Die Fläche muss so klein wie möglich sein", erklärte Virginia Lorek vom Forstamt. Die neue Planung beinhalte im Grundsatz die Vorstellungen des Ortschaftsrates, so Döggingens Ortsvorsteher Dieter Fehrenbacher: "Ich bitte hier um Zustimmung. Das Projekt ist wichtig für Döggingen und die Region. Sind wir jetzt dagegen, dann verlieren wir mindestens ein Jahr. Ein anderes Verfahren würde dasselbe Ergebnis liefern."

"Die Verwaltung wirbt um das Okay. Alles geschah in Abstimmung mit dem Ortschaftsrat und dem Forst. Es gibt Vor- und Nachteile, wir müssen aber auch sehen, dass der Bund hier eine Brücke für 35 Millionen Euro für uns baut", so Bürgermeister Micha Bächle.

Rund um die Brücke geht es vor allem um die streng geschützten Reptilienarten Zauneidechse und Schlingnatter. Außerdem stehe die ebenfalls streng geschützte Haselmaus im Fokus. Darüber hinaus sollen verschiedene geschützte Vogelarten, insbesondere Neuntöter, Fitis, Weidenmeise und Grauschnäpper, die Fledermausart Großes Mausohr sowie naturschutzfachlich sehr wertvolle und gefährdete Schmetterlingsarten profitieren.