Straftaten von einst: Der "Heckenschütze" von 1981 / Mord und versuchte Morde

Bösingen-Herrenzimmern/ Oberndorf-Beffendorf. Zwar gilt die Region um Rottweil bei vielen Zeitgenossen und Einheimischen als ein Paradies. Dass darin aber auch Menschen wohnen und wirken mit all ihren Schwächen, Fehlern und teuflischen Eigenschaften, lässt sich daran erkennen, dass die Staatsanwaltschaft Rottweil keineswegs beschäftigungslos wird.

Seit der Wiederaufnahme des Rechtsstaats nach 1945 gibt es einige Fälle, die es der Behörde wert waren, dokumentiert zu werden. Einer ist der "Heckenschütze". Er erinnert in gewisser Weise an traurige Vorfälle, wie sie immer wieder in den Vereinigten Staaten passieren ("Sniper"), aber er beziehungsweise sein Motiv reicht zurück in die Zeit einer Diktatur in Deutschland, in die Zeit von 1933 bis 1945.

Ab Mai 1981 wurden in den Regierungsbezirken Freiburg, Karlsruhe und Tübingen aus dem Hinterhalt auf Personen sowie fahrende und geparkte Autos Schüsse abgegeben. Der Vorfall am 5. Oktober auf ein Fahrzeug bei Beffendorf wurde dem Täter schließlich zum Verhängnis.

Nach der Öffentlichkeitsfahndung ging neben anderen ein Hinweis ein, dass ein Mann mit Parka kurz nach dieser Tat mit einem Moped in Herrenzimmern, Fahrtrichtung Rottweil, gesehen wurde. Am 12. Oktober 1981 wurde dessen Wohnung durchsucht und dabei die Tatwaffe, eine Marlin Modell 1895, deren Lauf und Schaft verkürzt waren, aufgefunden.

Vor dem Haftrichter erklärte er schließlich das Motiv seines Handelns. Mit dem Schießen habe er bezweckt, dass die Prozesse gegen die Angehörigen der SS beendet und die inhaftierten Angehörige der SS freigelassen werden. Seine Beweggründe hätte er bereits vor sechs Wochen an eine Zeitung am Bodensee gerichtet. Später konkretisierte der Mann sein Tun. Er hätte von Mai bis Anfang Oktober in 29 Fällen auf Hubschrauber, Panzer, geparkte und fahrende Autos, in denen sich Menschen befanden, geschossen und dabei teilweise Menschen verletzt. Am 11. November gestand er, am 19. Juli in einem Waldstück bei Freudenstadt einen Mann in einer Schutzhütte erschossen zu haben.

Um SS-Leute zu befreien

Er wurde am 18. Mai 1982 beim Landgericht Rottweil angeklagt und am 20. September wegen Mordes und 14 Fällen des versuchten Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.

Während der Verhandlung stellte das Gericht fest, dass der Täter während der Verbüßung einer Vorstrafe in Verbindung zu einem ehemaligen SS-Angehörigen gekommen sei. Er sei zu der Auffassung gekommen, dass man etwas unternehmen müsse, um die in Strafhaft befindlichen SS-Angehörigen freizubekommen. Auch sei es ihm ein Anliegen, dass die Untersuchungen bezüglich der Morde in Konzentrationslagern aufhören sollten.

Seiner Meinung nach käme der Hauptdruck für die SS-Prozesse aus dem Ausland, Deshalb habe sich bei ihm ein besonderer Hass gegen Ausländer entwickelt. Zuerst habe er versucht, seine Ideen gewaltfrei zu verwirklichen, sei damit jedoch auf Unverständnis gestoßen. Mit Gewalt gegen Sachen und Personen wollte er die Bevölkerung auf die Barrikaden bringen und den Ruf nach einer starken Hand aufkommen lassen.  In loser Folge werden wir über außergewöhnliche Fälle berichten, die den Rechtsstaat im Bereich der Staatsanwaltschaft Rottweil tangiert und einst für Aufsehen gesorgt haben.