Bösingen erlebt einmalige Gewerbesteuereinnahmen und muss sich doch für das Jahr 2017 wappnen

Von Armin Schulz

Bösingen. Die Gemeinde erlebt einmalige Zeiten. Die Gewerbesteuern sprudeln wie noch nie. 1,1 Millionen Euro wird Bösingen voraussichtlich in diesem Jahr einnehmen. Rekord. Dass dies kein Grund zum Jubeln ist, liegt an der Finanzsystematik. Der Bumerangeffekt folgt in zwei Jahren.

Man weiß nicht recht, was man von diesen Zeiten halten soll. Die Welt ist voller Krisen, und in Deutschland boomt die Wirtschaft. Das bekommt auch die eher kleine Gemeinde Bösingen zu spüren. Kämmerer Matthias Jetter berichtet in der Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend von noch nie dagewesenen Gewerbesteuereinnahmen in diesem Jahr. Rund 1,1 Millionen Euro werden es. Gerechnet hatte die Verwaltung mit 700 000 Euro. Jetzt sind es als über 50 Prozent mehr. "Das ist absoluter Rekord, das haben wir noch nie gehabt, das ist wirklich nicht normal", sagt Jetter beeindruckt.

Dennoch sei dies kein Grund, "übermütig zu werden", warnt der Herr der Bösinger Zahlen. Er weiß warum. Denn das Geld braucht Bösingen in zwei Jahren. Nämlich dann, wenn die Systematik der finanziellen Umlagen und des Ausgleichs in vollem Umfang zum Tragen kommt.

Kurz erklärt: Hat eine Kommune ein schlechtes Jahr, erhält es im übernächsten Jahr aus öffentlichen Töpfen finanzielle Hilfen. Hat eine Kommune ein sehr gutes Jahr, muss sie zwei Jahre später auch mehr Geld in die öffentlichen Töpfe zurückschütten. So funktioniert es, die Starken unterstützen die Schwachen.

Bösingen also ist in diesem Jahr ziemlich stark, muss die Kräfte aber für 2017 aufsparen. Jetter: "Die 400 000 Euro von diesem Jahr frisst uns der Finanzausgleich wieder weg". Dabei gibt es Projekte wie die Sanierung der Schule (50 000 Euro für Mensa, zweiter Fluchtweg), der kleinen Halle (170 000 Euro für neue Fenster, Duschen und Umkleidebereich) oder des Friedhofs (120 000 Euro), die möglicherweise im kommenden Jahr angegangen werden. Die Gemeinderäte haben am Donnerstag zumindest über eine Vorschlags-Liste der Verwaltung diskutiert. Ernst wird es dann am 8. Oktober, dann liegt der Entwurf für den Haushalt 2016 vor.

Die Schulsituation in Bösingen scheint überhaupt etwas kompliziert zu sein. Meinte die Gemeinde nach dem Besuch der Schulamtsspitze noch, Rückenwind zu verspüren, gibt es jüngst entgegengesetzte Signale aus dem Regierungspräsidium (RP) in Freiburg. Dort, so die Information von Bürgermeister Johannes Blepp, hält man das derzeitige Schulkonstrukt für nicht zukunftsfähig, weshalb Investitionen in die Schule (Mensa und zweiter Fluchtweg) auch nicht gefördert würden: Es gibt keinen Zuschuss aus dem sogenannten Ausgleichsstock. Bösingen muss das also selbst stemmen. Kein Wunder, dass derartige Signale aus Freiburg nicht gerade gut ankommen in Bösingen. Ratsmitglied Josef Seifried jedenfalls äußerte sich irritiert über diese scheinbar widersprüchlichen Aussagen der Behörden.

Neben Investitionen in die Gebäude rechnet die Verwaltung mit steigenden Kosten des Schulbetriebs. Mit circa 50 000 Euro mehr muss man im kommenden Jahr rechnen. Der Grund: Laut Jetter werde der Aufwand steigen durch die Einstellung eines Schulsozialarbeiters, durch zusätzliche sachliche Mittel, durch sinkende Beiträge aufgrund zurückgehender Schülerzahlen an der Werkrealschule (minus zehn Schüler) und durch den Verzicht auf Gebühren für die verlässliche Grundschule.

Und dann sind da noch die jahrzehntealten Feldwege, die dringend saniert werden müssten, ist sich das Gremium einig. Hier soll es einen Stufenplan geben. Der Bürgermeister hat mit den Landwirten wohl bereits eine Prioritätenliste erarbeitet.

Also tatsächlich kein Grund, von rosigen Zeiten zu träumen – trotz des momentanen Gewerbesteuerglücks.

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