Die große Kastanie am Verbindungsweg zwischen Schulstraße und Grundstraße in Herrenzimmern soll im Zuge von Straßenbauarbeiten weichen. Die Anwohner des betreffenden Grundstücks haben die Fällung am Freitag – vorerst – verhindert. Foto: Holzhausen Foto: Schwarzwälder Bote

Natur: Aufregung am Freitagmorgen: Zwei Anwohner stellen sich schützend vor alte Kastanie / Bürgermeister sieht keine Alternative

Freitagmorgen um 7 Uhr: Petra Holzhausen und Hans-Peter Klatt aus Herrenzimmern trauen ihren Augen nicht. Eine Fachfirma rückt im Auftrag der Gemeinde an und will den mächtigen Kastanienbaum, der an ihrem Grundstück steht, fällen. Die beiden verhindern die Aktion mit vollem Einsatz. Doch der Bürgermeister sagt: Die Fällung muss sein.

Bösingen-Herrenzimmern. Hans-Peter Klatt ist anzumerken, dass er von dem Vorfall noch ganz aufgewühlt ist. Als die Firma angerückt sei, seien er und seine Lebensgefährtin sofort nach draußen geeilt. Die Arbeiter hätten begonnen, die ersten Äste an dem 55 Jahre alten Baum abzusägen, er habe sich an die im Einsatz befindliche Hydraulikgabel geklammert, und sich bei der Aktion auch noch verletzt. Letztlich seien die Arbeiter verunsichert abgerückt. Der Baum steht noch. "Von der geplanten Fällung wurde uns nichts gesagt", so Klatt.

Entwässerung braucht Platz

Sein Grundstück liegt an dem Verbindungsweg zwischen Schulstraße und Grundstraße in Herrenzimmern. Derzeit laufen umfangreiche Straßenbauarbeiten, die Schul- und Bergstraße werden saniert und voll neu ausgebaut. Zur Entwässerung der Schulstraße soll eine Leitung im Verbindungsweg verlegt werden – und da ist der Baum im Weg, sagt Bürgermeister Johannes Blepp. Dies hätten die betreffenden Anlieger auch gewusst, erklärt er auf unsere Nachfrage am Telefon.

Blepp: Keine Alternative

Für ihn gibt es keinen Zweifel daran, dass die Fällung notwendig ist. Er habe dies mit dem Ingenieurbüro eingehend diskutiert. "Die Entscheidung wurde nicht leichtfertig getroffen", versichert er. Zur Verlegung der notwendigen Entwässerung müssten die Wurzeln im Untergrund gekappt werden, der Baum stelle dann ein "erhebliches Sicherheitsrisiko" dar und behindere zudem die Arbeiten insgesamt massiv. Während Hans-Peter Klatt betont, dass der Baum von privater Seite gepflanzt und "halb auf Privatgrundstück und halb auf Gemeindegrund" stehe, erklärt Blepp: "Der Baum steht nach den vorliegenden Informationen auf Gemeindegrund".

Baum seit langem geduldet

Gleich nach dem Vorfall haben Petra Holzhausen und Hans-Peter Klatt dem Bürgermeister eine Mail geschrieben. Darin halten sie ihm vor, dass er von der Fällung nichts gesagt habe, obwohl er mit dem Ingenieur noch am Mittwoch vor Ort gewesen sei. Zudem habe es schon mehrmals Straßenbauarbeiten am Verbindungsweg gegeben, der Baum sei immer geduldet worden. Damit verliere die Gemeinde das Recht auf die Entscheidung, ob dieser Baum gefällt werden darf oder nicht. Hier gebe es eine Sieben-Jahres-Frist nach der Pflanzung, argumentieren sie. "Die Standsicherheit des Baums ist auch dann gegeben, wenn der Weg neu gemacht wird, da sich die Hauptwurzeln nur auf unserem Grundstück befinden", sagen die beiden. Sie wundern sich, dass so eine Entscheidung gerade heute, in Zeiten, in denen das Thema Klimaschutz eine große Rolle spielt, getroffen wird.

Wo bleibt Klimaschutz?

"In der Politik wird andauernd über zu schlechte CO 2 Werte und Klimaveränderungen diskutiert, aber wenn dann mal ein wirklicher CO 2- Schlucker im Wege ist, wird sofort seine Entfernung beschlossen. Das ist wohl nicht im Sinne des Klimaschutzes. Kinder gehen freitags auf die Straße und kämpfen für neue Klimaziele, und wir Erwachsene kümmern uns um nichts", so Petra Holzhausen.

Bürgermeister Johannes Blepp betont im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten, dass ihm diese Thematik sehr wohl bewusst sei. Deshalb tue ihm die Maßnahme auch leid. Doch hier gehe es "um die Sicherheit und den effektiven Ablauf des Bauvorhabens". Dass der Baum im Weg sei, hätten die Anwohner gewusst. Über die Maßnahme seien auch die Gemeinderäte informiert worden.

Und wie geht es nun weiter? Blepp will, wie er sagt, "weitere Informationen einholen", sich mit dem Ingenieur besprechen und dann mit den beiden Anliegern, mit denen er auch am Freitag telefoniert hat, erneut das Gespräch suchen. An der Entfernung des Baums führe seiner Ansicht nach kein Weg vorbei.