Die Sauschwänzlebahn ist laut Verwaltungsgericht keine wichtige Verkehrsverbindung, sondern lediglich eine Touristenattraktion – so lautet eines der Argumente, weshalb die Lokomotiven zwischen November und März im Schuppen bleiben müssen und die Mopsfledermäuse ihre Ruhe im Winterquartier haben. Foto: Archiv

Gericht geht Artenschutz vor Kommerz mit der Museumsbahn. Umsiedlung der Tiere bei Stralsund gelungen.

Blumberg - Sie ist ein technisches Denkmal von nationaler Bedeutung: die Sauschwänzlebahn: Neben fünf großen Brücken mit einer Gesamtlänge von 834 Metern fährt die Museumsbahn noch über weitere 40 Brücken, Unter- und Überführungen sowie durch 70 gewölbte und offene Durchlässe.

Drei der sechs Tunnelanlagen mit einer Gesamtlänge von 4560 Metern sind Sporntunnel. Man legte sie mit einer gleichmäßig geringen Steigung von zehn Promille an, um auch schwerste Geschütze wie die Dicke Berta, eine 42-Zentimeter-Kanone, transportieren zu können –  daher auch der Name Kanonenbahn. Als die 26 Kilometer lange Strecke aus militätstrategischen Gründen zwischen 1887 und 1890 in das geologische und topographisch schwierige Gelände gebaut wurde, da dachte mit Sicherheit kein Ingenieur und kein Offizier daran, dass ein sechs Zentimeter kleines Tier wie die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) die Loks entgleisen lassen könnte.

Doch das ist geschehen. Ende vergangener Woche hat das Verwaltungsgericht Freiburg das vom Landratsamt verhängte Winterfahrverbot zwischen dem 1. November und 31. März bestätigt. Darauf machten die Stadt Blumberg und der Schwarzwald-Baar-Kreis in einer gemeinsamen Presseerklärung Ende vergangener Woche aufmerksam.Gestern nun meldete sich das Verwaltungsgericht Freiburg mit einer eigenen Mitteilung zu Wort. Das Gericht stützt seine Argumentation zwar auch auf artenschutzrechtliche Argumente, wonach die Mopsfledermaus auf der roten Liste steht und sie durch europaweit geltende naturschutzrechtliche Vorschriften geschützt ist – aber nicht nur.

Das Gericht führt zudem aus, dass der "geplante Winterbetrieb nicht aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig sei". Denn die Ausweitung der Betriebszeiten diene der Museumsbahn ausschließlich dazu, neue Einnahmequellen zu erschließen beziehungsweise eine Touristenattraktion noch effektiver vermarkten zu können. Im Wortlaut: "Es handele sich bei der Sauschwänzlebahn (nur) um eine Museumsbahn und damit nicht um eine der Grundversorgung, etwa der Herstellung einer wichtigen Verkehrsverbindung dienenden Bahnlinie."

Mopsfledermäuse könnten umgesiedelt werden

Weil die Sauschwänzlebahn also niemanden zur Arbeit oder in die Schule bringt und auch keine Waren transportiert, sei das quasi lokale fiskalische Interesse der Bahn gegenüber der überregionalen Bedeutung des im Weiler Kehrtunnel vorhandenen Winterquartiers des Mopsfledermäuse als "nachrangig" anzusehen. Oder kurz gesagt: dem Gericht geht Artenschutz vor Kommerz.Christian Brinkmann hat auf die Gerichtsentscheidung bereits reagiert. Die laufende Sauschwänzlebahnsaison endet am 11. Oktober, um so noch drei Wochen Zeit für unaufschiebbare Sanierungsarbeiten zu haben. Während der Hauptsaison seien größere Baumaßnahmen aber nicht realisierbar. Und wenn doch, dann entstünden nicht zu rechtfertigende Mehrkosten. So wie bis vor zwei Jahren erst wieder ab Mai zu fahren, das will Brinkmann nicht, um   das Ostergeschäft mitnehmen zu können.

Zudem weist er darauf hin, dass Mopsfledermäuse durchaus umgesiedelt werden könnten – was die  Naturschutzbehörde bisher abgelehnt habe. Bei Stralsund sei das gelungen. Weil da  ein Bahndurchlass im Rahmen von Instandhaltungsarbeiten durch Rohre ersetzt wurde, hätten die in ihm lebenden Fledermäuse – unter ihnen auch vom Aussterben bedrohte Mopsfledermäuse – ihre Wohnstatt verloren. Als Ausgleichsquartier diene jetzt eine ehemalige Ziegelei in Ducherow, die den Bedürfnissen der Fledertiere entsprechend ausgebaut worden sei.

Die Naturschutzbehörden der Landkreise Vorpommern-Greifswald und Vorpommern-Rügen, eine Naturstiftung und das Eisenbahnbundesamt hätten den Platz gemeinsam ausgesucht. Der etwa 47 mal 19 Meter große, begehbare Ringofen der Ziegelei habe mehrere Öffnungen ins Freie und sei mit einer Dachkonstruktion aus Stahlbeton, Holzschalung und Dachpappe überspannt.