Die Dachbesteigung eines Mannes in Bisingen wurde vor Gericht als Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung geahndet. Foto: Reichel

Gefängnisstrafe für Angeklagten. Mann versucht nach heftigem Streit bei Freundin einzusteigen.

Bisingen/Hechingen - Weil er in einem Bisinger Ortsteil sprichwörtlich jemandem aufs Dach gestiegen ist, soll ein junger Mann für vier Monate ins Gefängnis. Ob es dazu wirklich kommen muss, das hat der Verurteilte teilweise selbst in der Hand.

Angeklagt war der 23-jährige Mann, weil er im Herbst vergangenen Jahres seine 33-jährige Exfreundin in einem Bisinger Ortsteil geschlagen haben soll. Nachdem er von der Nachbarin der Frau des Hauses verwiesen worden war, kam er wieder und versuchte dann, durch das Lösen von Dachziegeln über das Dach in die Wohnung seiner Freundin einzusteigen. Dabei gingen einige der Ziegel zu Bruch.

Wie sich im Verlauf der Verhandlung herausstellte, hatten sich der geständige Angeklagte und seine Expartnerin, die auch ein Kind zusammen haben, am Tatabend heftig gestritten, "wegen Lappalien eigentlich", wie die Frau im Zeugenstand aussagte. Dabei kam es zu Handgreiflichkeiten. Außerdem riss der Angeklagte aus Wut ein Kinderschutzgitter aus der Wand. Wer wen ursprünglich angegriffen hatte, das war nicht mehr vollständig zu rekonstruieren.

"Frauen schlägt man einfach nicht"

Beide, der Angeklagte und seine Exfreundin, hatten an dem Abend ziemlich viel Alkohol getrunken. Die Zeugin räumte ein, dass sie auf den Angeklagten mit einer Wodkaflasche losgegangen war. Sie hatte einen Schlag abgekriegt und war während des Streits in die Badewanne gestürzt. Vom Anklagepunkt der vorsätzlichen Körperverletzung wurde der Angeklagte wegen der undeutlichen Beweislage freigesprochen. "Trotzdem", sagte Amtsrichter Bernd Koch, "Frauen schlägt man einfach nicht – und Punkt."

Der Grund, weshalb der 23-Jährige dann aber doch zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, lag nicht in der Schwere der Tat oder ihrer Folgen. Den Preis der kaputten Ziegeln konnten der Hausbesitzer und seine Frau gar nicht wirklich nennen. Es waren die vielen verschiedenen Vorstrafen des 23-Jährigen, die den Ausschlag gaben.

Am Abend der Tat war der junge Mann gerade erst vor vier Wochen wieder aus dem Gefängnis entlassen worden. Immer wieder war er wegen Diebstahls, Schwarzfahrens, Körperverletzung und ähnlichen Delikten vor Gericht. Der Angeklagte ist arbeitslos und wohnt bei seiner Mutter. Eine abgeschlossene Berufsausbildung hat er nicht, der Kontakt zur Mutter seines kleinen Kindes ist komplett abgebrochen.

Eine günstige Sozialprognose wollten da weder die Staatsanwältin noch der Richter stellen. Die Staatsanwältin beantragte sechseinhalb Monate Freiheitsstrafe, einen Anwalt hatte der Angeklagte gar nicht dabei.

Auf vier Monate Freiheitsstrafe entschied letztlich Richter Bernd Koch. Er legte dem Angeklagten allerdings ans Herz, in Berufung zu gehen. "Dadurch haben Sie ein paar Monate mehr Zeit, schauen Sie, dass Sie bis dahin Ihr Leben in den Griff kriegen, dann haben Sie noch eine Chance auf Bewährung", riet er dem Mann.