Das historisch wertvolle Bild zeigt den Blick auf den heutigen Marktplatz. Links ein aktuelles Bild von derselben Perspektive..Fotos: Wahl Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Eínkäufe wurden damals im Dorfladen erledigt und man traf sich im Wirtshaus

Früher gab es in Bisingen viele Treffpunkte – die Gemeinde verfügte über kleine Läden und viele Wirtshäuser, in denen sich die Bevölkerung regelmäßig traf. Wir haben alte Bilder ausgegraben und recherchiert, wer hier früher wohnte.

Bisingen. Vermutlich Ende der 1950er Jahre entstanden, zeigt das historische Bild rechts den Blick zwischen Klingenbachstraße und Nikolauskirche auf den heutigen Marktplatz. Das alte Schulhaus (Bildmitte mit Treppenaufgang) wurde im Jahr 1884 errichtet und musste 1980 dem Neubau der heutigen Volksbank Hohenzollern-Balingen weichen. Die Schülerzahl betrug anfangs rund 320, die sich in Unter-, Mittel- und Oberstufe aufgliederte. Die ländliche Berufsschule für Mädchen war ebenfalls in dem Gebäude untergebracht.

Das Erdgeschoss hingegen diente größtenteils der Unterbringung und Unterstellung der Feuerwehrgeräte und Spritzenwagen und in späteren Jahren auch der DRK-Bereitschaft. Parallel zu mehreren Kellerräumen befanden sich zudem eine große Waschküche ebenso wie drei Mietwohnungen.

Nicht mal ein Jahrhundert prägte diese Klingenbach-Schule die Ortsmitte – aufgrund des im Jahr 1963 neu erstellten Schulgebäudes "Auf der Halde" standen ein Jahr später die vier Schulsäle leer. Sie dienten bis in die 1980er Jahre zum einen der Unterbringung des hiesigen Heimatvereins und zum anderen der Vereinswelt für Proben- und Übungsarbeiten, ebenso nutzte die Jugendmusikschule die Räumlichkeiten.

Auf 210 Jahre Geschichte –Gaststättenanmeldung von 1810 – verweist die Chronik des traditionsreichen Gasthauses Rose (im Hintergrund). 2010 fand das große, unvergessliche Jubiläumsfest zum 200-jährigen Bestehen mit der Öffentlichkeit statt. Einst gab es in der kleinen Zollergemeinde zehn Gaststätten und Bierschänken, wo es mitunter auch des öfteren lebhaft und gesellig zuging. Und die stellten weitaus mehr dar als Räume für den Bierausschank – hier begegnete man sich, sprach miteinander und feierte. Und so mancher Verein machte die eine oder andere Wirtschaft zum Vereinslokal – schon zur damaligen Zeit waren sie Ausdruck für das gesellschaftliche Engagement auf vielen Ebenen.

Nicht ohne Grund erzählen noch heute die Einwohner gerne Geschichten aus jenen Zeiten, als im Gaststättengewerbe Hochkonjunktur herrschte. Vor allem die Männer aus der Umgebung trafen sich gerne in der Wirtschaft – vorwiegend an verregneten Tagen oder Sonntagen. In der Gaststätte unterhielt man sich über die Arbeit, die Politik und Neuigkeiten im Flecken oder spielte Karten.

Klingenbach und viele Brunnen wurden früher als Wasserquelle genutzt

Auf dem Bild ist auch der Klingenbach zu sehen, der zu dieser Zeit noch offen durch den Ort floss. Die Bisinger Bevölkerung nahm noch zu Beginn des vorletzten Jahrhunderts Wasser aus dem Klingenbach – zumindest solange es noch nicht durch Fabrikabwasser unbrauchbar war. Auch Grubenschächte und Tiefbrunnen mit Grund- oder Quellwasser wurden als Quelle genutzt. Ende der 30er Jahre konnten immerhin noch fast 40 Tiefbrunnen (1909 waren es noch 60) im Dorf gezählt werden. Des Weiteren gab es in Bisingen und Steinhofen noch jeweils zwei laufende Brunnen mit großen Brunnentrögen. Einer davon, der Eichbrunnen, stand in Bisingens Ortsmitte. Als in den 1930er Jahren, bei der Klingenbach-Korrektur, wurde dieser entfernt. Da es inzwischen in jedem Haus eine Wasserleitung gab, trauerte niemand dem Brunnen nach.

Im dritten Gebäude von rechts auf dem Foto befindet sich heute das Bisinger Reisebüro – vormals und dies bis 1988 war dort das letzte in Privatbesitz befindliche Einzelhandels-Lebensmittelgeschäft, ein sogenannter "Tante-Emma-Laden", untergebracht. Emma Schilling führte ihr Geschäft schon in der dritten Generation, ihr Laden war ein wahrer Treffpunkt. Man konnte bei ihr fast alle Kolonialwaren erwerben und das Haus verfügte über das Brennrecht. Es stand also auch Schnaps im Verkaufsregal und wer wollte, konnte an Ort und Stelle einen runterkippen.

Wahrsagerin las den Einwohnern aus der Glaskugel

Emma Schilling führte den Laden in Eigenregie und wurde anfangs durch ihre Schwester unterstützt, mit der sie einen ansehnlichen Kundenstamm aufbaute. Von der Pike auf stand sie hinter der Verkaufstheke, als ihr Vater aus dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr heimkehrte.

Im einstigen Bauernhaus Klingenbachstraße 4 (2. Gebäude von links – einst "Hofwanger’s Haus – Eigentümer Friedrich und Paula Ott) ist seit einigen Jahrzehnten die Polizeidienststelle Bisingen untergebracht. Früher, aber noch mit kleinerer Personenstärke, war der Polizeiposten im heutigen Rathaus (im alten Gebäudeteil vor dem Anbau) integriert. Und am linken Bildrand ist noch ein Teil des längst abgerissenen Wohnhauses (hinter der Polizei) ersichtlich. Anna, die Wahrsagerin – von den Kindern "s’ Zitterhexle" genannt, wohnte früher darin und las den Einwohnern aus der Glaskugel.

Und der rechte Hausgiebel des Ökonomiegebäudes mit Eingangstüre und Miste gehörten Johann Sauter und Maria, geborene Schellinger, (Übername: S’Stenesa - sie war die Großmutter von Günther Hodler). Daneben, nicht auf dem Bild zu sehen, befand sich ein kleiner Kolonialwarenladen, der von Liesl und Alfred Dehner betrieben wurde. Fast jedes Haus hat seine ganz eigene Geschichte – doch nur wenige kennen sie noch, sagt Mitbürger Günther Hodler.