Ein 24-Jähriger wurde verurteilt, weil er betrunken und zu schnell einen Autounfall verursachte. Ein Mitfahrer starb.  Symbol-Foto: Gollnow Foto: Schwarzwälder Bote

Prozess: Amtsgericht Tübingen verurteilt 24-Jährigen nach tödlichem Unfall zu Bewährungs- und Geldstrafe

Tübingen/Ammerbuch. Ein, zwei Bier zu viel, dazu noch Schnäpse, und zu schnell gefahren: Die Trunkenheitsfahrt im August 2020 wird ein heute 24-Jähriger so schnell nicht vergessen, da beim Unfall ein Freund von ihm ums Leben kam. Vor dem Tübinger Amtsgericht musste er sich daher kürzlich verantworten und wurde zu einer Bewährungsstrafe und zwei Jahren Führerscheinentzug verurteilt.

Richterin Völpel sah es aufgrund eines Dekra-Gutachtens als erwiesen an, dass der junge Mann in einer Linkskurve zwischen Reusten und Hailfingen mit überhöhter Geschwindigkeit fuhr – maximal 48 Stundenkilometer wären angemessen gewesen, er fuhr aber zum Unfallzeitpunkt mindestens 78 bis 90 Kilometer pro Stunde. Und dies, obwohl einer der vier Mitfahrer wohl mahnte: "Fahr nicht so schnell, wir sind schon bei 100." "Hier hätte Ihr Verstand einsetzen sollen, sie tragen doch als Fahrer die Verantwortung für alle Mitfahrer", betonte Staatsanwalt Klose. Dennoch habe er zu viel Alkohol getrunken und sei zu schnell gefahren, "alles auf einer Strecke, die Sie noch nicht gekannt haben". Es sei dann zwischen Reusten und Hailfingen zum Unfall gekommen, alle Fahrzeuginsassen wurden teilweise schwer verletzt, ein nicht angeschnallter junger Mann starb an den Unfallfolgen im Krankenhaus. "Ein Glück nur, dass einer der schwer verletzten Mitfahrer trotz Wirbelsäulen-OP heute nicht im Rollstuhl sitzt", so der Staatsanwalt.

Begonnen hatte der Abend in Bondorf, wo Spiele gespielt wurden und Bier getrunken wurde. Danach ging es weiter nach Entringen in den Jugendclub. Auch hier trank der Angeklagte Alkohol, mindestens ein weiteres Bier sowie Pfefferminzschnaps. Als der Clubbesitzer um 1 Uhr den Laden schloss, überlegte man, ob es nicht noch zu einer Geburtstagsfeier gehen sollte. Der junge Mann hatte dann sein Auto vollgeladen mit jungen Menschen in Feierlaune – alle bis auf den Beifahrer, der nur leicht verletzt wurde, waren nicht angeschnallt – auch der Fahrer selbst nicht. Was genau passiert ist und wie, konnte der junge Fahrer, der schon mehrfach seinen Führerschein abgeben musste, nicht sagen, da er angeblich einen Filmriss hatte. Er kam wohl in der Kurve mit zwei Rädern auf den Kiesstreifen und wollte gegenlenken. Dabei übersteuerte sein Fahrzeug, der Wagen schlitterte und überschlug sich.

Erste Hilfe

Der Angeklagte half dem Beifahrer beim Aussteigen und schnallte ihn ab. Zudem leistete er bei einem der Schwerverletzten Erste Hilfe. Noch am Unfallort nahm die Polizei dem Fahrer den Führerschein ab, ein Blutalkoholtest ergab 0,78 Promille. Der angeklagte Fahrer zeigte sich reumütig: "Ich habe der Familie ihren Sohn genommen und einen Freund verloren." Dies tue ihm leid. Eine Mitfahrerin, die als Zeugin auftrat erklärte, man habe Bier und Pfefferminzschnaps getrunken und es sei Cannabis geraucht worden. Die Stimmung im Wagen sei "angeheitert" gewesen, "alle haben gesungen, außer mir", so der Angeklagte. Er habe gedacht, sein Fahrstil sei angepasst gewesen, "aber wohl nicht angepasst genug", schränkte er ein.

Auch für eine weitere Straftat im Straßenverkehr musste er sich bei der gestrigen Verhandlung verantworten. Es ging um Fahrerflucht und darum, dass er sich wissentlich von einem bereits rauchenden Fahrzeug im April 2020 entfernt hatte und heimging. Das Brisante an der Sache: Das Fahrzeug war nur geliehen, und er witzelte mit dem Besitzer der "Schrottkarre", dass er ihm 50 Euro schulde, falls das Auto brennen würde. Denn den Rauch und etwas Gestank habe er wohl bemerkt, sich dennoch vom Fahrzeug entfernt. Nachbarn riefen, als das Auto und ein vor ihm parkender Daimler brannten, Feuerwehr und Polizei. Der Eigentümer des Fahrzeugs ist die Daimler Benz AG, das Fahrzeug war ein Firmenwagen und rund 30 000 Euro wert, so der Halter des Autos. Staatsanwalt Klose warf dem jungen Mann vor, sich vom Fahrzeug entfernt zu haben, obwohl es im Begriff war, auszubrennen. Unklar war, weshalb der junge Mann weitab von seiner Wohnung geparkt hatte und nur drei bis vier Zentimeter Abstand vom davor parkenden Daimler hielt. Zudem habe er mit seinem Kumpel Whatsapps geschrieben, obwohl er draußen Explosionen gehört hatte.

Staatsanwalt Klose forderte in seinem Plädoyer ein Strafmaß von einem Jahr und acht Monaten, die aufgrund der Reue und Einsicht des Täters zur Bewährung auszusetzen seien. Zudem eine Geldstrafe in Höhe von 5000 Euro sowie zwei Jahre Führerscheinentzug und 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Verteidiger Hans-Christoph Geprägs folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Richterin Völpel verurteilte den Angeklagten zu einem Jahr und acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung, mit einer Bewährungszeit von drei Jahren. "Die 5000 Euro Strafe werden den Angeklagten hart treffen", meinte sie. Gezahlt werden müssen die 5000 Euro an den Arbeitskreis Leben und den Verein "Hilfe für kranke Kinder" der Kinderklinik Tübingen.