Foto: dpa

Im Südwesten läuft der Ausbau der Kitas auf Hochtouren. Doch die Städte warnen: Bis August ist das gesteckte Ziel nicht zu erfüllen. Es drohen Klagen.

Stuttgart - Die Städte im Südwesten fordern, den von Sommer 2013 an geltenden Rechtsanspruch auf Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren aufzuweichen. Die grün-rote Landesregierung solle sich im Bund dafür einsetzen, dass der Anspruch zum August zunächst nur für zweijährige Kinder gelte, sagte die Präsidentin des Städtetags Baden-Württemberg, Barbara Bosch, am Montag in Stuttgart. Erst in einem nächsten Schritt solle der Anspruch auch auf einjährige Kinder ausgeweitet werden. Als Grund nannte Bosch erhebliche Probleme der Städte beim Ausbau der Betreuungsangebote.

Baden-Württemberg sei davon ausgegangen, dass im Südwesten eine Quote von 34 Prozent zu erfüllen sei, erklärte Bosch. „Aber das reicht eben nicht mehr, um den Rechtsanspruch abzusichern.“ In den großen Städten gelte es, einen Bedarf von etwa 50 bis 60 Prozent zu decken. „Daran hakt es eben. Mit 50 bis 60 Prozent sind wir nicht gestartet.“ Nach Angaben von Verbandsgeschäftsführer Stefan Gläser geht beispielsweise Heidelberg davon aus, dass ein Bedarf von 70 bis 80 Prozent zu erfüllen ist. Es laufe dann alles darauf hinaus, dass die Städte die Kinder, deren Eltern nicht in der Gemeinde wohnten, sondern dorthin beruflich pendelten, ablehnen müssten.

Bosch betonte, es gehe nicht darum, sich von dem Rechtsanspruch zu verabschieden. Die Städte arbeiteten mit Hochdruck an der Umsetzung. „Aber es hat auch keinen Wert, vor den Dingen die Augen zu verschließen und im nächsten August in eine Klagewelle hineinzugeraten“, sagte Bosch mit Blick auf berufstätige Eltern, die klagen könnten, weil ihr Kind keinen Betreuungsplatz bekommt.

Nach Boschs Worten gibt es zwei große Probleme

Nach Boschs Worten gibt es zwei große Probleme: Der Arbeitsmarkt der Erzieherinnen sei wie leer gefegt, da alle Städte Absolventen suchen. Zudem gingen den großen Städten die geeigneten Grundstücke in den Innenbezirken aus, um dort Kindertagesstätten neu zu bauen.

Kultusstaatssekretär Frank Mentrup (SPD) hatte kürzlich erklärt, dass bis zum 1. März 2012 eine Betreuungsquote von 23 Prozent im Land erreicht wurde. Nach den danach beantragten Bundesmitteln könnten 11.400 zusätzliche Plätze entstehen. Damit wäre eine Quote von 27 bis 28 Prozent verwirklicht.

Mentrup ging aber davon aus, dass es im Südwesten einen Bedarf von etwa 37 Prozent zu erfüllen gilt. Er stützt sich auf eine Studie des Deutschen Jugendinstituts, für die 860 Eltern im Südwesten befragt wurden. Nach Mentrups Angaben fehlen schätzungsweise etwa 20.000 Betreuungsangebote - Kitaplätze und Tagespflegeplätze - die derzeit weder vorhanden noch beantragt seien.

Die Vertreter des Städtetages mahnten, sollte der Rechtsanspruch zum August nicht modifiziert werden, bleibe den Städten nichts anderes übrig, als Abstriche bei den Gruppengrößen und den räumlichen Anforderungen an die Kitas zu machen. „Die Sicherstellung eines qualitativ hochwertigen frühkindlichen Bildungsangebotes, die gerade den Städten ein großes Anliegen ist, steht auf dem Spiel.“