In den Fokus der Zöllner geraten auch Arbeitgeber, die Schwarzarbeiter beschäftigen. Foto: Industriegewerkschaft Bau

Die Rechnung ist einfach: Wer weniger Lohn zahlt, hat am Ende mehr vom Ertrag. Lohnprellerei ist daher für manchen Unternehmer zum Geschäftsmodell geworden.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Das Hauptzollamt Singen, das auch für den Schwarzwald-Baar-Kreis zuständig ist, hat im vergangenen Jahr sieben Verfahren gegen Unternehmen eingeleitet, weil Mindestlöhne unterschritten, gar nicht oder zu spät gezahlt wurden. Dabei verhängten die Beamten Bußgelder in Höhe von rund 34 000 Euro. Das teilt die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) mit. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf eine Erhebung des Bundesfinanzministeriums für den Bundestagsabgeordneten Bernhard Daldrup (SPD), der auch Mitglied im Finanzausschuss des Parlaments ist.

Zahlen sprechen Bände

"Die Zahlen zeigen, dass es viele Arbeitgeber mit der Bezahlung ihrer Beschäftigten nicht so genau nehmen. Der Zoll sollte daher auch im Schwarzwald-Baar-Kreis noch mehr Präsenz zeigen. Das Risiko für schwarze Schafe, bei einer Kontrolle erwischt zu werden, ist noch immer zu gering", sagt Ilse Bruttel. Die IG Bau-Bezirksvorsitzende verweist darauf, dass die Arbeit, die auf die Zolleinheit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) zukommt, mehr werde. Denn mit der geplanten Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf zwölf Euro pro Stunde stiegen ab Oktober auch die Einkommen Tausender Menschen allein im Schwarzwald-Baar-Kreis.

"Der Staat muss dann sicherstellen, dass die Beschäftigten den höheren Mindestlohn auch wirklich bekommen. Die wichtige und überfällige Erhöhung des unteren Lohnsockels darf nicht nur auf dem Papier gelten", so die Vorsitzende der IG BAU Südbaden. Die Gewerkschafterin warnt vor bloßen "Placebo-Kontrollen", sollte das Hauptzollamt Singen die Arbeitgeber-Prüfungen nicht deutlich ausweiten. "Entscheidend ist, dass die FKS zusätzliches Personal bekommt. Das Bundesfinanzministerium als oberster Dienstherr der Zollverwaltung muss sich mit Hochdruck um neue Kontrolleure kümmern."

Ein Zuständigkeits-Wirrwarr

Kritik übt die IG BAU zudem an einem "staatlichen Zuständigkeits-Wirrwarr". So hätten die Arbeitsschutzbehörden beispielsweise die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften und Standards bei Unterkünften ausländischer Beschäftigter im Blick. Allerdings fehle es in den Ämtern ebenfalls an Personal – obwohl sie in der Pandemie zusätzliche Aufgaben wie die Kontrolle der Corona-Vorschriften am Arbeitsplatz bekommen hätten. Die FKS des Zolls hingegen kümmere sich um die Prüfung von Lohn- oder Steuerabrechnungen. "In der Praxis wäre eine staatliche Arbeitsinspektion aus einer Hand sinnvoller. Als übergeordnete Behörde könnte sie für die Einhaltung der Arbeitnehmerrechte und Sozialvorschriften Sorge tragen", so Bruttel. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums kontrollierte das Hauptzollamt Singen im vergangenen Jahr insgesamt 425 Unternehmen in der Region – 79 davon aus der Baubranche. Im Fokus der Fahnder standen neben Lohn-Tricksereien insbesondere auch Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung und Steuerbetrug: Insgesamt leiteten die Singener Zöllner hier 1436 Strafverfahren ein (Bau: 115).