Kunst: Bei Vernissage werden Bilder von Mulugeta Tekle für 850 Euro versteigert

Kunst ist eine universelle Sprache und verbindet Menschen auf eine ganz emotionale Weise miteinander. Das weiß Mulugeta Tekle aus eigener Erfahrung nur zu gut, der nun seine Bilder in der Rathausgalerie zeigt.

Balingen. Der eritreische Künstler hat in Balingen eine neue Heimat gefunden, breite Unterstützung aus der Bevölkerung erfahren. Er möchte mit seiner Kunst nun etwas zurückgeben, Danke sagen.

Das Bild auf dem Ständer in der Rathausgalerie ist nicht zu übersehen. Es ist in plakativen Farben gehalten: Gelb, Orange, helles Rot. Eine wohlige Wärme umspielt den Betrachter, das Werk bezirzt mit seiner Lebensfreude. Auf der Leinwand zu sehen ist unter anderem ein Schiff – ein Motiv, das Mulugeta Tekle in seinen Werken immer wieder aufgreift. Es erinnert ihn an viele Erfahrungen seines noch jungen Lebens: seine Flucht, den Weg über das Mittelmeer, an die wiedererlangte Freiheit in Deutschland. Der 33-jährige Mann aus Eritrea nennt dieses Bild ganz schlicht "Glück". Es ist eins von zwei Werken, die an diesem Abend im Rahmen seiner Vernissage unter den Hammer kommen. Und zwar für einen guten Zweck: Der Erlös, insgesamt 850 Euro, fließt dem Kindergarten-Plus-Programm zu.

Der Mann, der an diesem Abend den Auktionator mimt, ist kein Geringerer als der Hausherr selbst. Oberbürgermeister Helmut Reitemann begrüßt die Gäste und kann seine Freude nicht verbergen: "So viele Besucher hatten wir schon lange nicht mehr bei einer Vernissage." Es sei schön, dass das Rathaus mit den Bildern von Tekle so richtig bunt geworden sei, sagt Reitemann: "Obwohl er noch gar nicht so lange bei uns in Balingen ist, hat er bereits zahlreiche plakative Zeugnisse seiner Kunst hinterlassen: an Stromkästen, im Zollernalbklinikum und im Gemeindehaus der Heilig-Geist-Gemeinde." Was ist Heimat? Wo ist Heimat? Kuratorin Heidrun Bucher-Schlichtenberger geht diesen Fragen nach. Die Ausstellung stehe ja nicht von ungefähr unter dem Titeln "Alte Heimat – Neue Heimat". Mulugeta Tekle müsse sich mit diesem Thema zwangsläufig auseinandersetzen – und es falle ihm nicht leicht.

In Adi Felesti in Eritrea sei er geboren und aufgewachsen, musste er später zur Armee. Bereits in der Jugend habe er seine Liebe zur Kunst entdeckt und auch so weit als möglich ausgelebt, sagt die Kuratorin. 15 Einzel- und Gruppenausstellungen habe Tekle in seiner Heimat gehabt, bei Wettbewerben Preise gewonnen. Doch dann seien einige seiner Maler-Freunde verhaftet worden, Tekle flüchtete. "Hier in Deutschland hat er eine neue Heimat gefunden, aber seine Familie, seine Jugendfreunde sind weit weg – er musste alles neu aufbauen", betont Bucher-Schlichtenberger. Die Sehnsucht nach seinen Lieben in Eritrea sei oft schwer für ihn auszuhalten, in der Kunst verarbeite er seine Emotionen.

In Deutschland fühle er sich allerdings wieder frei, dafür sei Tekle dankbar. Er wolle ein Teil der Gesellschaft werden, weiß die Kuratorin. Doch das sei nicht so einfach, das würden auch seine Bilder zeigen, die sich mit dem Hier und Jetzt und seiner Zukunft beschäftigen. "Während die rückwärtsgewandten Bilder wie aus einem Guss sind, sind seine Werke, die sich mit seiner neuen Heimat beschäftigen, deutlich experimenteller", erläutert Heidrun Bucher-Schlichtenberger.

 Die Werke von Mulugeta Tekle sind noch bis 8. April in der Rathausgalerie zu sehen.