Zählt auf die Mund-zu-Mund-Propaganda seiner Freunde im Wahlkreis: Klaus Wirthwein tritt bei der Landtagswahl für die Freien Wähler an. Foto: Privat Foto: Schwarzwälder Bote

Wahl : Klaus Wirthwein tritt im Wahlkreis 63 für die Freien Wähler an / Motto: Mittelstand stärken

Auf die Frage, wie ein Bayer nach Baden-Württemberg kommt, muss Klaus Wirthwein schmunzeln: Achberg, die Gemeinde, die seine Wahlheimat geworden ist, sei "eine kleine württembergische Enklave in Bayern", sagt er. Der 63-Jährige tritt bei der Landtagswahl im Wahlkreis 63 Balingen als Kandidat der Freien Wähler an.

Balingen/Achberg. Die Frage müsste eigentlich lauten: "Wie kommt ein Hesse nach Oberschwaben?", stellt er richtig. Und liefert die Antwort: "Im Jahr 2007 kam ich durch Zufall her, da mir die Gegend gut gefallen hat und ich ein schönes Haus kaufen konnte."

Der 63-Jährige ist geboren in Darmstadt, aufgewachsen in Wolfskehlen in Südhessen, geschieden. Er hat zwei erwachsene Kinder und zwei Enkel, ist selbstständiger Metzgermeister, leitet seit 1978 die Einzelfirma Wirthwein-Fleischhandel.

Nach seinem Umzug nach Achberg 2007 trat er dort 2013 als Bürgermeisterkandidat an, gegen den damals seit 16 Jahren amtierenden Bürgermeister, und erzielte 26 Prozent der Stimmen. Ein Jahr später wurde er mit eigener Liste in den Gemeinderat Achberg gewählt. Seit 2015 ist er Mitglied der Partei der Freien Wähler, 2016 wurde er zum Landesvorsitzenden gewählt. 2019 wurde er erneut in den Gemeinderat gewählt, nun mit den Freien Wählern.

Schon einmal ist er bei der Landtagswahl angetreten, einmal auch bei der Bundestagswahl. "Das diente mir als zum Kennenlernen der politischen Mechanismen und war sehr lehrreich", sagt er. Den Wahlkreis 63 kenne er vor allem durch ein paar Freunde, die er durch den Skisport kennengelernt habe. Und er pflege sehr gute freundschaftliche Beziehungen zu der Fraktion Haigerloch der kommunalen Freien Wähler. "Der Wahlkreis war nicht besetzt, und somit habe ich mich zur Verfügung gestellt", sagt er.

Als wichtigste Themen nennt er die seiner Ansicht nach "völlig misslungene Landesheimbauverordnung", die geändert werden müsse: Die Verordnung habe in Baden-Württemberg zur Schließung vieler kleiner, bestens geführter Altenheime geführt. "In meinem Heimatlandkreis Ravensburg waren es allein 19 Heime."

Mund-zu-Mund-Werbung

Freie Kindergartenplätze und dezentrale Energieversorgung sind weitere große Themen. Und flächendeckendes Handy-Netz: "Endlich, nachdem landesweit 4G hoffentlich flächendeckend läuft, folgt die Erweiterung auf 5G."

Die Stärkung des Mittelstands – und das sind für Klaus Wirthwein kleine Metzgereien, Bäckereien, Handwerksbetriebe und auch Dorfwirtschaften, und "nicht erst Betriebe mit hunderten von Arbeitnehmern", seien wichtig.

Thema Mobilität: Parallel mit dem Ausbau des Radwegenetzes müsse es weiterhin einen "Energiemix" geben – nicht nur E-Mobilität, sondern auch Wasserstoff und Verbrennungsmotoren. "E-Mobilität ist nicht der Weisheit letzter Schluss", sagt er. "Ich sehe die Zukunft in CO2-neutralem Wasserstoff. Ich würde das mit einer Transaktionssteuer auf den Hochfrequenzhandel an der Börse finanzieren. Wir würden im Geld nicht schwimmen, sondern ertrinken."

Nicht beim kleinen Sparer dürfe das Geld geholt werden, sondern bei den großen Akteuren und durch Besteuerung der Konzerne, die im Land den Gewinn erwirtschaften, "und zwar, bevor Gewinnabführung an das Stammhaus in einer Steueroase stattfindet".

Die Freien Wähler treten in 69 von 70 Wahlkreisen an. Vor-Ort-Wahlkampftermine wird es wegen Corona wohl nicht geben. Wie sieht Klaus Wirthwein seine Chancen auf ein Mandat? Was würde er in der Landespolitik gerne ändern? "Der Wahlkampf", sagt er, "wird über soziale Netzwerke und Plakate stattfinden. Da wir eine kleine Partei sind, bei der das meiste aus eigener Tasche bestritten werden muss, können wir nicht die Präsenz haben wie etablierte Parteien." Er zähle auch auf die Mund-zu-Mund-Werbung seiner Freunde und Bekannten. "Unser Slogan: 70 für sieben, also 70 Wahlkreise zu besetzen und sieben Prozent Stimmen holen. Das sehe ich als eine realistische Chance an. In wie weit mir das in Balingen gelingen wird, mag ich nicht abzuschätzen."

Aber die Freien Wähler, schätzt er, werden in vielen Wahlkreisen ein zweistelliges Ergebnis erzielen, durch die dort kommunal verwurzelten Kandidaten: "Auch wenn ich vielleicht kein Mandat erreiche, werde ich mit Stolz auf meine politische Familie schauen, mit der wir es gemeinsam geschafft haben. Darum zählt jede einzelne Stimme."