Bei der Verhandlung schwiegen die beiden Angeklagten – es gab kein Geständnis, keine Angaben zu den einzelnen Fällen oder zur Person. (Symbolfoto) Foto: Steffen

Staatsanwalt spricht von krimineller Energie. Zweimal Bewährung und fette Geldbußen für unsaubere Geschäfte mit Konkurrenz.

Balingen - Mit Bewährung und Geldbuße kommen die beiden Angeklagten davon: Der Vorwurf der Untreue, der Bestechlichkeit sowie der Bestechung und des Verrats von Geschäftsgeheimnissen hat sich bei der Verhandlung am Balinger Amtsgericht bestätigt.

Im großen Stil leitete ein Vertriebsmitarbeiter einer Rosenfelder Firma vertrauliche Informationen an den Konkurrenten aus Bayern weiter, weil ihm der Wettbewerber finanzielle Vorteile in Aussicht stellte. Am Dienstag mussten sich die beiden vor dem Balinger Amtsgericht verantworten. Dem 28-jährigen Vertriebsmitarbeiter legte die Staatsanwaltschaft Verrat von Geschäftsgeheimnissen, Untreue und Bestechlichkeit zur Last, dem 37-jährigen Geschäftsführer aus Bayern wurden Bestechung und Anstiftung zur Untreue vorgeworfen.

Bei der Verhandlung schwiegen die beiden Angeklagten – es gab kein Geständnis, keine Angaben zu den einzelnen Fällen oder zur Person. Die Zeugen und die Beweismittel brachten Licht ins Dunkel und halfen, die Geschehnisse aus dem Jahr 2015 zu rekonstruieren.

Der 28-jährige Verteriebsmitarbeiter hatte bei der Rosenfelder Firma seine Ausbildung gemacht und stieg anschließend als Sachbearbeiter ein. "Er hat sich gut entwickelt, wir haben ihn in den Betrieb integriert. Er hat ein großes verkäuferisches Talent", bescheinigte ihm sein ehemaliger Chef, der als Zeuge im Gericht aussagte. Nur: Im Jahr 2015 sei etwas schiefgelaufen. Offensichtlich hat der Angeklagte das Vertrauen der Geschäftsleitung missbraucht.

"Ende 2015 kam ein besonderer Fall auf den Tisch", erinnerte sich der Geschäftsführer. Ein langjähriger und treuer Kunde habe einen großen Auftrag nicht an die Firma aus Rosenfeld, sondern an einen Konkurrenten vergeben. Die Geschäftsleitung habe begonnen, zu recherchieren – zumal es sich um ein individuelles, maßgeschneidertes Produkt gehandelt habe. "Da bin ich aus allen Wolken gefallen", sagte der Geschäftsführer. Es stellte sich heraus, der Vertriebsmitarbeiter hatte dem Kunden vorsätzlich ein überteuertes Angebot ohne Rücksprache mit der Leitung gemacht – obwohl die Preise in der Stahlbranche gerade niedrig waren. Gleichzeitig kam der Konkurrent mit einem günstigeren Angebot auf den Kunden zu – die notwendigen Informationen und Preiskalkulationen hatte er vom 28-Jährigen zugespielt bekommen.

"Ich habe eins und eins zusammengezählt und festgestellt, dass wir betrogen worden sind", sagte der Geschäftsführer der Rosenfelder Firma. Durch diesen Vorfall hätten die Rosenfelder einen ihrer größten Kunden für die Zukunft verloren, die Geschäftsbeziehungen seien nachhaltig gestört worden, erklärte der Geschäftsführer.

Diese Erkenntnis brachte dann weitere Recherchen und Ermittlungen ins Rollen. Dabei kam heraus: Der 28-Jährige leitete regelmäßig interne Dokumente wie Anfragen, Preiskalkulationen, technische Zeichnungen sowie vertrauliche Lieferanten- und Kundendaten an den Konkurrenten weiter. Er machte auch Negativgeschäfte und veräußerte Waren sogar unter dem Einkaufswert, um die Firma des Mitbewerbers in die Handelskette als Zwischenhändler einzubeziehen. Durch seine Dienste erhoffte sich der 28-Jährige finanzielle Vorteile. Der Konkurrent aus Bayern bot ihm einen lukrativen Arbeitsvertrag an: Bis zu 1800 Euro brutto mehr im Monat, zusätzliche Prämien, Bonuszahlungen, Firmenwohnung und ein neues Auto stellte ihm dieser in Aussicht.

Das ganze Ausmaß der Machenschaften wurde erst im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen klar. "Für mich war es eine doppelte Enttäuschung", gab der Ex-Chef des Angeklagten zu. "Es war nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine menschliche Enttäuschung", erklärte er.

Die Staatsanwaltschaft sah am Ende der Verhandlung die Vorwürfe als bestätigt. "Beide Angeklagten haben mit krimineller Energie gehandelt", betonte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Sie hätten gewusst, dass durch ihre Machenschaften der Rosenfelder Firma erhebliche finanzielle Nachteile entstünden. Von einem Mindestschaden in Höhe von 50 000 Euro durch den ausbleibenden Großauftrag gehe die Staatsanwaltschaft aus: "Es war keine hypothethische, sondern eine sichere Gewinnerwartung." Dabei ändere die Tatsache, dass die Geschäftsführung die Fälle nicht gleich gemerkt habe, nichts an der Strafbarkeit, unterstrich der Staatsanwalt.

Die beiden Verteidiger plädierten auf Freispruch. "Dass eine andere Firma ein günstigeres Angebot unterbreitet, nennt sich Wettbewerb und Marktbeobachtung", argumentierte der Verteidiger des 28-Jährigen. Und: Der Verrat von Geschäftsgehemnissen sei zwar gegeben, habe den Geschäftsbetrieb der Rosenfelder Frma aber nicht gestört.

Die Richterin fand am Ende die Argumentation der Staatsanwaltschaft und die Beweislage überzeugend: Sie sprach die beiden Angeklagten schuldig. Der 28-Jährige wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, und einer Geldbuße von 3000 Euro verurteilt. Ein Jahr und drei Monate, ebenfalls auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, sowie eine Geldbuße von 2000 Euro bekam der 37-jährige Geschäftsführer der Konkurrenzfirma. Besonders berücksichtigt wurden beim Urteil der extrem hohe zugefügte Schaden und das vorsätzliche Handeln der beiden Angeklagten.