Auslöser für den Streit: der Balinger Bahnhof. Foto: Maier

Bahnhofsbesitzer Seifert fühlt sich beleidigt. Richterin: Grundsätzlich gilt Recht auf freie Meinungsäußerung.

Balingen - Anklage steht gegen Anklage: Bahnhofsbesitzer Peter Seifert und sein Mitbürger Bernd Hempel konnten sich vor Gericht nicht auf eine Beilegung ihres Streits einigen.

"Es geht nicht um eine Generaldebatte über den Balinger Bahnhof", hatte Richterin Kimmerle den beiden Parteien eingangs eingeschärft. Der Kauf des Gebäudes durch Seifert war aber zumindest der Auslöser der Auseinandersetzung gewesen.

Seifert fühlt sich durch einen Leserbrief Hempels vom Januar diffamiert und Schmähkritik ausgesetzt. Unter anderem behauptete der Angeklagte darin, Seifert bezeichne sich selbst als Gutmensch und Wohltäter obwohl es ihm um Gewinnmaximierung auf Kosten der Bürger gehe und schrieb von "Abzocke". Seifert klagte auf Unterlassung und forderte andernfalls 5000 Euro Entschädigung.

Seine Chancen, auch in dieser Sache Recht zugesprochen zu bekommen, erschienen gestern eher gering: Die meisten in der Klage genannten Punkte aus dem Leserbrief stellen nach Ansicht der Richterin Wertungen dar. Sie fallen damit unter das Recht auf freie Meinungsäußerung: "Ein Leserbrief ist eine persönliche Meinung und oft überspitzt formuliert. Es zählt nicht, wie der Leser das zu verstehen hat. Reine Schmähkritik kann ich darin nicht sehen."

Auch sei eine Gewinnabsicht beim Erwerb des Bahnhofs nicht zu leugnen. Zudem habe Seifert mit dem Bahnhof ein Objekt von öffentlichem Interesse gekauft und damit eine kommunalpolitische Debatte ausgelöst: "Wenn man sich in die Öffentlichkeit wagt, muss man sich die Meinung anderer Leute anhören."

Lediglich die Behauptung, Seifert habe von der Stadt ein Tempo-30-Schild aufstellen lassen, sei eine Faktenbehauptung. Bei einem Urteil bleibe nur dieser Punkt.

Nicht zuletzt erscheine der Streitwert zu hoch und sei bei maximal 1000 Euro anzusetzen. Außerhalb Balingens sei von dem Streit kaum Notiz genommen worden. Ihr Vorschlag lautete daher: Man könnte auf ein Urteil verzichten, gegenseitig einer Unterlassung zustimmen und sich dann in Ruhe lassen.

Viel verlangt von zwei Männern, die auch in anderen Punkten in immer wieder unterschiedlicher Meinung sind. Kläger-Anwältin Hausherr bestand nach kurzer Beratung mit ihrem Mandanten auf einem Urteil.

Und Hempels Rechtsvertreter Röthemeyer stellte umgehend Antrag auf Widerklage: Seifert soll nicht mehr behaupten, dass Hempel ihn "unmöglichen Angriffen" aussetze, "Häme und Spott" ausschütte und der Meinung sei, dass immer etwas hängen bleibe, "wenn man den größten Bullshit oft genug wiederhole". Daher geht nun alles weiter den gerichtlichen Weg: Am 15. November wird das Urteil verkündet.