Alexander Bloch: Der Arzt wurde in Balingen zur Zeit des Nationalsozialismus wegen seines jüdischen Glaubens diskriminiert und vertrieben. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Arbeitskreis Wüste will Personen ins Gedächtnis zurückholen

Balingen. Nach der im Herbst aufgeflammten Diskussion um die Umbenennung der Hindenburgstraße in Balingen schlägt der Arbeitskreis Wüste, der an das gleichnamigen Akivitäten der Nationalsozialisten sowie über die Zeit des "Dritten Reichs" in der Region Zollernalb erinnern und aufklären will, vor, mit der Benennung von Straßen an Bürger aus Balingen zu erinnern, die Widerstand geleistet haben beziehungswese durch die Nationalsozialisten Unrecht erlitten haben.

So existieren nach Meinung von Lilian Cornils, Karl Kleinbach und Michael Walther in Balingen zwar bereits Straßen, die nach Widerständlern und Opfern des Nationalsozialismus benannt sind – etwa Stauffenberg, Hoepner, Goerdeler, Ludwig Beck und Eugen Bolz, Bonhoeffer und Theophil Wurm, die Geschwister-Scholl sowie dem Physiker Otto Stern. Lediglich Bürgermeister Hermann Rommel (1885 bis 1946) zählt indes zu jenen Balingern, die sich den Nationalsozialisten entgegengestellt haben und durch die Benennung einer Straße gewürdigt wurden.

Nach Meinung des Arbeitskreises sollte auch weiteren Balingern diese würdigung zuteil werden. Beispielsweise Ingeborg Ziebarth (1916 bis 1993), die als Übersetzerin und Sekretärin im KZ-Außenlager Erzingen arbeitete und dort vielen Häftlingen half, indem sie diese mit Lebensmitteln oder Literatur versorgte. Sie war auch eine frühe Vertreterin der Aussöhnung zwischen Deutschland und seinen westlichen Nachbarn. Oder die KZ-Häftlinge Max Schuster (1891 bis 1967) und Karl Lang (1902 bis 1957): Schuster, der später SPD-Mitglied wurde, saß in den Schutzhaftlagern Heuberg und Oberer Kuhberg, Lang im Schutzhaftlager Heuberg. Oder die Künstler Maria Caspar-Filser (1878 bis 1968) und ihr Mann Karl Caspar (1879 bis 1956), die zwischen 1894 und 1907 immer wieder in Balingen gelebt und hier auch geheiratet haben: Ihre Werke galten im Nationalsozialismus als "entartet". Als mögliche Namensgeber kämen laut den AK-Wüste-Vertretern auch die Unternehmerfamilie Schatzki, der Mediziner Alexander Bloch (1877 bis 1959) sowie Bella Levi (1893 bis 1942) in Frage: Die Familie Schatzki wie auch Bloch wurden wegen ihres jüdischen Glaubens diskriminiert, entrechtet und vertrieben. Bella Levi wurde mit Mann und Tochter deportiert und ermordet.

Es wäre an der Zeit, schreiben Cornils, Kleinbach und Walther namens des Arbeitskreises Wüste, zumindest einige derjenigen Balinger Bürger, die wegen ihres Glaubens, ihrer Einstellung oder ihrer Handlungen Unrecht erlitten haben, ins historische Bewusstsein dieser Stadt zurückzuholen. Um dies zu erreichen könnten beispielsweise Straßen nach ihnen benannt werden; eine Möglichkeit hierfür böte sich in dem im Entstehen begriffenen neuen Stadtquartier Urtelen.